Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Urteil vom 08.04.1993; Aktenzeichen 4 Ca 2555/92) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des ArbG Chemnitz vom 08.04.1993 – Az.: 4 Ca 2555/92 – wird auf Kosten der Klägerin
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, an die Klägerin eine Abfindung auf der Grundlage des Tarifvertrages über die Qualifizierung und Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit der Privatisierung des Handels vom 28.01.1991 (GPH-TV), zu zahlen.
Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger seit dem 03.09.1979 als Servicekraft beschäftigt. Der letzte Bruttolohn betrug 1.580,00 DM.
Mit Schreiben vom 26.03.1991 kündigte die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger das Arbeitsverhältnis zum 30.06.1991 wegen Auflösung des Betriebes. Gleichzeitig wurde der Klägerin im Kündigungsschreiben mitgeteilt, daß für den Fall, daß sich ein Nachfolgebetreiber finden sollte, das bestehende Arbeitsverhältnis mitzuübernehmen ist und die Kündigung zurückgenommen wird.
Am 10.04.1991 schloß die Gesellschaft zur Privatisierung des Handels mbH für die Handelsgesellschaft F. mit der D. A. e. V. eine Vereinbarung über den Verkauf des Einzelhandelsgeschäftes „S. F.”. Bei dieser Einrichtung handelte es sich um einen Gaststättenkomplex mit verschiedenen Funktionsräumen.
In § 3 der Vereinbarung verpflichtete sich die Erwerberin, zum Stichtag in alle Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse der Beschäftigten des Einzelhandelsgeschäftes einzutreten. Unabhängig davon, ob die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse auf die Erwerberin übergehen, verpflichtete sich die Erwerberin, den bisherigen Arbeitgeber von allen Verpflichtungen aus diesen freizustellen, auch wenn Arbeitnehmer oder Auszubildende einer Übernahme widersprechen.
Am 18.06.1991 schloß die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgänger mit der Klägerin einen Aufhebungsvertrag, rückwirkend zum 14.06.1991 aufgrund der „Übernahme durch die D. A. e. V.”. Gleichzeitig wurde geregelt, daß „die am 26.03.1991 ausgesprochene vorsorgliche Kündigung zum 30.06.1991 hinfällig wird”.
Nach Bewerbung bei der D. A. e. V. schloß die Klägerin im Juli 1991 rückwirkend zum 15.06.1991 mit der D. A. einen Arbeitsvertrag.
Soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, enthält der Tarifvertrag folgende Regelung:
„§ 3
Grundsätze
Der Tarifvertrag soll dazu beitragen, daß
- Arbeitsplätze erhalten werden,
- von Entlassungen betroffene Arbeitnehmer durch Qualifizierungsmaßnahmen auf neue Tätigkeiten vorbereitet werden,
- durch Festlegung von Abfindungen wirtschaftliche Nachteile gemildert werden.
§ 4
Betriebsübergang
1. Gehen Betriebe oder Betriebsteile durch Rechtsgeschäft auf einen Erwerber über, so wird die GPH durch Begründung entsprechender Pflichten im Kaufvertrag sicherstellen, daß die in diesen Betrieben/Betriebsteilen Beschäftigten nach § 613 a BGB übernommen werden.
2. Werden Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach dem Betriebsübergang vom Erwerber aus dringenden betrieblichen Gründen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG) gekündigt, so hat der neue Arbeitgeber eine Abfindung zu zahlen, die der Höhe nach der Abfindung entspricht, die gezahlt worden wäre, wenn der Betriebsübergang nicht stattgefunden hätte und dem Arbeitnehmer gekündigt worden wäre.
…
§ 8
Abfindung
1. Alle Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nicht auf einen neuen Arbeitgeber übergeht und gekündigt oder auf Veranlassung des Arbeitgebers durch Aufhebungsvertrag beendet wird, erhalten eine Abfindung in Höhe von 25 % ihres tariflichen Brutto-Monatseinkommens pro anrechnungsfähigem Beschäftigungsjahr.
Stichtag für die Bemessung des Brutto-Monatsgehalts ist der 01.02.1991 oder ein früherer Zeitpunkt des Ausscheidens.
Keine Abfindung erhalten Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich oder verhaltensbedingt ordentlich gekündigt wird.
Der Arbeitgeber trägt die Beweislast für den Kündigungsgrund.
…”
Mit der am 24.04.1992 beim damaligen Kreisgericht Chemnitz – Kammer für Arbeitsrecht – eingegangenen Klage hat die Klägerin eine Abfindung aufgrund des GPH-TV in Höhe von 4.345,00 DM verlangt.
Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen:
Die Parteien hätten auf Veranlassung der Beklagten einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Ein Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber i. S. des GPH-TV habe nicht vorgelegen, da neue Arbeitsverträge abgeschlossen worden seien. Im übrigen liege auch kein Betriebsübergang i. S. v. § 613 a BGB vor, da Betriebs form und -zweck sich grundsätzlich geändert hätten.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.345,00 DM netto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Dagegen hat die Beklagte
Klagabweisung
beantragt.
Sie hat dazu vorgetragen:
Im Rahmen der Privatisierung der ehemaligen HO-Betriebe durch die Treuhandanstalt sei der Betrieb „S. F.” am 10.04.1991 an die D. A. e. V. verkauft...