Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 20.06.1996; Aktenzeichen 9 Ca 8449/95) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 20.06.1996 – 9 Ca 8449/95 – teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 17.10.1995 aufgelöst worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als Professor in den Fachgebieten Wahrscheinlichkeitstheorie und Mathematische Statistik weiterzubeschäftigen.
Der Antrag des Beklagten das Arbeitsverhältnis aufzulösen wird zurückgewiesen.
2. Im übrigen wird die Berufung
zurückgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Rechtsstreits ist die außerordentliche, hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung des Beklagten vom 17.10.1995. Der Kläger begehrt außerdem, bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als Professor in seinem Fachgebiet Wahrscheinlichkeitstheorie, Mathematische Statistik oder in den Bereichen Stochastische Modelle, Zuverlässigkeitstheorie und Asymtotik weiterbeschäftigt zu werden. Schließlich streiten die Parteien über den vom Beklagten hilfsweise gestellten Antrag, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.
Der am 15.11.1941 geborene Kläger, der verheiratet und gegenüber zwei Kindern unterhaltspflichtig ist, begründete am 24.11.1969 an der Technischen Universität D. ein Arbeitsverhältnis als wissenschaftlicher Assistent. Ab 15.05.1970 wurde der Kläger als Oberassistent und ab 01.02.1972 als Hochschuldozent beschäftigt. Zum 01.09.1977 wurde der Kläger zum ordentlichen Professor für Wahrscheinlichkeitstheorie und Mathematische Statistik berufen. Die einzelnen Arbeitsbedingungen regelten die Parteien zuletzt mit dem Änderungsvertrag vom 02.09.1991 (Bl. 15 d. A.).
Mit Schreiben vom 17.10.1995 (Bl. 39 ff. d. A.) kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30.06.1996. Der Kläger erhielt das Kündigungsschreiben am 19.10.1995. Von September 1976 bis Februar 1979 war der Kläger stellvertretender Sektionsdirektor für Erziehung, Aus- und Weiterbildung an der Sektion Mathematik der TU D..
In dieser Funktion war der Kläger auch im Fall des besonders leistungsstarken Studenten H. für die Erteilung eines Sonderstudienplanes zuständig. Der Kläger führte mit dem Studenten H. hierüber Gespräche; ein schriftlicher Antrag auf Genehmigung eines Sonderstudienplanes wurde nicht gestellt. Am 09.02.1978 wurde der Student H. vom Direktor für Studienangelegenheiten vorgeladen. Eine Anwerbung durch das Ministerium für Staatssicherheit lehnte der Student ab. Mit Schreiben vom 10.02.1977 (Bl. 106 d. A.) genehmigte der Kläger den Antrag des Studenten H. auf vorzeitige Abschlußprüfung im Fach „Lineare Algebra und analytische Geometrie I/II”. Im Frühjahr 1979 wechselte der Student H. an die E.-M.-A.-Universität G..
Der ebenfalls sehr leistungsstarke Student U. N. studierte 1974 bis 1979 an der TU D., Sektion Mathematik. Wegen seiner religiösen Bindungen lehnte der Student eine Erklärung zu einer Verpflichtung als Reserveoffiziersanwärter (ROA) ab. Nach Abschluß des Studiums erhielt der Student N. keine Assistentenstelle.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis bereits mit Schreiben vom 02.03.1992 fristlos. Mit Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 09.03.1994 – 19 Ca 2406/92 – wurde festgestellt, daß die mit Schreiben des Beklagten vom 02.03.1992 erklärte Kündigung wegen fehlerhafter Beteiligung des Hauptpersonalrates unwirksam sei.
Mit Schreiben vom 09.12.1993 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut wegen mangelnden Bedarfs. Mit Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 07.04.1995 – 3 Sa 1363/94 – wurde rechtskräftig festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis auch durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
Während der genannten Kündigungsstreitigkeiten wurde der Kläger nicht beschäftigt. Mit den Schreiben vom 07.04.1995 (Bl. 45 d. A.) und vom 25.09.1995 (Bl. 46 d. A.) bat der Kläger um Mitteilung verschiedener für seine Weiterbeschäftigung bedeutsamer Umstände. Am 12.07.1995 nahm der Kläger seine Tätigkeit wieder auf.
Mit den Schreiben vom 15.07.1995 (Bl. 107 f. d. A.), 14.07.1995 (Bl. 109 d. A. f.), 19.07.1995 (Bl. 111 d. A.), 19.07.1995 (Bl. 112 d. A.), 19.07.1995 (Bl. 113 ff. d. A.) und vom 28.07.1995 (Bl. 116 f. d. A.), gerichtet an das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst bzw. den Staatsminister Prof. Dr. M., brachten mehrere Hochschullehrer der Fakultät ihre Empörung über die vom Kläger gerichtlich durchgesetzte Weiterbeschäftigung zum Ausdruck. Mit Schreiben vom 05.10.1996 (Bl. 118 d. A.) des Prodekans der Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften wurde mitgeteilt, daß die Fachkommission Mathematik am 04.10.1995 besc...