Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 12.08.1993; Aktenzeichen 1 Ca 3114/93)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 12. August 1993 – 1 Ca 3114/93 – wird auf Kosten der Klägerin

zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Abfindung.

Die Klägerin war im Schuldienst des Beklagten beschäftigt. Mit Vereinbarung vom 30. Dezember 1992 haben die Parteien das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1992 aufgelöst. In einer Zusatzvereinbarung zu dem Auflösungsvertrag, gleichfalls vom 30. Dezember 1992, heißt es auszugsweise:

1. „Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, daß der Auflösungsvertrag geschlossen wird, weil … (folgt der Name der Klägerin) … wegen mangelnden Bedarfs im Schuldienst des Freistaates Sachsen nicht mehr verwendbar ist.

3. Der Arbeitgeber zahlt dem Arbeitnehmer auf der Grundlage des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung vom 16. Juni 1992 eine Abfindung. Die Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit 1/4 der letzten Monatsvergütung bzw. des Monatstabellenlohnes, mindestens die Hälfte und höchstens das Fünffache dieser Vergütung bzw. dieses Lohnes. Sie darf den Betrag von 10.000 DM nicht übersteigen. Für einen nicht vollbeschäftigten Arbeitnehmer ermäßigen sich diese Beträge auf den Teil, der dem Maß der mit dem Arbeitnehmer vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht.

…”

In der Berufungsverhandlung wurde klargestellt, daß in Nr. 3 Satz 1 der Zusatzvereinbarung der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6. Juli 1992 (fortan: SozialTV) gemeint ist.

Der SozialTV bestimmt in § 2 (Abfindung) auszugsweise:

„(1) Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis gekündigt wird, weil

  1. er wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar ist oder
  2. die bisherige Beschäftigungsstelle ersatzlos aufgelöst wird oder bei Verschmelzung, Eingliederung oder wesentlicher Änderung des Aufbaus der Beschäftigungsstelle die bisherige oder eine anderweitige Verwendung nicht mehr möglich ist, …

    erhält eine Abfindung.

    Das Gleiche gilt, wenn ein Arbeitnehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Kündigung nach Satz 1 auf Grund eines Auflösungsvertrages ausscheidet.

(2) Die Abfindung beträgt für jedes volle Jahr der Beschäftigungszeit (§ 19 BAT-O ohne die nach der Übergangsvorschrift Nr. 3 hier zu berücksichtigenden Zeiten bzw. die vergleichbaren, für die Arbeiter geltenden Bestimmungen) ein Viertel der letzten Monatsvergütung (§ 26 BAT-O zuzüglich der allgemeinen Zulage) bzw. des letzten Monatstabellenlohnes (§ 21 Abs. 3 MTArb-O, § 20 Abs. 2 BMT-G-O ggf. zuzüglich des Sozialzuschlags), mindestens aber die Hälfte und höchstens das Fünffache dieser Vergütung bzw. dieses Lohnes. Sie darf den Betrag von 10.000 DM nicht übersteigen. War der Arbeitnehmer im letzten Kalendermonat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses nicht vollbeschäftigt, vermindert sich der Betrag von 10.000 DM entsprechend § 34 BAT-O bzw. der vergleichbaren, für den Arbeiter geltenden Bestimmung.

(6) Tritt der Arbeitnehmer in ein Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber i. S. des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT-O/BAT ein und ist die Zahl der zwischen der Beendigung des alten und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses liegenden Kalendermonate geringer als die der Abfindung zugrunde liegende Anzahl von Bruchteilen der Monatsvergütung/des Monatslohnes (Abs. 2), verringert sich die Abfindung entsprechend. Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen.

(7) Absatz 6 gilt entsprechend, wenn innerhalb des gleichen Zeitraums ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht.”

Die Klägerin hat am 9. Mai 1993 das 60. Lebensjahr vollendet und hätte ab 1. Juni 1993 Rente wegen Alters beziehen können. Einen Rentenantrag hat sie jedoch nicht gestellt, sondern bezieht seit 1. Januar 1993 Altersübergangsgeld.

Der Beklagte hat der Klägerin mit Blick auf § 2 Abs. 7 i. V. m. § 2 Abs. 6 SozialTV lediglich eine verringerte Abfindung in Höhe von (mittlerweile) 4.224,95 DM gezahlt. Um die rechnerische Richtigkeit dieses Betrags geht der Streit nicht. Außer Streit steht auch, daß die Klägerin auf Grund ihrer Beschäftigungszeit und ihrer letzten Monatsvergütung sowohl nach der Zusatzvereinbarung als auch nach dem SozialTV den Höchstbetrag der Abfindung (10.000 DM) erreichen könnte. Uneinig sind sich die Parteien jedoch darüber, ob die Regelung in § 2 Abs. 7 i. V. m. § 2 Abs. 6 SozialTV überhaupt Anwendung findet, und wenn ja, ob ihre Voraussetzungen erfüllt sind. Beides stellt die Klägerin in Abrede. Sie verfolgt mit ihrer Klage als Hauptforderung die Differenz zwischen dem Abfindungshöchstbetrag von 10.000 DM und der gezahlten Abfindung in Höhe von 4.224,95 DM, mithin 5.775,05 DM.

Die Klägerin hat vorgetragen, durch die Zusatzvereinbarung individuell die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 10.000 DM abgemacht zu haben. Andere Minderungsregelungen als die in der Zusatzvereinbarung enthaltenen seien nicht getroffen worden. Insbesondere verweise die Zusatzvereinbarung nicht pauschal auf den...

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