Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsentgelt. Funktionszulage. Rationalisierungsschutz. Tarifauslegung. Sicherung für den Verlust einer Funktionszulage

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Sicherung nach dem TV Ratio DTTS ist auf Arbeitsplatzwechsler beschränkt, die über den Verlust der Zulage hinaus weitere wirtschaftliche Nachteile aufgrund einer Herabgruppierung und/oder einer negativen Veränderung der Wochenarbeitszeit erleiden.

 

Normenkette

Protokollnotiz (Nr. 1) zu § 1 und § 2 in Anlage 5 TV Ratio (Deutsche Telekom Technischer Service GmbH: Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigung)

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 16.11.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1067/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 16.11.2010 – 1 Ca 1067/10 –

abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Revision ist für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in dem Berufungsverfahren unverändert darüber, ob dem Kläger von der Beklagten eine der Höhe nach unstreitige Sicherung für den Verlust einer Funktionszulage zu gewähren ist.

Der Kläger steht bei der Beklagten in einem seit 01.09.1990 rechnenden Arbeitsverhältnis.

Aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit finden auf das Arbeitsverhältnis u. a. der Entgeltrahmentarifvertrag der … GmbH (ERTV DTTS) und der Tarifvertrag Rationalisierungsschutz und Beschäftigung (TV Ratio DTTS) Anwendung.

Ursprünglich war der Kläger als Monteur im Außendienst tätig. Dafür erhielt er zuletzt eine tarifliche Funktionszulage in Höhe von monatlich 96,14 EUR brutto. Diese wird aufgrund § 15 ERTV DTTS den Arbeitnehmern in den Endgruppen 1 bis 4 gezahlt, die bei ihrer Aufgabenerledigung besonderen Umgebungs- und Belastungseinflüssen ausgesetzt sind. Der Kläger wird nach Entgeltgruppe 3 vergütet.

Spätestens ab dem 01.08.2009 wurde der Kläger im Zuge einer Neuorganisation in der Niederlassung Mitte-Ost der Beklagten an einen neuen Arbeitsplatz umgesetzt. Hier verrichtet er seither Tätigkeiten als Sachbearbeiter Quality-Gate (das Ausgangsurteil spricht von einem Innendienst) mit einer weiterhin geltenden wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden (Vollbeschäftigung) bei unveränderter Eingruppierung und Vergütung nach der Entgeltgruppe 3.

Zwischen den Parteien besteht Streit darüber, ob der Kläger bereits ab 01.04.2009 umgesetzt war. Jedenfalls bezahlt ihm die Beklagte seither keine Funktionszulage mehr. Zuvor war sie ihm für mindestens 15 Monate gewährt worden.

Die Umstrukturierung wird von einem zwischen der Beklagten und dem in ihrem Unternehmen errichteten Gesamtbetriebsrat geschlossenen Sozialplan begleitet. Dort ist u. a. Folgendes vereinbart:

„Sozialplan

§ 11 Durchführung des Sozialplans

(1)

Die Vertragsparteien sind darüber einig, das die Verhandlungen über den Sozialplan abgeschlossen sind und dass der TV Ratio DTTS in seinem Anwendungsbereich eine abschließende Regelung zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile im Sinne des § 112 Abs. 1 BetrVG enthält, soweit es sich handelt um

  • Abfindungsregelung
  • Einkommenssicherung

Insofern wird zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die durch die im Geltungsbereich dieser Vereinbarung dargestellten Maßnahmen entstehen, der TV Ratio in seinem Anwendungsbereich … in der zuletzt gültigen Fassung als Bestandteil des Sozialplanes vereinbart …”

In dem TV Ratio DTTS (fortan nur noch TV Ratio) heißt es auszugsweise:

㤠10 Leistungen bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz

(1)

Bei interner Vermittlung hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Leistungen gemäß Anlage 5 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 …”

Anlage 5 TV Ratio bestimmt u. a. Folgendes:

„Abschnitt 1

Leistungen bei Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz innerhalb der DTTS Unterabschnitt 1

Für Arbeitnehmer im Sinne des Abschnitts 1 des TV Ratio (Arbeitsverhältnis ≫ 2 Jahre)

§ 1 Sicherung des Entgelts bei Herabgruppierung

(1)

Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich infolge einer Maßnahme im Sinne von § 1 TV Ratio negativ verändert, kann das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Änderung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit gekündigt werden.

(2)

Nach Wirksamwerden der Änderungskündigung wird das bisherige Jahreszielentgelt des Arbeitnehmers für folgende Zeiträume (Sicherungsfristen) nicht abgesenkt: Mit einer Zeit der Betriebszugehörigkeit von

2 bis 5 Jahren

für die Dauer von 21 Monaten,

≫ 5 bis 8 Jahren

für die Dauer von 28 Monaten,

mehr als 8 Jahren

für die Dauer von 34 Monaten

Die individuelle Sicherungsfrist verlängert sich zusätzlich um die individuelle Kündigungsfrist des Arbeitnehmers.

§ 2 Sicherung des Entgeltes bei Änderung der Wochenarbeitszeit

(1)

Bei Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis sich infolge einer Maßnahme im Sinne von § 1 TV Ratio negativ verändert, kann das Arbeitsverhältnis zum Zwecke der Änderung der regelmäßigen Wochenarbeitszeit gekündigt werden.

(2)

Nach Wirksamwerden der Änderungskündigung wird das bisherige Jahreszielentgelt des Arbeitnehmers für folgende Zeiträume (S...

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