Verfahrensgang
ArbG Dresden (Urteil vom 22.09.1994; Aktenzeichen 1 Ca 3017/93) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dresden vom 22.09.1994 – 1 Ca 3017/93 – abgeändert:
- Es wird festgestellt, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 29.03.1993 aufgelöst worden ist.
- Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als Lehrkraft weiterzubeschäftigen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung des Beklagten vom 29.03.1993. Die Klägerin begehrt außerdem, bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis auf den Gebieten Biotechnologie, Mikrobiologie, Ökologie und Verfahrenstechnik weiterbeschäftigt zu werden.
Die 1954 geborene Klägerin ist seit 01.01.1987 beim Beklagten bzw. dessen Rechtsvorgänger beschäftigt, zuletzt als Lehrkraft für Biotechnologie, Biochemie und Technologie an der Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie D. Die Arbeitsbedingungen regelten die Parteien zuletzt mit dem Änderungsvertrag vom 29.04.1992 (Bl. 5 d.A.).
Im August 1992 wurde auf dem Gelände der Ingenieurschule ein berufliches Schulzentrum unter der Verwaltung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus gegründet. Teile der Ausbildung und der Einrichtung wurden in das Berufsschulzentrum eingegliedert worden.
Die Klägerin unterrichtete seit September 1992 auch am Berufsschulzentrum. Die Tätigkeit erfolgte auf der Grundlage einer Abordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst.
Mit Schreiben vom 29.03.1993 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.1993. Die Klägerin erhielt das Kündigungsschreiben am 30.03.1993.
Gemäß dem Erlaß des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 23.09.1992 verloren die Ingenieurschulen und die Betriebswirtschaftlichen Fachschulen, zu denen auch die Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie D. gehört, mit dem 31.12.1992 ihren bisherigen Status. Auf die einzelnen Regelungen des Erlasses wird Bezug genommen (Bl. 37 ff. d.A.).
An der Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie Dippoldiswalde befanden sich bis 30.06.1993 noch 48 Studenten, die seit 15.02.1993 ein Ingenieurpraktikum zu absolvieren hatten. Die Klägerin unterrichtete an der Ingenieurschule bis einschließlich des 2. Studienhalbjahres 1992/93, allerdings auch im Berufsschulzentrum.
Dem Beklagten, vertreten durch das Sächsische Staatsministeriums für Kultus, oblag die oberste Aufsicht sowie die Personalhoheit hinsichtlich der neu eingerichteten Berufszentren. Die hierfür zu besetzenden Stellen wurden im Oktober 1992 ausgeschrieben.
Bei der Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie D. war ein Personalrat gebildet.
Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, daß ein Kündigungsgrund nicht gegeben sei und die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates bestritten werde. Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses im Verwaltungsbereich des Kultusministeriums sei ihr, der Klägerin, Ende Juni 1993 anläßlich eines Besuches zum Tag der offenen Tür ausdrücklich von Herrn H. vom Oberschulamt D. zugesichert worden. Seit September 1992 habe sie ohnehin zum weitaus größeren Teil im Berufsschulzentrum gearbeitet. Der Hinweis auf eine fachliche pädagogische Qualifikation sei entbehrlich, da der Beklagte mehrere Mitarbeiter ohne pädagogischen Abschluß im Berufsschulzentrum übernommen habe und beschäftige. Außerdem sei der Hochschulabschluß der Klägerin zum graduierten Diplomingenieur im Januar 1993 anerkannt worden.
Die Klägerin hat erstinstanzlich folgende Klaganträge gestellt:
- Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung des Beklagten vom 29.03.1993 aufgelöst worden ist.
- Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis in den Gebieten Biotechnologie, Mikrobiologie, Ökologie und Verfahrenstechnik bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsrechtsstreites weiterzubeschäftigen.
- Hilfsweise wird festgestellt, daß zwischen den Parteien seit dem 01.07.1993 ein Arbeitsverhältnis als Lehrkraft am beruflichen Schulzentrum D. besteht.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgetragen, daß Grund der Kündigung ein mangelnder Bedarf im Zusammenhang mit wesentlichen Organisationsänderungen sei. Die bisherige Beschäftigungsstelle der Klägerin sei aufgelöst worden. Auf der Grundlage des Erlasses des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 23.09.1992 sei die Ausbildung der Studenten an der Ingenieurschule für Lebensmittelindustrie D. noch bis 30.06.1992 fortgeführt und dann beendet worden. Die Bewerbung der Klägerin um eine Stelle am neugegründeten beruflichen Schulzentrum sei erfolglos geb...