Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstordnungsangestellte. Bezugnahme einer Dienstordnung auf Tarifvertrag. Änderung der Arbeitszeit durch Dienstordnung ohne finanziellen Ausgleich

 

Normenkette

BGB § 611 i.V.m. DO

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Urteil vom 22.09.1999; Aktenzeichen 8 Ca 12186/98)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 22.09.1999 – 8 Ca 12186/98 – wird auf ihre Kosten

zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten an den Kläger restliche Vergütung für die Monate August bis Oktober 1998 zu bezahlen.

Der a. geborene Kläger ist bei der Beklagten in deren Regionaldirektion … seit 01.12.1991 in einem Dienstverhältnis auf Lebenszeit angestellt. Er führt die Dienstbezeichnung „Oberverwaltungsrat”. Die Vergütung richtet sich nach der Besoldungsgruppe A 14 BBesG. Im August, September und Oktober 1998 erhielt der Kläger ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von jeweils 7.201,97 DM.

Das Dienstverhältnis ist gemäß § 1 des Dienstvertrages vom 11.11.1991 der Dienstordnung für die Angestellten der AOK … unterstellt. Die Beklagte hat ab August 1998 im Bereich der Regionaldirektion Leipzig die bisherige regelmäßige Arbeitszeit von 40 auf 37 Wochenstunden gekürzt. Der Kläger erhält dafür keinen Gehaltsausgleich.

Ab dem 01.01.1997 galt zunächst eine vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie genehmigte Dienstordnung (folgend: DO a.F.).

Soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung, gelten folgende Regelungen:

§ 7

Besoldung

Die Besoldung richtet sich nach der Besoldungsgruppe, die der Dienstvertrag festlegt; im Übrigen nach den für die Beamten des Freistaates Sachsen geltenden Vorschriften.

㤠19

Anpassung an beamtrechtliche Vorschriften

(1) Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Angestellten und die Versorgungsempfänger entsprechend oder sinngemäß die jeweiligen Vorschriften für Beamte des Freistaates-Sachsen über:

  1. Verhältnis zum Dienstvorgesetzten und Vorgesetzten,
  2. Nichtigkeit und Rücknahme der Ernennung,
  3. Eintritt und Versetzung in den Ruhestand (und in den einstweiligen Ruhestand),
  4. Pflichten und Rechte,
  5. Folgen der Nichterfüllung von Pflichten,
  6. Verjährung von Besoldungs- und Versorgungsansprüchen.

§ 32

Besitzstandswahrung

(1) Auf den bisherigen Dienstverträgen und der bisherigen Dienstordnung der AOK Sachsen beruhende günstigere Rechtsverhältnisse der Angestellten bleiben unberührt, soweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

(2) Für ein bestehendes Dienstverhältnis im Vorbereitungsdienst oder Anwärterdienst gelten die bisherigen Vorschriften weiter.”

Am 20.01.1998 vereinbarten die Tarifgemeinschaft der AOK e. V. (TGAOK) und die Gewerkschaft der Sozialversicherung (GdS) den Tarifvertrag zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der AOK und zur Beschäftigungssicherung (WBTV-AOK). Aus dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages (§ 2) geht hervor, dass der Tarifvertrag auch für die im DO-Verhältnis Beschäftigten nach Maßgabe der Besonderheiten des DO-Rechts gilt und soweit die DOen keine abweichenden Regelungen haben.

In § 11 des Tarifvertrages ist die „Kollektive Arbeitszeitverkürzung” geregelt:

„(1) Durch bezirkliche oder örtliche Tarifverträge kann die regelmäßige Arbeitszeit (15 Abs. 1 BAT/AOK bzw. BAT/AOK-O) für längstens 3 Jahre auf bis zu 32 Stunden wöchentlich herabgesetzt werden. Hierbei kann in bezirklichen oder örtlichen Tarifverträgen die Herabsetzung der Arbeitszeit auch auf Organisationseinheiten beschränkt werden.

(2) Für die Dauer der kollektiven Arbeitszeitverkürzung wird ein betriebsbedingter Kündigungsschutz gewährt.

Hierzu vereinbaren die Tarifvertragsparteien den Kreis der Beschäftigten für die der betriebsbedingte Kündigungsschutz gelten soll.

(3) Für die Reduzierung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird ein Teillohnausgleich gewährt. Dieser beträgt bei einer Reduzierung

-

bis zu einschließlich 3 Stunden

0

-

bis zu 5 Stunden

20

-

bis zu 7 Stunden

30

%

und

-

bis zu 8 Stunden

40

%

der auf die eingesparte Zeit entfallende Vergütung bzw. Monatslohnes.

(4) Die auf der Grundlage des § 11 abgeschlossenen Tarifverträge treten bei Ende ihrer Laufzeit, spätestens mit Ablauf des 31.10.2002, ohne dass es einer Kündigung bedarf, außer Kraft. Die Nachwirkung nach § 4 Abs. 5 des Tarifvertragsgesetzes wird ausgeschlossen.”

Zwischen der AOK Sachsen und der Gewerkschaft der Sozialversicherung wurde am 06.04.1998 der Tarifvertrag über die kollektive Arbeitszeitverkürzung bei der AOK Sachsen vereinbart (KAZTV-AOK Sachsen). Der Tarifvertrag sieht u.a. vor:

㤠2

Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen

Alle Beschäftigten, für die dieser Tarifvertrag gilt, sind für die gesamte Laufzeit (§ 8 Abs. 1 dieses Tarifvertrages) vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt. § 7 Abs. 4 letzter Satz WBTV-AOK bleibt unberührt.

§ 4

Regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit

(1) Die regelmäßige wöchentliche Arbeitsze...

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