Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung vergütungspflichtiger Überstunden
Leitsatz (redaktionell)
1. Macht ein Arbeitnehmer eine Vergütung für geleistete Überstunden geltend, so hat er darzulegen, wann er welche Tätigkeit ausgeführt hat.
2. Dabei genügt die bloße Bezugnahme auf der Klageschrift in einem Umfang von mehreren 100 Seiten als Anlage beigefügte Stundenaufstellungen nicht, da diese lediglich zur Erläuterung des schriftsätzlichen Vortrages dienen, diesen aber nicht ersetzen.
3. Geleistete Überstunden können auch nicht anhand eines digitalen Fahrtenschreibers dargelegt werden, da dessen vorrangige Aufgabe ist, Lenk- und Ruhezeiten zu erfassen, nicht jedoch Arbeitszeiten außerhalb der erfassten Lenkzeiten.
Normenkette
BGB §§ 133, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 10.03.2015; Aktenzeichen 6 Ca 2125/14) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 10.03.2015 - 6 Ca 2125/14 - wird auf dessen Kosten
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch um die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger Überstunden zu vergüten.
Der Kläger war vom 11.10.2010 bis zum 31.07.2014 bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigt. Seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit betrug 48 Stunden, die vereinbarte Bruttomonatsvergütung lag zuletzt bei 1.600,00 €.
Der Lkw des Klägers war mit einem digitalen Fahrtenschreiber ausgestattet. Dieser wies nicht nur die Lenkzeit aus. Mit der Betätigung eines entsprechenden Knopfes hatte der Kläger vielmehr zudem die Möglichkeit auszuwählen, ob außerhalb der eigentlichen Lenkzeit "sonstige Arbeitszeit" oder aber dagegen "Pause" ausgewiesen wurde.
Der Kläger hat die Ausdrucke aus der Fahrerkarte (digitaler Fahrtenschreiberausdruck) in eine Excel-Tabelle übertragen und diese erstinstanzlich als Anlage zur Gerichtsakte gereicht. Aus diesen Ausdrucken ergibt sich nach Angaben des Klägers aufaddiert für die Zeit vom 01.08.2011 bis zum 31.07.2014 für noch offene Überstunden ein Gesamtbetrag in Höhe von 4.101,92 € brutto.
Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt - soweit für das Berufungsverfahren noch von Relevanz - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.101,92 € brutto zusätzliche Überstundenvergütung für den Zeitraum vom 01.08.2011 bis zum 31.07.2014 nebst (Zinsen in Höhe von) fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger allein entscheide, welche Bedienknöpfe er am digitalen Fahrtenschreiber betätige, d. h. ob Zeiten als Arbeitszeit oder als Pausenzeit gebucht würden.
Dass die vom Kläger ausgewiesenen Pausenzeiten richtig seien, müsse mit Nichtwissen bestritten werden. Warum der Kläger beginnend ab Juli 2012 deutlich weniger Pause, dafür aber mehr Arbeitszeit gebucht habe, sei für die Beklagte schlichtweg nicht nachvollziehbar.
Mit Urteil vom 10.03.2015 hat das Arbeitsgericht die auf Zahlung von Überstunden gerichtete Klage abgewiesen. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf das Urteil (Bl. 72 bis 78 d. A.) Bezug genommen.
Gegen das ihm am 02.06.2015 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 24.06.2015 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.09.2015 - mit am 03.09.2015 beim Sächsischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Das Arbeitsgericht vernachlässige die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aus dem Urteil vom 16.05.2012 - 5 AZR 347/11 -. Danach genüge er seiner Darlegungslast für Überstunden, wenn er vortrage, an welchem Tag er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten habe und wenn er vortrage, an welchen Tagen er welche Tour wann begonnen und wann beendet habe. Dem sei er nachgekommen. Aus den beigefügten Übersichten laut dem digitalen Fahrtenschreiberausdruck würden sich seine täglichen Arbeitszeiten ergeben und auch, wie die Überstunden berechnet worden seien.
Diese Unterlagen mache er zum Gegenstand seines Vortrags.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 10.03.2015 - 6 Ca 2125/14 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.101,92 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.07.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Den Überlegungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet sie bei, den Ausführungen des Klägers im Berufungsrechtszug tritt sie entgegen.
Aufgrund der Tatsache, dass der Kläger ab Juli 2012 kaum noch die Pausentaste gedrückt habe, sondern offensichtlich Pausenzeiten als Arbeitsstunden habe laufen lassen, spreche Einiges dafür, dass er den digitalen Fahrtenschreiber bewusst zu seinen Gunsten bedient habe. Die Beklagte könne auch rein tatsächlich nicht mehr nachvollziehen, welche s...