Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer Stufenklage wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses. Aufzeichnungspflicht der Arbeitszeit der Kraftfahrer nach § 21a ArbZG. Keine Anspruchsgrundlage auf Arbeitsvergütung aus § 21a ArbZG. Darlegungs- und Beweislast im Überstundenprozess
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Stufenklage ist wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses dann unzulässig, wenn ein Auskunftsanspruch mit der dann folgenden Verurteilung im Wege des Leistungsanspruchs so verbunden ist, dass sich aus der Auskunft überhaupt kein Leistungsanspruch des Klägers ermitteln lässt.
2. Es besteht eine Aufzeichnungs- und Herausgabepflicht des Arbeitgebers für die Arbeitszeit der bei ihm beschäftigten Kraftfahrer. Nach § 21a Abs. 7 ArbZG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen und diese Aufzeichnungen mindestens zwei Jahre aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer auf Verlangen eine Kopie der Aufzeichnungen seiner Arbeitszeit auszuhändigen.
3. Die Vorschrift des § 21a ArbZG kann für die Ermittlung der vergütungspflichtigen Arbeitszeit nicht herangezogen werden. Es handelt sich um eine Schutzvorschrift im arbeitszeitrechtlichen Sinn, die für die Arbeitszeit der Kraftfahrer relevant ist. Sie ist aber nicht kongruent mit vergütungspflichtiger Arbeitszeit i.S.v. § 611 BGB.
4. Verlangt der Arbeitnehmer - gestützt auf § 612 Abs. 1 BGB - eine Vergütung für geleistete Überstunden, trifft ihn die Darlegungs- und Beweislast dafür, über die vereinbarte Normalarbeitszeit hinaus gearbeitet zu haben, und dass die Leistung von Überstunden vom Arbeitgeber veranlasst worden oder sie ihm zumindest zuzurechnen ist. Es reicht aus, dass der Arbeitnehmer schriftsätzlich vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern.
Normenkette
ZPO § 254; BGB § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 1; ArbZG § 21a
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 15.12.2016; Aktenzeichen 2 Ca 2385/16) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 15.12.2016 - 2 Ca 2385/16 - wird auf dessen Kosten
z u r ü c k g e w i e s e n .
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Abgeltung von Überstunden im Speditionsgewerbe.
Der Kläger war auf der Grundlage schriftlicher Arbeitsverträge ab dem 22.11.2011 bzw. vom 02.05.2014 bei der Beklagten und mit Arbeitsvertrag vom 14.05.2013 für den dazwischen liegenden Zeitraum vom 16.05.2013 bis 30.04.2014 bei der ... GmbH angestellt (vgl. insoweit Anlagen K 1 und K 2 sowie B 1). Dem Kläger oblag eine Tätigkeit als Kraftfahrer beim Führen von Lastkraftwagen bei einer geschuldeten Arbeitszeit von bis zu 48 Stunden wöchentlich. Die zwischen den Parteien getroffenen Vergütungsabreden sahen dabei für die Kalenderjahre 2013 eine jeweilige monatliche Grundvergütung von 1.500,00 € brutto und weitere Prämienzahlung bis 200,00 € brutto, für das Kalenderjahr 2014 1.500,00 € brutto Grundvergütung und bis zu 300,00 € brutto Prämienvergütung, für das Kalenderjahr 2015 bis zum 30.09. diesen Jahres 1.700,00 € brutto und bis zu 100,00 € brutto Prämienzahlung und ab dem 01.10.2015 1.770,00 € brutto Vergütungszahlung vor. In dem zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrag vom 02.05.2014 heißt es unter Ziffer 16 Ausschlussfristen wie folgt:
"Alle Ansprüche aus diesem Vertrag sind binnen 3 Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb 3 Monaten, schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf der Frist ist beiderseits die Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen."
Wörtlich gleichlautend fand sich diese Regelung auch in Ziffer 16 des Arbeitsvertrages ab 22.11.2011 und in Ziffer 16 des Arbeitsvertrages vom 14.05.2013 mit der Fa. ... GmbH.
Bis zum 31.12.2014 hatte die Beklagte Überstunden in nunmehr streitigem Umfang jedenfalls teilweise auch abgegolten. Seit der "Änderung Arbeitsvertrag Vergütung" vom 12.01.2015, dieselbe geändert vom 21.09.2015 (vgl. insoweit hierzu die Anlagen K 4 und K 5) wurde das Arbeitsverhältnis so behandelt, als bestehe ein Arbeitszeitkonto und erfolgte also eine Bezahlung von Überstunden nicht mehr. Seit der früheren "Änderung Arbeitsvertrag Vergütung" vom 31.01.2014 (vgl. Anlage K 3) zahlte die Beklagte für jede Samstagsschicht pauschal 50,00 € brutto.
Die ordnungsgemäße Bedienung der Fahrerkarte nach § 21 a Arbeitszeitgesetz (ArbZG), die dem Kläger auch oblag, ist zwischen den Parteien für den gesamten Zeitraum des bestandenen Arbeitsverhältnisses streitig. Außer Streit steht gleichwohl, dass der Kläger dieselbe nicht dahingehend bediente, dass er Pausenzeiten vermerkte und dass er alle anderen Tätigkeiten, außer Fahrtätigkeiten, die ihm während der Schicht oblagen, die in Ent-und Beladevorgängen und Rüstzeiten bestanden und darübe...