Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 27.06.1995; Aktenzeichen 22 Ca 8893/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 11.12.1997; Aktenzeichen 6 AZR 281/96)

 

Tenor

1.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des ArbG Dresden vom 27.06.1995 – 22 Ca 8893/94 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

  1. Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 01.01.1973 bis 02.10.1990 als Beschäftigungszeit i. S. des § 19 BAT-O anzuerkennen.
  2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.

Im übrigen wird die Berufung

zurückgewiesen.

3.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anrechnung der Zeit vom 01.01.1973 bis 31.12.1990 als Beschäftigungszeit i. S. des § 19 BAT-O.

Der am 19.05.1944 geborene Kläger, von Beruf Baustoffingenieur, steht aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 15.02.1991 (Bl. 13 d. A.) seit 01.04.1991 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten als „Kontrollingenieur 3 (Staatliche Bauaufsicht).” Mit Änderungsvertrag vom 08.09.1992 stellten die Parteien eine Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe II BAT-O – VKA fest (Bl. 15 d. A.).

Mit Verfügung vom 05.02.1993 (Bl. 16 d. A.) legte die Beklagte als Beginn der Beschäftigungszeit des Klägers i. S. des § 19 BAT-O den 01.04.1991 fest. Hiergegen erhob der Kläger – ohne Erfolg – „Widerspruch” mit Schreiben vom 03.03.1993 (Bl. 17 d. A.). Der Kläger war und ist der Ansicht, als Beschäftigungszeit i. S. des § 19 BAT-O müsse bereits die Zeit vom 01.01.1973 bis 31.12.1990 angerechnet werden.

Der Kläger war ab 01.01.1973 als „Prüfingenieur der Bauausführung” beim Ministerium für Bauwesen, Staatliche Bauaufsicht des Bezirks D. Abteilung Kraftwerksbau tätig. Der für diese Tätigkeit aufgestellte Rahmen-Funktionsplan legt folgende Aufgaben fest:

  • „Bauaufsichtliche Überwachung und Kontrolle der Bauausführung in den ihm zugeordneten Verantwortungsbereich auf der Grundlage der Ausführungsprojekte und der im Kontrollplan festgelegten Kriterien bei Beachtung aller bauwirtschaftlichen, baurechtlichen, bautechnischen und Sicherheitsbestimmungen;
  • Mitarbeit bei der Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts in der Bauausführung;
  • Registrierung und Komplettierung der Projektunterlagen und nach Fertigstellung des Vorhabens Übergabe der Projektunterlagen an die Staatliche Bauaufsicht des Kreises;
  • Einflußnahme auf ökonomischen Materialeinsatz und Kontrolle der Lagerwirtschaft;
  • Erteilung von bauaufsichtlichen Prüfbescheiden;
  • Auswertung der Prüfergebnisse und Einleitung von Folgemaßnahmen;
  • Mitwirkung bei der Aufstellung von Forschungs- und Entwicklungsthemen sowie Kontrolle der in den Kombinaten und Betrieben festgelegten Qualitätsziele;
  • Teilnahme an bestimmten Bauanlaufbesprechungen und Anleitung der bauausführenden Kader in Fragen der Qualitätssicherung;
  • Mitarbeit bei der Erarbeitung von Kontrollplänen;
  • Ständige politische und fachliche Qualifizierung;
  • Teilnahme an operativen Kontrollen;
  • Mitarbeit bei der Berichterstattung der Staatlichen Bauaufsicht;
  • Mitarbeit bei der Untersuchung von Schadensfällen bzw. eigenverantwortliche Untersuchung;
  • Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit anderen Kontrollorganen im zugeordneten Verantwortungsbereich.”

Die Aufgaben der Staatlichen Bauaufsicht ergaben sich im übrigen aus der Verordnung vom 30.07.1981 (Bl. 23 bis 33 d. A.).

Der Kläger war zum größten Teil im Stadtgebiet D. tätig. Vom 01.11.1979 bis 31.07.1980 war der Kläger auf der Baustelle „Moderner Schlachthof B.” zur Überprüfung von Bauleistungen (siehe Abschlußbeurteilung vom 22.07.1980, Bl. 74/75 d. A.) und vom November 1982 bis Mai 1983 in L. tätig.

Mit am 27.12.1994 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beschäftigungszeit vom 01.01.1973 bis 31.03.1991 sei gemäß der Übergangsvorschrift Nr. 2 c zu § 19 BAT-O anzuerkennen. Seit 1991 führe die Beklagte als untere Bauaufsichtsbehörde die gleichen Aufgaben durch wie die frühere Staatliche Bauaufsicht. Die Nichtanerkennung der Beschäftigungszeit bedeute für den Kläger zudem eine unbillige Härte.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 01.01.1973 bis 31.12.1990 als Beschäftigungszeit i. S. d. § 19 BAT-O anzuerkennen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat entgegnet, der Kläger sei freiwillig vom Regierungspräsidium D. zur Beklagten übergewechselt. Im übrigen habe die Beklagte Aufgabenbereiche der Staatlichen Bauaufsicht weder ganz noch überwiegend übernommen. Die Staatliche Bauaufsicht in den Bezirken sei mit der heutigen höheren Bauaufsichtsbehörde, nämlich dem Regierungspräsidium, vergleichbar. Es werde auch bestritten, daß das

Arbeitsverhältnis des Klägers ununterbrochen zum Ministerium für Bauwesen bestanden habe; denn Delegierungsverträge lägen nicht vor.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.06.1995 der Klage stattgegeben, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und den Streitwert auf 8.000,00 DM festgese...

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