Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordentliche Kündigung. Unterrichtung des Personalrates. Voraussetzungen für den Ausschluss des Mitwirkungsrechts für Beamtenstellen der Besoldungsgruppe A 16
Leitsatz (amtlich)
Der Ausschluss der Mitwirkung des Personalrates bei ordentlichen Kündigungen nach § 79 Abs. 1 Satz 2, § 77 Abs. 1 Satz 2 BPersVG gilt auch bei der Kündigung von Angestellten. Maßgeblich ist, ob der Angestellte auf einer Stelle beschäftigt ist, deren Anforderungsprofil einer Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 16 an aufwärts entspricht (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 02.10.1978 – 6 P 11/78 –, BVerwGE 56, 291).
Gibt es bei dem Arbeitgeber keine Beamtenstellen und wendet dieser Arbeitgeber auch nicht den BAT an, ist zur Durchführung des Stellenvergleiches ein Vergleich mit den Beamtenstellen von Behörden oder Anstalten geboten, die nach der Gliederung ihrer Aufgaben und Funktionen und nach ihrer Stellung im Verwaltungsaufbau gleichrangig sind. Landesrundfunkanstalten sind insoweit mit Bundesoberbehörden vergleichbar. Bei Bundesoberbehörden befinden sich Beamtenstellen der Besoldungsgruppe A 16 auf der dritten Ebene, der Ebene der Referatsleiter.
Ein nicht mit künstlerischen oder journalistischen Aufgaben betrauter Angestellter einer Landesrundfunkanstalt ist nur dann mit dem Inhaber einer Beamtenstelle der Besoldungsgruppe A 16 vergleichbar, wenn er eine Stelle innehat, die mit einer herausgehobenen Verantwortung verbunden ist. Hierzu gehören sowohl die Befugnis zur eigenverantwortlichen Entscheidung als auch Führungskompetenzen. Der Vergütungshöhe des Angestellten kommt jedenfalls dann keine entscheidende Bedeutung zu, wenn der Arbeitgeber ein Vergütungssystem anwendet, das sich nicht an das Vergütungssystem des öffentlichen Dienstes anlehnt, sondern eine hiervon abweichende eigene Vergütungsordnung beinhaltet.
Leitsatz (redaktionell)
Hinweis der Geschäftsstelle:
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.
Normenkette
BPersVG § 79 Abs. 1 S. 2, § 77 Abs. 1 S. 2; MDR-Staatsvertrag § 38
Verfahrensgang
ArbG Leipzig (Urteil vom 10.04.1997; Aktenzeichen 7 Ca 4036/96) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 10. April 1997 – 7 Ca 4036/96 –
abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 20. März 1996 nicht mit dem 30. April 1996 aufgelöst wurde.
Im Übrigen wird die Klage
abgewiesen
und die Berufung
zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 3/4, der Kläger 1/4 zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.
Der 1941 geborene, verheiratete und einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger ist Diplom-Bauingenieur. Er war bei der beklagten Rundfunkanstalt, deren Sitz in … ist, seit dem 01. Oktober 1995 als Chefingenieur beschäftigt. Die vereinbarte Probezeit betrug sechs Monate. Der Kläger wurde nach der Vergütungsgruppe II/3 des bei der Beklagten geltenden Vergütungstarifvertrages eingruppiert. Zusätzlich zu dieser Vergütung in Höhe von 8.509,00 DM brutto erhielt der Kläger eine außertarifliche Zulage in Höhe von 1.000,00 DM brutto. Sein monatliches Gehalt belief sich damit auf insgesamt 9.509,00 DM brutto. Wegen der Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf diesen Vertrag vom 10. August 1995 (Bl. 296 bis 298 d. A.) Bezug genommen.
Zur Durchführung ihrer umfangreichen Neubauvorhaben in Erfurt, Magdeburg, Dresden, Leipzig und Halle errichtete die Beklagte eine direkt dem Intendanten unterstellte Abteilung. Leiter dieser Projektleitungsabteilung war Herr …, dem noch ein Referent zur Seite gestellt war. Weiterhin beschäftigte die Beklagte in dieser Abteilung fünf Teilprojektleiter, die jeweils für ein Neubauprojekt zuständig waren. Der Kläger war dabei für das Neubauvorhaben des Landesfunkhauses in Magdeburg zuständig. Die Teilprojektleiter waren dem Projektleiter, Herrn …, unterstellt.
Die Beklagte bediente sich zur Durchführung der Planungs-, Koordinierungs- und Ausführungsarbeiten bei ihren Neubauvorhaben verschiedener Fremdfirmen, die auf der Grundlage von Werkverträgen für sie tätig wurden. Hierzu gehörten u. a. die …, die als Projektsteuerer eingesetzt wurde, und eine auf das Baurecht spezialisierte Anwaltskanzlei in Mönchengladbach. Die Fremdfirmen waren der Projektleitung unterstellt und hatten die Aufgabe, ihr zuzuarbeiten.
Nach der Vergabeordnung der Beklagten für das Neubauprogramm vom 01. Februar 1994 konnten Teilprojektleiter bei Aufträgen bis 10.000,00 DM allein entscheiden, bei Aufträgen ab 10.000,00 DM bis 500.000,00 DM konnte der Projektleiter allein entscheiden. Für weitergehende Aufträge bis 10 Mio. DM war der bei der Beklagten eingerichtete Bau- und Vergabeausschuss entscheidungsbefugt, für alle darüber hinausgehenden Aufträge war der Verwaltungsrat zuständi...