Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrentenzusage über den Durchführungsweg "Pensionskasse". Einstandspflicht des Arbeitgebers
Leitsatz (redaktionell)
1. Verpflichtet sich der Arbeitgeber arbeitsvertraglich gegenüber dem Arbeitnehmer, ihn bei einer Pensionskasse anzumelden und bestimmte Beträge an diese abzuführen, liegt eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung vor. Mit dieser Zusage soll der Arbeitnehmer gegen die Pensionskasse Versorgungsansprüche erwerben.
2. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG hat der Arbeitgeber für die Erfüllung der von ihm zugesagten Leistungen auch dann einzustehen, wenn die Durchführung der betrieblichen Altersversorgung nicht unmittelbar durch ihn, sondern über eine Pensionskasse erfolgt. Der Arbeitnehmer hat, wenn die Pensionskasse nicht leistet oder weniger leistet als nach ihrer Satzung vorgesehen, einen verschuldensunabhängigen Verschaffungs- und Erfüllungsanspruch gegen den Arbeitgeber auf die von ihm zugesagten Altersversorgungsleistungen.
Normenkette
BetrAVG § 1 Abs. 1 Sätze 1, 3; BGB §§ 133, 157; BetrAVG § 1 Abs. 2 Nr. 1, § 1b Abs. 3; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; BGB § 241 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Entscheidung vom 19.08.2020; Aktenzeichen 8 Ca 537/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 19.08.2020, Az.: 8 Ca 537/20 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert für das Verfahren wird auf 4.852,42 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger für eine von der Pensionskasse der Caritas VVaG (im Weiteren: PKC) beschlossene Leistungskürzung der Rente ab 01.01.2020 einzustehen hat.
Der im Februar 1953 geborene Kläger war vom 01.08.2006 bis zum 30.04.2016 bei der Beklagten als Gruppenleiter einer Behinderteneinrichtung beschäftigt. Grundlage des zwischen den Parteien bestandenen Arbeitsverhältnisses war eine am 01.08.2006 geschlossene "Vereinbarung über ein befristetes Dienstverhältnis" (Blatt 5 der Akte), ein am 31.07.2006 geschlossener "Dienstvertrag" (Blatt 6 der Akte) sowie am 20.07.2007, 17.09.2007 und 18.06.2008 vereinbarte Änderungsverträge (Blatt 7/8 der Akte). In dem Dienstvertrag vom 31.07.2006 wurde u.a. folgende Regelung getroffen:
"...
§ 2
Für das Dienstverhältnis gelten die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung. Dem Mitarbeiter ist Gelegenheit zur Einsichtnahme in die AVR gegeben.
...
§ 5
Die Zusatzversorgung des Mitarbeiters regelt sich nach Anlage 8 zu den AVR...."
Die Beklagte meldete den Kläger ab August 2006 bei der PKC an und zahlte für den Kläger während seiner Beschäftigungszeit bei der Beklagten einen monatlichen Betrag an die PKC. In dem Anmeldeformular vom 10.08.2006 (Blatt 72 der Akte) heißt es u.a.:
"...
Hiermit melden wir den vorgenannten Mitarbeiter zur Pflichtversicherung bei der SELBSTHILFE auf Grundlage der Versorgungsordnung B an.
..."
Mit Schreiben von Mai 2015 wurde dem Kläger durch die PKC eine "Jahresbescheinigung 2014" (Blatt 14/15 der Akte) übersandt, aus der u.a. eine "Altersrente (versichert)" von monatlich 20,47 € ersichtlich ist. Die PKC teilte dem Kläger mit Schreiben vom 21.05.2015 (Blatt 16 der Akte) u.a. mit:
"...
Gemäß Ihrer heutigen Mitteilung beabsichtigten Sie, die Rente zum 01.05.2016 abzurufen. Ihr Rentenanspruch zu diesem Zeitpunkt wird sich auf ca. € 23,25 belaufen. Da die Rente von geringer Höhe ist, werden wir Ihren Anspruch zu diesem Zeitpunkt mit einer einmaligen Zahlung in Höhe von ca. € 4.852,42 abfinden.
Den vorgenannten Betrag werden wir zum o.g. Datum überweisen, sofern uns nachfolgend aufgeführte Unterlagen/Angaben eingereicht werden (s. Anlage) und uns die Beitragszahlungen Ihres Arbeitgebers bis einschl. 30.04.2016 vorliegen.
Mit Auszahlung der Abfindungssumme sind sämtliche Ansprüche gegenüber der SELBSTHILFE Pensionskasse abgegolten.
..."
Der Kläger entschied sich gegen die Auszahlung der Abfindung.
Die Mitgliedervertreterversammlung der PKC beschloss am 15.05.2019 eine Herabsetzung der Versicherungsleistungen. Mit einem Schreiben von September 2019 (Blatt 17/18 der Akte) wurde dem Kläger durch die PKC u.a. Folgendes mitgeteilt:
"...
die Pensionskasse der Caritas muss saniert werden, weil zum 31.12.2017 die Verpflichtungen der Kasse das vorhandene Vermögen übersteigen. Die Sanierung ist in § 19 Nr. 5 der Satzung geregelt und sieht unter anderem vor, dass Versicherungsleistungen herabgesetzt werden können. Die Mitgliedervertreterversammlung hat am 15.05.2019 über die Maßstäbe der Herabsetzung entschieden.
..."
Dem Kläger wurde gleichzeitig durch die PKC eine "Renteninformation 2017" mit Schreiben von September 2019 (Blatt 19 der Akte) übersandt, aus der ersichtlich ist, dass der Kläger ab dem 01.01.2020 eine Altersrente von monatlich 15,99 EU...