Verfahrensgang

ArbG Bautzen (Urteil vom 12.08.1992; Aktenzeichen IV Ca 3963/91)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.05.1995; Aktenzeichen 8 AZR 424/93)

 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 12.08.1992 – IV Ca 3963/91 – wird abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung und die Verpflichtung des Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der am 14.12.1943 geborene, verheiratete und für ein Kind unterhaltspflichtige Kläger erwarb 1968 einen Abschluß als Diplomsportlehrer für den Volkssport an der D. H. K. in L. Anschließend war er bis 1980 als Kreissportlehrer, von 1980 bis 1982 als Hauptkreissportlehrer und von 1982 bis 1990 als stellvertretender Vorsitzender für Kinder- und Jugendsport im Deutschen Turn- und Sportbund (DTSB) – Kreisvorstand G. – tätig. Durch Überleitungsvertrag vom 21.06.1990 (Bl. 4 d.A.) wurde er ab 01.08.1990 als Lehrer in den Schuldienst übernommen und erteilte seitdem an der J. W. O. in G. Sportunterricht in den Klassen 5 bis 11. Der Kläger hatte die Trainerlizenz der Stufe C und war Mitglied der SED.

Mit Schreiben vom 09.12.1991 hat der Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.1992 wegen mangelnder persönlicher Eignung des Klägers im Sinne der Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Ziff. 1 Abs. 4 Nr. 1 des Einigungsvertrages gekündigt. Wegen des genauen Inhalts des Schreibens wird auf Bl. 3 d.A. verwiesen.

Mit seiner am 20.12.1991 beim Kreisgericht Görlitz eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen diese Kündigung gewandt und die Auffassung vertreten, allein aus seinen früheren Tätigkeiten beim DTSB könne nicht auf seine mangelnde persönliche oder gar fachliche Eignung für den Lehrerberuf geschlossen werden. Auch sei die Kündigung nicht fristgerecht erfolgt.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch Kündigung der Beklagten vom 31.03.1992 nicht beendet wird, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht,

ferner für den Fall des Obsiegens im Feststellungsantrag,

die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat geltend gemacht, die ursprünglich vorhandene Qualifikation des Klägers sei durch seine über 20jährige Tätigkeit als hauptamtlicher Mitarbeiter im DTSB entwertet, der Kläger für eine Tätigkeit als Lehrer an allgemeinbildenden Schulen also nicht mehr geeignet. Auch sei der Leistungssport in der DDR ein Politikum und Aushängeschild des Regimes gewesen, die Auswahl zu fördernder Kinder und Jugendlicher sei gerade auch unter dem Gesichtspunkt der politischen Zuverlässigkeit des Elternhauses und fehlender Westkontakte vorgenommen worden. In höheren Funktionen des Sportwesens tätige Personen hätten somit darauf zu achten gehabt, daß der Einfluß der SED im Sportbereich sichergestellt war. Als stellvertretender Vorsitzender für Kinder- und Jugendsport im DTSB habe der Kläger insoweit eng mit dem 2. Sekretär der SED-Kreisleitung zusammenarbeiten müssen und sei diesem gegenüber rechenschaftspflichtig gewesen. Die allein maßgebliche Kündigungsfrist des AGB sei eingehalten. An der Beteiligung der Personalvertretung könne die Wirksamkeit der Kündigung schon deshalb nicht scheitern, weil im Kündigungszeitpunkt keine Stufenvertretung bestanden habe.

Das Erstgericht hat durch Urteil vom 12.08.1992 – IV Ca 3963/91 – der Klage stattgegeben, dem Beklagten die Kosten auferlegt und den Streitwert auf DM 8.300,00 festgesetzt. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe dieser Entscheidung (Bl. 48 bis 55 d.A.) wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 12.08.1992 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.09.1992, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Chemnitz am Montag, dem 14.09.1992, Berufung eingelegt. Diese hat er mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.10.1992, eingegangen beim Landesarbeitsgericht Chemnitz am 14.10.1992, begründet.

Der Beklagte bekräftigt sein Vorbringen im ersten Rechtszug und vertritt die Auffassung, aus dem beruflichen Werdegang des Klägers ergebe sich entgegen der Ansicht des Erstgerichts die fehlende fachliche und persönliche Eignung des Klägers für den Lehrerberuf.

Er beantragt:

  1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen, Außenkammer Görlitz, vom 12.08.1992 – Az.: IV Ca 3963/91 – wird abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen – Außenkammer Görlitz – vom 12.08.1992 (IV Ca 3963/91) kostenpflichtig zurückzuweisen.

Auch er wiederholt weitgehend sein erstinstanzliches Vorbringen und weist darauf hin, er habe die Übernahme in den Schuldienst schon vor der Wende beantragt. Der Kläger trägt ferner vor, bis 1980 habe er neben seinen Aufgaben als Übungsleiter im Trainingszentrum „Geräteturnen” und der fachlichen und org...

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