Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 10.11.1994; Aktenzeichen 9 Ca 98/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.03.1996; Aktenzeichen 6 AZR 561/95)

 

Tenor

1.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des ArbG Dresden vom 10.11.1994 – 9 Ca 98/94 – abgeändert:

Es wird festgestellt, daß die Zeit vom 01.06.1975 bis 31.12.1990 als Beschäftigungszeit der Klägerin im Sinne des § 19 BAT-O gilt.

2.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Anerkennung der Zeit vom 01.06.1975 bis 31.12.1990 als Beschäftigungszeit der Klägerin im Sinne des § 19 BAT-O.

Die am 11.01.1944 geborene Klägerin war seit 01.06.1975 beim Rat des Bezirkes D. Bezirksbauamt als „Mitarbeiter für Energie (Energiebeauftragter)” gemäß Arbeitsvertrag vom 01.06.1995 (Bl. 12 d. A.) tätig. Der für diese Tätigkeit erstellte Funktionsplan (Bl. 12 ad. A.) kennzeichnet den Verantwortungsbereich wie folgt: „Wahrnehmung der Aufgaben des Energiebeauftragten für das örtlich geleitete Bauwesen” und weist folgende Hauptaufgaben aus:

  • Erarbeitung der Zielstellungen und der Maßnahmen für die wissenschaftlich-technische Entwicklung zur Gewährleistung einer rationalen Energieanwendung und der Einordnung in den Jahres- bzw. Fünfjahresplan;
  • Bearbeitung der Energieplanung im Rahmen der Jahres- bzw. Fünfjahresplanung einschließlich der Kontrolle der Durchführung;
  • Wahrnehmung der Aufgaben des Bezirksbauamtes in der Bezirksenergiekommission;
  • komplexe Anleitung und Kontrolle der Betriebe, Kombinate und Kreisbauämter, insbesondere der Energiebeauftragten zur Durchführung der Aufgaben auf dem Gebiet der rationellen Energieanwendung.

Gemäß Änderungsvertrag vom 21.12.1983 (Bl. 13 d. A.) wurde die Klägerin ab 01.09.1982 in der Tätigkeit als „Hauptenergetiker des Bezirksbauamtes” eingesetzt. In dieser Tätigkeit war die Klägerin gemäß dem für diese Stelle erarbeiteten Funktionsplan (Bl. 14 d. A.) verantwortlich für die „Vorbereitung, Durchführung, Auswertung und Kontrolle der rationellen Energieanwendung im Zuständigkeitsbereich des Bezirksbauamtes”.

Mit Änderungsvertrag vom 30.11.1989 (Bl. 15 d. A.) wurde der Klägerin die bisher übergeordnete Funktion eines „Leiters des Arbeitsbereiches für Energie und Transport” beim Bezirksbauamt übertragen.

Das Bezirksbauamt des Rates des Bezirkes D. hatte die Aufgabe, Landesbauten wie Wohnungen. Schulen, Bauten der Kultur und des Gesundheitswesens zu errichten, zu modernisieren und zu rekonstruieren.

Mit Auflösung des Rates des Bezirkes und Errichtung der Bezirksverwaltungsbehörde D. wurde die Klägerin gemäß Änderungsvertrag vom 29.06.1990 (Bl. 16 d. A.) mit Wirkung vom 01.07.1990 als „Referent für Modernisierung und Energieeinsparung” beim Ressort Baubehörde eingesetzt.

Nachdem die Klägerin seit Errichtung des Freistaates Sachsen zunächst mit Aufgaben bei der Abwicklung der Bezirksverwaltungsbehörde einschließlich des nachgeordneten Bereiches betraut worden war (siehe Vertrag v. 28.12.1990/31.01.1991, Bl. 17 d. A.), wird sie derzeit gemäß Arbeitsvertrag vom 27.02.1991 sowie Änderungsvertrag vom 20.07.1992 (Bl. 18, 20 d. A.) beim Regierungspräsidium D. als Angestellte im Referat Haushalt in Vergütungsgruppe IV b BAT-O weiterbeschäftigt.

Mit Formularschreiben vom 17.09.1992 (Bl. 21 bis 28 d. A.) stellte die Klägerin unter Darstellung ihrer bisherigen Tätigkeiten einen Antrag auf Anerkennung von Beschäftigungszeiten i. S. d. § 19 BAT-O. Das Regierungspräsidium D. stellte daraufhin mit Bescheid vom 03.12.1992 (Bl. 29 d. A.) den Beginn der Beschäftigungszeit gemäß § 19 BAT-O auf den 01.01.1991 fest; die in der Zeit vom 01.06.1975 bis 31.12.1990 verrichteten Aufgaben seien nicht vom Beklagten übernommen worden.

Dieser Ansicht schloß sich das Sächs. Staatsministerium des Innern mit Schreiben vom 24.11.1993 (Bl. 31 d. A.) in Beantwortung des Einspruchs der Klägerin vom 01.06.1993 (Bl. 30 d. A.) an.

Mit am 05.01.1994 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat die Klägerin weiterhin ihren Standpunkt geltend gemacht, die Zeit vom 01.06.1975 bis 31.12.1990 sei als Beschäftigungszeit i. S. d. § 19 BAT-O anzurechnen. Denn der Beklagte habe Aufgabenbereiche des Bezirksbauamtes ganz oder überwiegend übernommen. Im übrigen seien Dienstzeiten anderer Mitarbeiter des Rates des Bezirkes, Bereich Energie, als Beschäftigungszeiten anerkannt worden. Es sei deshalb im Falle der Klägerin der Gleichheitsgrundsatz verletzt.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, daß der Beklagte vom 01.06.1975 bis 31.12.1990 als Beschäftigungszeit i. S. d. § 19 BAT-O anerkennt.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er habe Aufgaben im Bereich Energie des ehemaligen Rates des Bezirkes nicht übernommen. So seien die Staatshochbauämter nicht mehr für Wohngebäude, sondern nur noch für staatliche Gebäude zuständig. Die Aufgaben im Bereich der Planeinhaltung seien entfallen.

Mit Urteil vom 10.11.1994 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, der Klägerin die Kosten des Rech...

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