Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Ausgleichsklausel zur vergleichsweisen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Unbegründete Kostenbeschwerde der Beklagten bei fehlendem Verzichtswillen des Klägers
Leitsatz (amtlich)
Auslegung einer "vollumfänglichen" Abgeltungsklausel; erforderlicher Verzichtswille des Klägers, dass auch der verfahrensgegenständliche Kostenerstattungsanspruch erfasst sein sollte, ist hier nicht feststellbar.
Leitsatz (redaktionell)
1. Materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch sind im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sondern vorrangig mit der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen.
2. Soweit es um materiell-rechtliche Einwendungen geht, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne Weiteres klären lassen (wenn etwa die tatsächlichen Voraussetzungen feststehen, weil sie unstreitig sind oder im Festsetzungsverfahren ohne Schwierigkeiten aus den Akten ermittelt werden können), kann es aus verfahrensökonomischen Gründen angezeigt sein, die Kostenerstattungsschuldnerin nicht auf die (einen ungleich höheren Aufwand erfordernde) Vollstreckungsgegenklage zu verweisen; derartige Einwendungen können deshalb ausnahmsweise auch im Kostenfestsetzungsverfahren erhoben und beschieden werden.
3. Die Frage, ob die Beklagte im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahren eine vergleichsweise vereinbarte Ausgleichsklausel ("Mit Erfüllung dieses Vergleiches sind alle wechselseitigen finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung, gleich ob bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt. Erledigt ist auch der vorliegende Rechtsstreit") geltend machen kann, erfordert im Hinblick auf die Ausgleichsklausel weder eine weitere Tatsachenaufklärung noch lässt sich die Frage des Umfangs der Ausgleichsklausel mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln nicht klären.
4. Welche Rechtsqualität und welchen Umfang die in einer bestimmten arbeitsgerichtlichen Vergleichsklausel abgegebenen Erklärungen haben, ist nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln.
5. In der Regel sind mit Ansprüchen "aus der Beendigung des Arbeitsverhältnisses" diejenigen gemeint, die auf einen möglichen Streit über den Beendigungstatbestand selbst abzielen (wie etwa Kündigung oder Aufhebung des Vertrags, deren Anfechtung) oder Ansprüche, die erst durch die Beendigung entstehen (wie etwa eine Urlaubsabgeltung).
6. Bei prozessualen Kostenerstattungsansprüchen handelt es sich nicht um Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis sondern um solche aus dem Prozessrechtsverhältnis der Parteien; der Durchsetzung des festgesetzten Kostenerstattungsanspruchs steht auch eine "vollumfängliche Abgeltungsklausel" nicht entgegen.
7. Ist der streitgegenständliche Kostenerstattungsanspruch bereits vor Abschluss des arbeitsgerichtlichen Vergleichs dem Grunde nach entstanden und insoweit den Beteiligten bekannt, verbietet dieser Umstand im Allgemeinen die Annahme, dass der Gläubiger sein Recht einfach wieder aufgegeben hat; um ausnahmsweise einen entsprechenden Verzichtswillen des Klägers annehmen zu können, ist dessen Verzicht auf den vor Vergleichsabschluss entstandenen Kostenerstattungsanspruch in die Vergleichsklausel ausdrücklich aufzunehmen.
Normenkette
BGB § 397 Abs. 1, §§ 780-781; ZPO § 104 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Entscheidung vom 07.07.2014; Aktenzeichen 2 Ca 3972/12) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin/Antragsgegnerin/Beklagten/Berufungsklägerin/Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 07.07.2014 - 2 Ca 3972/12; 9 Sa 203/13 - wird auf Kosten der Beschwerdeführerin/Antragsgegnerin/Beklagten/Berufungsklägerin/Beteiligten zu 1.
z u r ü c k g e w i e s e n .
Der Beschwerdewert wird auf 949,14 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Beklagte zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien stritten in der Hauptsache über die Wirksamkeit von ordentlichen/hilfsweise außerordentlichen Kündigungen mit sozialer Auslauffrist.
Das Verfahren erster Instanz endete durch klagestattgebendes Urteil (2 Ca 3972/12), gegen das die Beklagte unter dem 27.03.2013 Berufung eingelegt hatte (9 Sa 203/13) und das durch letztendlich unanfechtbaren und rechtskräftigen Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26.03.2014, mit dem die Berufung der Beklagten auf ihre Kosten als unzulässig verworfen wurde, sein Ende fand. Eine Gehörsrüge der Beklagten gegen den Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 26.03.2014 blieb erfolglos.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 07.07.2014 hat die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts Leipzig die von der Beklagten an den Kläger aufgrund des Kostenfestsetzungsgesuchs des Antragstellers/Klägers vom 09.04.2014 zu erstattenden Kosten auf 949,14 € festgesetzt.
Gegen diesen der Beklagten/Antragsgegnerin am 18.07.2014 zugestellten Beschluss ließ diese mit Schriftsatz vom ...