Verfahrensgang
KreisG Dresden (Urteil vom 03.06.1992; Aktenzeichen 3 Ca 652/91) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Kreisgerichts … vom 3.6.1992 – 3 Ca 652/91 – wird auf Kosten des Landes
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die 34jährige Klägerin hat in der ehemaligen DDR aufgrund einer staatlichen Abschlußprüfung die Befähigung zur Arbeit als Freundschaftspionierleiter und die Lehrbefähigung in den Fächern Deutsch und Musik für die unteren Klassen der Allgemeinbildenden Polytechnischen Oberschule erworben.
Ab 1. August 1979 wurde sie als Freundschaftspionierleiterin eingesetzt und erteilte in diesem Rahmen in der Unterstufe 6 Stunden wöchentlich und darüber hinaus auch vertretungsweise Unterricht, nach Angaben der Klägerin in den Fächern Deutsch, Musik, Mathematik, Schulgarten, Werken und Zeichnen. Ab 1. August 1988 wurde die Klägerin als Unterstufenlehrerin mit vollem Deputat beschäftigt, nach ihren Angaben in den Fächern Deutsch, Musik, Mathematik, Schulgarten und Zeichnen. Ihre letzte monatliche Bruttovergütung betrug DM 2.300,–.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 1991, der Klägerin zugegangen am 29. Oktober 1991, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien wegen mangelnder fachlicher Qualifikation der Klägerin. Hiergegen machte die Klägerin am 19. November 1991 eine Kündigungsschutzklage anhängig.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie besitze neben der Lehrbefähigung in den Fächern Deutsch und Musik Zusatzausbildungen auf den Gebieten Pädagogik, Psychologie, Didaktik und Methodik. Aufgrund ihrer Ausbildung und des jahrelangen ohne Beanstandung erteilten Unterrichts sei sie für eine Tätigkeit als Lehrer in den unteren Klassen qualifiziert. Im übrigen könne sie der Beklagte nachqualifizieren.
Die Klägerin hat beantragt
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 28. Oktober 1991 nicht beendet wird, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht,
- für den Fall, daß die Klägerin mit dem Feststellungsantrag obsiegt, den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, die Ausbildung der Klägerin unterscheide sich wesentlich von der eines Lehrers in den unteren Klassen. So werde ein Lehrer für untere Klassen im Fach Mathematik in 397 Stunden ausgebildet, der Freundschaftspionierleiter hingegen nur in 165 Stunden. In Methodik des Mathematikunterrichts werde ein Lehrer für untere Klassen in 201 Stunden ausgebildet, der Freundschaftspionierleiter hingegen überhaupt nicht. Ein Lehrer in der Grundschule müsse aber in beiden Hauptfächern – Deutsch und Musik – unterrichten können, um so auch als Klassenleiter eingesetzt werden zu können. Das sei bei der Klägerin nicht gewährleistet. Zu einer Nach- oder Zusatzqualifizierung der Klägerin sei er nicht verpflichtet.
Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt, weil die Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer jahrelangen Tätigkeit als Lehrerin ausreichend für eine Lehrertätigkeit in den unteren Klassen qualifiziert sei. Im übrigen sei es nicht erforderlich, daß der Beklagte die Klägerin auch im Fach Mathematik einsetze. Gegebenenfalls müsse er ihr Umschulungs- bzw. Fortbildungsmaßnahmen anbieten.
Gegen das dem beklagten Land am 29. Juni 1992 zugestellte Urteil hat dieses mit einem am 29. Juli 1992 eingegangenen Schriftsatzes Berufung eingelegt und sie am 27. August 1992 begründet.
Der Beklagte trägt vor, er habe bei der Festlegung der Anforderungen, die an eine Lehrkraft zu stellen seien, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbares Organisationsermessen. Im Rahmen dieses Ermessens habe er festgelegt, daß als Grundschullehrer nur solche Lehrkräfte fachlich qualifiziert seien, die in den beiden Hauptfächern – Deutsch und Mathematik – und daneben in einem Wahlfach in der Grundschule unterrichten könnten. Die Klägerin sei überhaupt nicht für eine unterrichtende Tätigkeit im Fach Mathematik ausgebildet, weil in ihrer Ausbildung das Fach „Methodik des Mathematikunterrichts” nicht behandelt worden sei. Im übrigen habe die Klägerin lediglich 1989 und 1991 das Fach Mathematik unterrichtet.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Kreisgerichts Dresden vom 3. Juni 1992 – 3 Ca 652/91 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin trägt vor, ihre fehlende Ausbildung im Fach „Methodik des Mathematikunterrichts” habe sie durch ihre mehrjährige unterrichtende Tätigkeit mehr als kompensiert. Wenn der Beklagte nachträglich Qualifikationsanforderungen aufstelle, die bisher nicht verlangt worden seien, sei er verpflichtet, die Klägerin durch entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen an das neue Qualifikationsniveau heranzuführen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die frist- und fo...