Entscheidungsstichwort (Thema)

Bezugnahmeklausel. Auslegung. Betriebsübergang

 

Leitsatz (amtlich)

Eine dynamische Bezugnahme auf einen Tarifvertrag verpflichtet auch den tarifungebundenen Betriebserwerber.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 1 S. 2, § 613a Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 25.04.2007; Aktenzeichen 4 Ca 4032/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.09.2009; Aktenzeichen 4 AZR 331/08)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 25.04.2007 – 4 Ca 4032/07 – wird auf Kosten der Beklagten mit der ändernden Maßgabe

z u r ü c k g e w i e s e n,

dass von den im Ersten Rechtszug von der Beklagten zu tragenden Kosten ausgenommen sind diejenigen, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Arbeitsgerichts Dresden entstanden sind. Diese trägt der Kläger.

Revision ist für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf die nach einem Betriebsübergang vereinbarten Erhöhungen des tariflichen Arbeitsentgelts.

Der Kläger stand sei 01.10.2003 als Fernmeldemonteur in einem Arbeitsverhältnis

mit der … & … GmbH.

In dem unter dem 18.09.2003 unterzeichneten Arbeitsvertrag war u. a. Folgendes

abgemacht:

„Für Ihr Arbeitsverhältnis gelten die tariflichen Bestimmungen für die gewerblichen Arbeitnehmer der Metallindustrie in Nordwürttemberg und Nordbaden sowie die betrieblichen Regelungen in ihren jeweils gültigen Fassungen.

Zusätzlich finden auf Ihr Arbeitsverhältnis die Regelungen des Ergänzungstarifvertrages in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.

Entsprechend den tariflichen Vorschriften werden Sie in Lohngruppe 9 eingruppiert.

Ihr am letzten Werktag eines jeden Kalendermonats fälliger Bruttolohn in Höhe von 2.310,17 EUR teilt sich wie folgt auf:

Monatsgrundlohn/Lohngruppe L 9

EUR 2.044,40 EUR

Montagezulage

EUR 265,77 EUR

Verdienstausgleich

EUR 0,00 EUR

…”

Am 01.02.2006 ist dieses Arbeitsverhältnis aufgrund Betriebsinhaberwechsels auf die Beklagte übergegangen, die im Gegensatz zur vorherigen Betriebsinhaberin nicht tarifgebunden ist.

Die Beklagte zahlte an den Kläger bis zum 31.03.2007, dem Tag, an dem das Arbeitsverhältnis der Parteien endete, unverändert ein Grundgehalt in Höhe von 2.116,75 EUR, eine 5%ige Leistungszulage, eine weitere 10%ige Leistungszulage „Kennzeichenvergleich” sowie einen 13%igen Monatszuschlag, jeweils bezogen auf das Grundgehalt.

Eine Erhöhung des Entgelts entsprechend dem Tarifvertrag über Entgelte und Ausbildungsvergütungen für Beschäftigte und Auszubildende in der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 25.04.2006, gültig ab 01.03.2006, nahm die Beklagte nicht vor.

Nach § 2 des genannten Tarifvertrages erhöhten sich die Entgelte mit Wirkung ab 01.06.2006 um 3 %. Rechnerisch unstreitig ergibt sich zu der dem Kläger monatlich gezahlten Vergütung daraus eine Differenz von 81,27 EUR brutto. Außerdem ist für die Monate März, April und Mai 2006 ein Erhöhungsbetrag von insgesamt 310,00 EUR brutto zu zahlen, der mit der Abrechnung für den Monat Mai 2006 auszuzahlen gewesen wäre.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsvertrag enthalte eine dynamische Verweisung auf die darin genannten Tarifverträge. Aufgrund des Betriebsinhaberwechsels sei nunmehr die Beklagte an diese vertragliche Abmachung gebunden.

Mit der Klage hat der Kläger die Entgeltdifferenzen für den Zeitraum von Juni 2006 bis März 2007 (also 10 × 81,27 EUR brutto, mithin 812,70 EUR brutto) sowie den Erhöhungsbetrag (mithin 30,00 EUR brutto), insgesamt mithin 1.122,70 EUR brutto verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.122,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 878,80 EUR brutto seit 18.01.2007 (Zustellung der Klageschrift) und aus 243,81 EUR brutto seit 26.03.2007 (Zustellung eines die Klage erweiternden Schriftsatzes) zu bezahlen.

Die Beklagte hat

Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, als tarifungebundene Arbeitsvertragspartei aus Gründen des Europarechts und aus Gründen des deutschen Verfassungsrechts die streitgegenständlichen Vergütungserhöhungen nicht zu schulden. Sie macht geltend, anderenfalls unzulässigerweise in ihrer negativen Koalitionsfreiheit beeinträchtigt zu werden.

Nach Verweisung des Rechtsstreits durch das vom Kläger zunächst angegangene Arbeitsgericht Dresden an das Arbeitsgericht Bautzen hat dieses die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.122,70 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem (der Sache nach) jeweiligen Basiszinssatz aus 878,89 EUR brutto seit dem 18.01.2007, aus 162,54 EUR brutto seit dem 27.03.2007 und aus 81,27 EUR brutto seit dem 01.04.2007 zu bezahlen. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht wegen einer geringfügigen Zuvielforderung im Zinsbereich abgewiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.05.2007 zugestellte Urteil am 11.06.2007 Berufung eingelegt und diese am 11.07.2007 ausgeführt.

Sie macht unter Beweisantritt geltend, dass Hintergrund für die in...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge