Verfahrensgang

ArbG Zwickau (Urteil vom 02.02.1994; Aktenzeichen 9 Ca 2904/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.06.1995; Aktenzeichen 6 AZR 926/94)

 

Tenor

1.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Zwickau vom 02.02.1994 – 9 Ca 2904/93 – wird auf Kosten des Beklagten

zurückgewiesen.

2.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden, am 07.06.1993 erhobenen, dem Prozeßbevollmächtigten des Beklagten am 24.06.1993 zugestellten Klage die Zahlung einer Abfindung nach dem Tarifvertrag zur sozialen Absicherung vom 6. Juli 1992 in Höhe von 2.146,21 DM.

Der Kläger war vom 01.01.1987 bis 30.09.1992 beim Beklagten bzw. der Fachschule für Ökonomie P. beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Vorschriften des BAT-O Anwendung; die Monatsvergütung belief sich auf zuletzt 1.716,97 DM brutto. Am 30.06.1992 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag dahingehend, daß das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen am 30.09.1992 im gegenseitigen Einvernehmen endet. Der Kläger bezog laut Bescheid der BfA vom 14.09.1992 bis Dezember 1991 Versichertenrente, die ab Januar 1992 als Rente wegen Berufsunfähigkeit geleistet wird.

Nach § 2 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung vom 06.07.1992 erhält ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis gekündigt wird, weil er wegen mangelnden Bedarfs nicht mehr verwendbar ist, eine Abfindung; gleiches gilt, wenn ein Arbeitnehmer bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine derartige Kündigung auf Grund eines Auflösungsvertrages ausscheidet. Die Höhe der Abfindung bemißt sich nach § 2 Abs. 2 des vorgenannten Tarifvertrages.

§ 2 Abs. 6 u. 7 des Tarifvertrages lauten wie folgt:

„(6) Tritt der Arbeitnehmer in ein Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitgeber i. S. des § 29 Abschn. B Abs. 7 BAT/BAT-O ein und ist die Zahl der zwischen der Beendigung des alten und der Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses liegenden Kalendermonate geringer als die der Abfindung zugrunde liegende Anzahl von Bruchteilen der Monatsvergütung/des Monatslohnes (Abs. 2), verringert sich die Abfindung entsprechend. Überzahlte Beträge sind zurückzuzahlen.

(7) Abs. 6 gilt entsprechend, wenn innerhalb des gleichen Zeitraums ein Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung entsteht”.

Nach § 3 des Tarifvertrages trat dieser mit Wirkung vom 15. Juni 1992 in Kraft. Dem unbestrittenen Vortrag des Klägers zufolge wurde der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung erst im Februar 1993 von den Tarifvertragsparteien unterzeichnet.

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen, daß ihm der begehrte Abfindungsbetrag zustehe, weil er laut Aufhebungsvertrag wegen mangelnden Bedarfs aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten ausgeschieden sei. Daß der Kläger Berufsunfähigkeitsrente beziehe, ändere hieran nichts, denn die Auslegung von § 2 Abs. 6 u. 7 des Tarifvertrages ergebe, daß die Abfindung nur entfalle, wenn der Renntenanspruch erst nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis entstehe.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 2.146,21 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die Ansicht vertreten, daß dem Kläger gemäß § 2 Abs. 7 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung eine Abfindung nicht zustehe, weil er Berufsunfähigkeitsrente beziehe. Im übrigen sei der geltend gemachte Anspruch nach § 70 BAT-O entfallen, da der Anspruch unstreitig erstmals mit der Klage schriftlich geltend gemacht worden sei.

Das Arbeitsgericht Zwickau hat der Klage durch Urteil vom 02.02.1994 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung gegeben seien, da der Kläger auf Grund eines Auflösungsvertrages wegen mangelnden Bedarfs aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. § 2 Abs. 7 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung stehe dem nicht entgegen, da der Anspruch des Klägers auf Berufsunfähigkeitsrente nicht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden sei, sondern bereits zuvor. § 2 Abs. 7 des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung sei daher bereits auf Grund seines Wortlauts vorliegend nicht einschlägig, darüber hinaus habe der Kläger durch den Wegfall seines Arbeitseinkommens infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Nachteil erlitten, der durch seinen Rentenanspruch, der bereits zuvor bestanden habe, nicht ausgeglichen werde, weshalb es auch dem Sinn und Zweck des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung entspreche, dem Kläger den Abfindungsanspruch zuzuerkennen. Der Anspruch des Klägers sei auch nicht gemäß § 70 BAT-O verfallen. Die Geltung des BAT-O setze gemäß § 1 Abs. 1 BAT-O ein Bestehen des Arbeitsverhältnisses voraus.

Vorliegend sei das Arbeitsverhältnis jedoch zum 30.09.1992 beendet worden, der Anspruch auf Zahlung der Abfindung sei nach den Regelungen des Tarifvertrages zur sozialen Absicherung am 01.10.1992, mithin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstanden, zu einem Zeitpunkt al...

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