Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. Kw-Vermerk. Beteiligung des Personalrats
Leitsatz (redaktionell)
Allein ein im Haushaltsplan eines Landes ausgebrachter kw-Vermerk konkretisiert für sich nicht das Wegfallbedürfnis auf bestimmte Stellen. Es muss vielmehr ein auf den konkreten Stellenbedarf zugeschnittenes rechtlich und tatsächlich durchführbares Konzept vorhanden sein.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2; LPersVG Sachsen § 78 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Chemnitz (Urteil vom 02.12.2002; Aktenzeichen 5 Ca 3402/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Chemnitz vom 02.12.2002 – 5 Ca 3402/02 – teilweise
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Kündigung des Beklagten vom 10.06.2002 nicht aufgelöst worden ist.
- Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens, längstens bis 31.03.2004, zu unveränderten Bedingungen in der Lohngruppe 5 MTArb-O als Vermessungsgehilfen weiterzubeschäftigen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1/8 und der Beklagte zu 7/8.
4. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.
5. Die Revision wird für den Kläger nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer durch den Beklagten gegenüber dem Kläger ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung vom 10.06.2002 zum 31.12.2002.
Der am …1960 geborene verheiratete und gegenüber drei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem 01.05.1993 bei dem Beklagten beschäftigt.
Dem Arbeitsverhältnis der Parteien liegen ein Arbeitsvertrag vom 30.03.1993 (Bl. 14/15 d. A.) sowie Änderungsverträge vom 16.07.1996 (Bl. 16 d. A.) und 26.08.1999 (Bl. 17 d. A.) zugrunde.
Der Kläger ist für den Beklagten als Vermessungsgehilfe beim V. in der Lohngruppe 5 MTArb-O (zuletzt 1.987,67 Euro brutto monatlich) tätig.
Mit einem Beschluss vom 21.05.1996 hat die sächsische Staatsregierung das Sächsische Staatsministerium des Innern beauftragt, ein Realisierungskonzept zur strukturellen und inhaltlichen Neugestaltung des staatlichen Vermessungswesens beim beklagten Freistaat vorzulegen.
Das Sächsische Staatsministerium des Innern legte der sächsischen Staatsregierung aufbauend auf einem Gutachten der U. GmbH im Juni 1997 das Realisierungskonzept vor. Hiernach sollte u. a. eine umfassende Automation des Katasters erfolgen, die Katastervermessung auf öffentlich bestellte Vermessungsingenieure vollständig übertragen sowie die Anzahl der Vermessungsämter von 48 auf 12 reduziert und neu strukturiert werden.
Die sächsische Staatsregierung hat mit Beschluss vom 15.07.1997 das Sächsische Staatsministerium des Innern beauftragt, dieses Realisierungskonzept umzusetzen und bis spätestens 2002 abzuschließen, wobei pro Vermessungsamt auch nach Ablauf dieses Zeitpunkts je ein Messtrupp vorgehalten werden sollte.
Im Stellenplan für die Haushaltsjahre 2001/2002 wurden im Bereich des Landesvermessungsamtes des beklagten Freistaates insgesamt 484 kw-Vermerke angebracht, wobei dies beim V. bei neun von insgesamt bisher zehn Stellen der Lohngruppe 5 erfolgte (siehe Anlage zum Stellenplan der Vermessungsverwaltung, zum Kapitel 0321, Bl. 72 RS d. A.).
Am 29.11.2000 wurde zwischen dem Sächsischen Staatsministerium des Innern und dem Hauptpersonalrat beim Sächsischen Staatsministerium des Innern eine Dienstvereinbarung über einen Sozialplan für die sächsische Vermessungsverwaltung (Bl. 82/83 d. A.) vereinbart. Am 04.04.2002 erließ der Präsident des L… eine „Richtlinie über die soziale Auswahl anlässlich der betriebsbedingten Kündigungen zum 31.12.2002 beim L. sowie bei den staatlichen … im Bereich der Arbeiter/innen” (Bl. 86 bis 88 d. A.).
Mit Schreiben vom 06.02.2002 sowie dazugehöriger Anlagen (Bl. 98 bis 139 d. A.) wurde durch den Präsidenten des L. der Bezirkspersonalrat beim L. u. a. auch zur beabsichtigten Kündigung des Klägers angehört.
Der Bezirkspersonalrat hat sich hierauf mit Schreiben vom 04.03.2002 geäußert.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 10.06.2002 (Bl. 18/19 d. A.) ordentlich zum 31.12.2002.
Das Kündigungsschreiben ist dem Kläger am 12.06.2002 zugegangen.
Mittlerweile hat der Beklagte erneut das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.03.2004 gekündigt.
Gegen die Kündigung des Beklagten vom 10.06.2002 richtet sich die am 01.07.2002 beim Arbeitsgericht Chemnitz eingegangene Klage, mit welcher der Kläger vorgetragen hat, dass die Kündigung vom 10.06.2002 sozial ungerechtfertigt sei.
Der Kläger meint, dass sein Arbeitsplatz nicht weggefallen sei. Die Vermessungsaufgaben der Vermessungsämter seien hoheitlicher Natur und Pflichtaufgabe des Staates. Der Beklagte sei daher nicht frei in seiner unternehmerischen Entscheidung. Es fehle an einer wirksamen gesetzlichen Grundlage, die die Übertragung der bisherigen Aufgaben der Vermessungsämter auf öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zulasse. Solange ...