Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Befristung eines Arbeitsvertrages wegen "Eigenart der Arbeitsleistung" i.S. von § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. § 2 Abs. 1 WissZeitVG regelt den Sachverhalt abschließend, ohne dass eine Befristung auf § 14 TzBfG gestützt werden kann.

2. Mit dem Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung wollte der Gesetzgeber in erster Linie verfassungsrechtlichen, sich aus der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) ergebenden Besonderheiten bei der Vereinbarung befristeter Arbeitsverträge Rechnung tragen. Dabei ist eine weite Auslegung des Begriffs "Eigenart der Arbeitsleistung" nicht veranlasst, da fast jede Arbeitsaufgabe eine Eigenart aufweist und somit wie anderenfalls fast jede Arbeitsvertrag befristet abgeschlossen werden könnte.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4; WissZeitVG § 2 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Leipzig (Entscheidung vom 23.07.2013; Aktenzeichen 14 Ca 4480/12)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.05.2016; Aktenzeichen 7 AZR 533/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 23.07.2013 - 14 Ca 4480/12 - wird

z u r ü c k g e w i e s e n .

2. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung zum 30.09.2013 beendet worden ist. Die Klägerin begehrt außerdem, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als teilzeitbeschäftigte wissenschaftliche Assistentin an der ... mit 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt zu werden.

Die am 21.03.1969 geborene Klägerin ist an der ... als wissenschaftliche Assistentin beschäftigt. Als approbierte Tierärztin ist die Klägerin an der Medizinischen Tierklinik der Universität tätig.

Nach Erlangung der Promotion war die Klägerin zunächst befristet vom 01.07.1999 bis 30.06.2000 auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 28.06./06.07.1999 (Bl. 6 d. A.) tätig. Es schloss sich vom 01.07.2000 bis 30.06.2002 auf der Grundlage des Dienstvertrages vom 20.04./04.05.2000 (Bl. 7 d. A.) ein wiederum befristetes Arbeitsverhältnis (01.07.2000 bis 30.06.2002) an. Mit dem Arbeitsvertrag vom 13.05./04.06.2002 (Bl. 8 f. d. A.) vereinbarten die Parteien ein vom 01.07.2002 bis 30.06.2005 befristetes Arbeitsverhältnis. Mit den Arbeitsverträgen vom 10.09.2003 (Bl. 9 d. A.) und vom 03.05.2006 (Bl. 10 d. A.) vereinbarten die Parteien weitere befristete Arbeitsverhältnisse vom 01.10.2003 bis 30.09.2006 und vom 01.10.2006 bis 30.09.2009. Die Parteien vereinbarten schließlich den vom 01.10.2009 bis 30.09.2013 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 5 d. A.). Mit den Änderungsverträgen vom 07.09.2009 (Bl. 36 d. A.), vom 08.09.2010 (Bl. 11 d. A.), vom 19.09.2011 (Bl. 13 d. A.) und vom 30.01.2012 (Bl. 14 d. A.) vereinbarten die Parteien im Rahmen der vereinbarten Befristungen arbeitszeitliche Änderungen. Seit 01.01.2013 wird die Klägerin mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 50 % beschäftigt.

Die Klägerin ist der Entgeltgruppe 14 TVÜ-L eingruppiert. Das Gehalt betrug zuletzt ca. 2.500,00 € brutto monatlich.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass die zuletzt mit Arbeitsvertrag vom 07.09.2009 vereinbarte Befristung unwirksam sei. Sie sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge in der Wissenschaft sei nicht anwendbar, weil u. a. das Zitiergebot nicht gewahrt worden sei.

Das WissZeitVG regele die Befristungsmöglichkeiten für die dort geregelten Sachverhalte abschließend. Ein Befristungsgrund nach § 14 TzBfG sei ebenfalls nicht gegeben. Ein vorübergehender Bedarf sei nicht dargelegt. Bei Abschluss des Arbeitsvertrages vom 07.09.2009 sei nicht absehbar gewesen, dass die Aufgaben der Klägerin dauerhaft entfallen würden. Bis auf die Zeit vom 01.04. bis 31.12.2010 habe es während des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin keine Professur für innere Medizin des Schweines gegeben. Deshalb decke die Klägerin seit Jahren für diesen Bereich Forschung und Lehre ab. Die Voraussetzungen für eine Haushaltsbefristung lägen ebenfalls nicht vor.

Die Klägerin hat erstinstanzlich folgende Klaganträge gestellt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der Befristung zum 30.09.2013 beendet wird, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 30.09.2013 hinaus fortbesteht.

2. Der Beklagte wird für den Fall des Obsiegens der Klägerin mit dem Feststellungsantrag verurteilt, die Klägerin über den 30.09.2013 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als teilzeitbeschäftigte wissenschaftliche Assistentin an der ... mit 50 % der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden Vollzeitbeschäftigten zu ansonsten unveränderten Arbeitsvertragsbedingungen tatsächlich weiterzubeschäfti...

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