Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf. Datenschutzbeauftragter

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Bestellung zum behördlichen Datenschutzbeauftragten und der Widerruf derselben bedürfen zu ihrer Wirksamkeit i.d.R. der arbeitsrechtlichen Umsetzung.

2. Je nach arbeitsvertraglicher Vereinbarung kommt eine Umsetzung der Maßnahme per Direktionsrecht, per Änderungsvertrag oder Änderungskündigung in Betracht.

 

Normenkette

BDSG 1990 § 4f; DSG SN § 11; BGB § 611

 

Verfahrensgang

ArbG Dresden (Urteil vom 29.10.2003; Aktenzeichen 13 Ca 5525/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 29.10.2003 – 13 Ca 5525/02 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Gegenstand des Rechtsstreits ist im Wesentlichen die Frage, ob die Beklagte berechtigt war, dem Kläger die Aufgabe eines behördlichen Datenschutzbeauftragten zu entziehen.

Der 1958 geborene Kläger ist Diplomingenieur und Verwaltungsfachwirt. Er steht aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 22.11.1991 (Bl. 5 d. A.) seit 01.01.1992 in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten als „vollbeschäftigter Angestellter” in Vergütungsgruppe IV a BAT-O.

Derzeit bekleidet der Kläger die Funktion des Leiters der Projektgruppe „Abwasserbeiträge” und des stellvertretenden Amtsleiters der Bauverwaltung. In diesen Funktionen betreut der Kläger auch die EDV im Bereich der Bauverwaltung und ist zuständig für die Erstellung und Betreuung des geografischen Informationssystems GIS.

Mit Schreiben des Oberbürgermeisters der Beklagten vom 01.06.1994 (Bl. 6/7 d. A.) wurde der Kläger zum behördeninternen Datenschutzbeauftragten „ernannt”; ihm wurde eine monatliche Stellenzulage in Höhe von DM 100,00 brutto zuerkannt. Die Aufgaben des behördlichen Datenschutzbeauftragten bei der Beklagten ergeben sich aus der Anlage zum Schreiben vom 01.06.1994 (Bl. 7 d. A.). Sie bestehen insbesondere in der Kontrolle der Einhaltung des Sächsischen Datenschutzgesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz; Verstöße und Mängel hat der Datenschutzbeauftragte festzustellen und zu beanstanden sowie die Mängelbeseitigung in einer angemessenen Frist zu fordern. Er untersteht unmittelbar dem Oberbürgermeister und erstattet diesem jährlich einen Tätigkeitsbericht.

Der vom Kläger zu betreuende GIS-Bereich befasst sich u. a. mit dem Anlegen, dem Aufbau und der Entwicklung von Datenbanken betreffend die Gebäude im Gebiet der Beklagten. Über einen Schlüssel lassen sich alle statistischen Gebiete im digitalen Stadtkartenwerk ansprechen und mit beliebigen Sachdaten verbinden. Die Beklagte ist in verschiedene Stadtentwicklungsprogramme aufgenommen, so in den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und in das Programm Stadtumbau Ost. Darüber hinaus erstellt die Beklagte ein integriertes Stadtentwicklungskonzept. Die Programme werden gefördert durch die EU, durch den Bund und durch das Land. Schwerpunkt der Stadtentwicklungskonzeption ist die Förderung städtischer Problemgebiete. Erstmals zum 31.12.2001 erging an die Beklagte die Aufforderung, entsprechende Indikatorentabellen für Problemgebiete, die durch das … erarbeitet worden waren, auszufüllen. Auf Bitte des Klägers stellte der Landkreis … digitalisierte Daten der Sozialhilfeempfänger ohne Namensnennung zur Verfügung.

Der Kläger verteilte diese Daten auf die statistischen Bezirke. Die gebäudebezogenen Daten blieben im GIS-Bereich erhalten. Am 27.02.2002 hatte der Kläger diesbezüglich ein Datei- und Geräteverzeichnis erstellt. Bei der Beklagten fehlte bisher eine Statistiksatzung und eine entsprechende Statistikstelle. Der Kläger hatte dies in seinen jährlichen Datenschutzberichten kritisiert. Im Februar 2002 legte der Kläger den Entwurf einer Dienstanweisung „Datenmanagement in der Stadtverwaltung” vor. In dieser waren dem GIS-Bereich wesentliche Aufgaben im Bereich des Datenmanagements zugemessen.

Der Oberbürgermeister der Beklagten „widerrief” mit Schreiben vom 27.03.2002 die Ernennung des Klägers zum Datenschutzbeauftragten zum 31.03.2002 und teilte mit, dass „somit” die damit verbundene Stellenzulage von Euro 51,13 entfalle. Nachfolger sei Herr …, dem ab 01.04.2002 die Aufgabe übertragen werde (siehe Bl. 8 d. A.). Mit Schreiben vom 19.04.2002 gab der Oberbürgermeister auf Bitte des Klägers zur Begründung an, der Kläger setze seine Fähigkeiten „immer mehr zur Schaffung eines persönlichen Datenmonopols” ein; damit läge seinen Aussagen als Datenschutzbeauftragter nicht mehr die erforderliche Objektivität zugrunde.

Gegen diese Maßnahmen wendet sich der Kläger mit am 13.09.2002 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage. Er hat die Auffassung vertreten, der Widerruf sei unwirksam, es bestünde ein arbeitsvertraglicher Anspruch, dieser sei nur unter den Voraussetzungen des § 626 BGB zu widerrufen. Die Beschaffung und Verarbeitung der Daten durch den Kläger seien ausschließlich dienstlich veranlasst gewesen. Es sei mit der Funktion des Datenschutzbeauftragten vereinbar, dass der Kläger m...

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