Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Arbeits- und Dienstvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Auch wenn der Dienstverpflichtete die Funktion eines Geschäftsführers ausübt, ist er gleichwohl rechtlich als Arbeitnehmer einzuordnen, wenn er in seiner Tätigkeit Weisungen unterliegt, nicht frei über seinen Urlaub entscheiden kann und im Innenverhältnis weder außerplanmäßige, für dringend notwendig erachtete Investitionen in Betriebsmittel beschließen noch im Personalbereich irgendwelche Entscheidungen treffen darf.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 1; BGB §§ 611, 133, 157
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 06.05.2015; Aktenzeichen 11 Ca 3956/13) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 06.05.2015 - Az. 11 Ca 3956/13 - wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
2. Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 06.05.2015 - Az. 11 Ca 3956/13 - wird
z u r ü c k g e w i e s e n .
3. Die Kosten der Berufung tragen die Beklagte zu 1. und der Kläger je zur Hälfte.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um das Bestehen und die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses. Der 57 Jahre alte und verheiratete Kläger steht seit dem 01.11.1986 in diversen Arbeitsverhältnissen mit unterschiedlichen Gesellschaften des ...-Konzerns. Mit Wirkung zum 01.12.2012 schloss der Kläger ausweislich der Anlage K 1 (Bl. 5 ff. d. A.) einen Vertrag, der den Briefkopf der Beklagten zu 2. ausweist und wie folgt - soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung - auszugsweise lautet:
"Sehr geehrter Herr ...,
in Bezug auf die bereits geführten Gespräche freuen wir uns, Ihnen folgendes Arbeitsvertragsangebot zu unterbreiten:
1. Anstellung, Aufgabenbereich und Tätigkeitsort
Mit Wirkung zum 01. Dezember 2012 stellen wir Sie als Regionalleiter der ...
bei der ... GmbH, in ... ein. Sie werden zeitgleich für die ... GmbH als verantwortlicher Geschäftsführer eingetragen.
Sie werden als Leitender Mitarbeiter geführt. In Ihrer Funktion berichten Sie direkt an den Geschäftsführer der ... GmbH. Ihr Dienstsitz in ...
Aufgrund Ihrer bisherigen Tätigkeit in der ...-Gruppe gilt der 01. November 1986 als Eintrittsdatum.
...
2. Vergütung und Arbeitszeit
Ihre monatlichen Bezüge betragen ab Einstellungsdatum € 8.400,-.
Eine Überprüfung Ihres Gehaltes erfolgt grundsätzlich zum 1. März eines Jahres, als Regelüberprüfung erstmals zum 1. März 2014.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt mindestens 40 Stunden.
Beginn, Ende und Dauer der werktäglichen Arbeitszeit sowie die Lage der Pausen richten sich nach den arbeitgeberseitigen Vorgaben und orientieren sich an den betrieblichen Erfordernissen. Mit dem Gehalt ist die Leistung eventuell erforderlicher Mehrarbeit abgegolten.
........
16. Vertragsdauer und Kündigungsfristen
Das Arbeitsverhältnis ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Monatsende beidseitig ordentlich kündbar. Soweit gesetzliche Bestimmungen längere Kündigungsfristen vorsehen, gelten diese ebenfalls für beide Parteien.
...
17. Mitteilungs- und Anzeigepflicht
Sie sind verpflichtet, jede Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer am gleichen Tag unverzüglich spätestens bis 9.00 Uhr bei Ihrem Vorgesetzten und der/dem Zeiterfassungsbeauftragten anzuzeigen.
Bei einer Erkrankung sind Sie verpflichtet, spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen.
...
25. Nebentätigkeit
Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie auch im Urlaub ist jede entgeltliche oder das Arbeitsverhältnis beeinträchtigende Nebenbeschäftigung nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Arbeitgebers zulässig.
Unterzeichnet wurde der Vertrag auf Arbeitgeberseite von Herrn ... für die ... GmbH als Alleingesellschafterin der ... GmbH. Wegen des weiteren Inhalts des Anstellungsvertrages vom 07./11.11.2012 wird Bezug genommen auf die Anlage K 1 zur Klageschrift.
Der Kläger erzielte im Anstellungsverhältnis ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von 11.666,00 €. Mit Wirkung zum 30.06.2013 wurde die Geschäftsführerbestellung des Klägers widerrufen und dieser ab dem 01.07.2013 vollständig freigestellt. Mit Schreiben vom 25.11.2013, dem Kläger zugegangen am 27.11.2013, kündigten beide Beklagten den Anstellungsvertrag vom 07./11.11.2012 zum 31.05.2014. Gegen beide Kündigungserklärungen richtet sich die am 12.12.2013 erhobene Kündigungsschutzklage.
Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, dass ihn mit beiden Beklagten ein Arbeitsverhältnis verbunden habe. Der Anstellungsvertrag vom 07./11.11.2012 sei mit der Beklagten zu 2. geschlossen worden. Seine Arbeitsleistung habe er für die Beklagte zu 1. erbracht. Bei dem Vertragsverhältnis, welches durch den Anstellungsvertrag vom 07./11.11.2012 begründet wurde, habe es sich sowohl dem Inhalt des Vertrages nach als auch nach der tatsächlichen Vertragsgestaltung um ein Arbeitsverhältnis gehandelt. Der Kläger hat vor...