Entscheidungsstichwort (Thema)

Verwertung schriftlicher Beantwortungen einer Beweisfrage durch einen sachverständigen Zeugen

 

Leitsatz (redaktionell)

Schadensersatzklage eines Versicherungsunternehmens aus übergegangenem Recht bei Kieferbruch infolge einer gefährlichen Körperverletzung)

1. Gemäß § 377 Abs. 1 ZPO kann das Gericht eine schriftliche Beantwortung der Beweisfrage anordnen, wenn es dies im Hinblick auf den Inhalt der Beweisfrage und die Person des Zeugen für ausreichend erachtet. Der Zeuge ist darauf hinzuweisen, dass er zur Vernehmung geladen werden kann.

2. Das Gericht ordnet die Ladung des Zeugen an, wenn es dies zur weiteren Klärung der Beweisfrage für notwendig erachtet.

3. Schriftliche Beantwortungen der Beweisfragen durch den Zeugen können dem Urteil zugrunde gelegt werden, wenn sie beiden Parteien vor der mündlichen Verhandlung zugeleitet worden sind.

4. Zeugen und Sachverständige werden nach § 58 Abs. 2 ArbGG nur beeidigt, wenn die Kammer dies im Hinblick auf die Beurteilung des Zeugnisses für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet. Im Falle des § 377 Abs. 3 ZPO ist die eidesstattliche Versicherung nur erforderlich, wenn die Kammer sie aus dem gleichen Grund für notwendig hält.

 

Normenkette

ZPO § 377 Abs. 1; ArbGG § 58 Abs. 2; SGB X § 116 Abs. 1 S. 1; BGB § 823 Abs. 1-2; StGB § 223 Abs. 1, § 224 Abs. 1 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Entscheidung vom 13.01.2016; Aktenzeichen 2 Ca 2168/15)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 26.01.2017; Aktenzeichen 8 AZN 872/16)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.01.2016 - 2 Ca 2168/15 - wird auf Kosten des Beklagten

z u r ü c k g e w i e s e n .

Revision ist nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren weiter darüber, ob der Beklagte der Klägerin aus übergegangenem Schadensersatzanspruch deren Versicherten ... zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet ist, die aus einer durch den Beklagten zu Lasten des Versicherten begangenen gefährliche Körperverletzung resultieren.

Von der erneuten Wiedergabe des Tatbestandes wird aufgrund der Regelung in § 69 Abs. 3 Satz 2 ArbGG im Wesentlichen abgesehen und stattdessen auf den Tatbestand des Ausgangsurteils des von der Klägerin angegangenen Arbeitsgerichts Bautzen vom 13.01.2016 - 2 Ca 2168/15 -, dort von Seite 2 bis Seite 5, Bezug genommen. Tatbestandsrügen sind nicht erhoben. Auch nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens ist das tatsächliche Vorbringen beider Parteien in dem Tatbestand vollständig und richtig beurkundet.

Das Arbeitsgericht hat den Beklagten - soweit für den zweiten Rechtszug von Relevanz - verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 4.924,49 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 158,36 € seit dem 25.06.2013, aus einem weiteren Betrag in Höhe von 3.056,13 € seit dem 16.03.2015 und aus 1.710,00 € seit dem 28.07.2015 zu bezahlen.

Überdies hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die über den Gesamtbetrag von 5.678,48 € hinausgehenden zukünftigen Aufwendungen für die Behandlung ihres Versicherten - Herrn ... -, die infolge der Körperverletzung vom 22.11.2011 entstehen (aus übergegangenem Recht), zu ersetzen.

Mit dem ersten Ausspruch hat es folgende Bewandtnis:

Aus erstinstanzlich verfolgten 5.139,98 € entfallen 3.429,98 € auf zahnärztliche und 1.710,00 € auf psychotherapeutische Behandlung des Versicherten.

Nicht Gegenstand des Ausgangsurteils (als Teilurteil) sind 215,49 € aus dem vorgenannten Betrag betreffend zahnärztliche Behandlung von 3.429,98 €.

In dem den Beklagten wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilenden rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts - Schöffengerichts - Bautzen vom 27.03.2012 - 40 Ls 160 Js 13064/11 - heißt es auf Seite 3 zu den dortigen Feststellungen unter II. u. a.:

"In der Absicht, dem nunmehr am Boden liegenden Geschädigten das Augenlicht zu nehmen, drückte der Angeklagte mit seinen Daumen fest auf beide Augäpfel. Der Angeklagte konnte sein Vorhaben wegen der heftigen Gegenwehr des Geschädigten ..., welcher dem Angeklagten in seiner Notlage in die Hand biss, nicht vollenden."

In einem von dem den Geschädigten behandelnden Zeugen Dr. ...- Zahnarzt - unter dem 02.12.2011 unterzeichneten "Behandlungsplan für (angekreuzt) Kiefer bruch", gerichtet an die "... (durchgestrichen), handschriftlich: ...", heißt es aus zugsweise:

"Angaben über Ort, Zeit und Ursache des Unfalls sowie Art der Verletzung (nur bei Kieferbruch) Anamnese/Befunde/Diagnose (nur bei Kiefergelenkserkrankungen)

Patient ist bei Ankunft in Firma von hinten durch männliche Person mit Stock tätlich angegriffen, mehrfach geschlagen, am Boden weiter getreten worden, hauptsächlich in Rücken und rechte Schulter, zusätzlich in beide Augen gedrückt worden, aktuell keine Sehstörungen, nur Druckgefühl; etwas benommen. Intraoraler Befund: Schwellung 11, 11 Lockerungsgrad III, nicht erhaltungswürdig.

Vorgesehene Behandlung

Extraktio...

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