Orientierungssatz

Gesetzliche - hier titulierte - Unterhaltsansprüche minderjähriger Kinder sind bei der Anrechnung des Einkommens der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehegatten einkommensmindernd zu berücksichtigen, auch wenn der Gesetzgeber diese nicht ausdrücklich in die Aufzählung der vom Einkommen abzusetzenden Posten aufgenommen hat.

 

Tatbestand

Die Kläger, Antragsteller und Beschwerdegegner (Bg.) begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Beklagten, Antragsgegners und Beschwerdeführers (Bf.), ihnen in Bedarfsgemeinschaft vorläufig weitere 499,00 € monatlich als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen.

Die Bg. sind seit ...2002 verheiratet.

Die Bg. zu 1) bezog bis 07.02.2005 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von wöchentlich 157,99 €.

Der Bg. zu 2) arbeitet seit dem 01.09.1991 bei der Stadt D und verdient monatlich 1.809,96 € brutto, das Nettoarbeitsentgelt beträgt 1.215,87 €.

Der Bg. zu 2) hat zwei minderjährige Kinder, S L, geboren ... 1995 und R R, geboren ... 1989.

Am 06.11.2003 verpflichtete sich der Bg. zu 2) gegenüber dem Landratsamt D – Jugendamt –, ab 01.09.2003 für sein Kind R R monatlich 276,00 € Unterhalt zu zahlen.

Am 14.04.2005 verpflichtete sich der Bg. zu 2) gegenüber dem Landratsamt D – Jugendamt – für seinen Sohn S L ab 01.12.2004 monatlich 223,00 € Unterhalt zu zahlen.

Am 12.01.2005 beantragte die Bg. zu 1) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Zum Haushalt der Bg. gehört auch noch der Sohn der Bg. zu 1) S G, geboren ... 1999.

Mit Bescheid vom 15.02.2005 lehnte der Bf. die Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) ab, da die Summe der Nettoeinnahmen der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1.917,08 € den Gesamtbedarf in Höhe von 1.191,17 € übersteige.

Dabei wurde für die Bg. jeweils ein Gesamtbedarf von 430,05 € bzw. 430,06 € angesetzt (Regelbedarf jeweils 298,00 €, Unterkunftsbedarf 132,05 € bzw. 132,06 €) für S G wurde von einem Regelsatz in Höhe von 199,00 € und einem Unterkunftsbedarf von 132,06 € ausgegangen.

Mit Bescheid ebenfalls vom 15.02.2005 bewilligte der Bf. den Bg Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.03.2005 bis 31.07.2005 in Höhe von monatlich 311,00 €.

Dabei berücksichtigte er, dass die Bg. zu 1) ab 01.03.2005 kein Alg mehr erhält und setzte als monatliches Einkommen der Bedarfsgemeinschaft nunmehr insgesamt 1.260,58 € an:

G, M 1.809,96 €

Steuer- und Sozialversicherungsbeiträge (-)

- 594,09 €

Pauschale für Erwerbstätigkeit (-)

- 45,33 €

Freibetrag gemäß § 30 SGB II (-)

- 194,01 €

Aufwendung Kfz-, Haftpflichtvers. (-)

- 40,95 €

G, S

Kindergeld

154,00 €

Unterhaltsbeiträge

171,00 €.

Am 17.02.2005 legten die Bg. Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.02.2005 ein, da der titulierte Unterhalt nicht abgesetzt worden sei und Bewilligungsbeginn der 08.02.2005 sein müsste.

Mit Bescheid vom 19.04.2005 wies der Bf. den Widerspruch ohne Begründung zurück.

Am 21.04.2005 haben die Bg. Klage beim Sozialgericht Leipzig erhoben.

Gleichzeitig haben sie beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung den Bf. anzuweisen, ihnen in Bedarfsgemeinschaft mit Wirkung ab 01.03.2005 vorläufig weitere 499,00 € monatlich als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß §§ 7 f. SGB II i.V.m. § 19 SGB II bis längstens 31.07.2005 zu gewähren.

Obwohl der Bg. zu 2) zwei Kindern unterhaltspflichtig sei und diese Unterhaltspflicht auch erfülle, finde dies in der Entscheidung des Bf. keine Berücksichtigung. Bei den beiden weiteren Kindern handele es sich um die Tochter R R, geboren ... 1989, welcher der Bg. 2) monatlich 276,00 € Kindesunterhalt zahle sowie um den Sohn S, geboren ... 1995, dem der Bg. 2) monatlich 223,00 € Kindesunterhalt zahle. Nach dem Sinn der Anrechnungsvorschriften könne nur Einkommen angerechnet werden, welches tatsächlich zur Verfügung stehe. Da der Bg. zu 2) von seinem Einkommen titulierte Unterhaltsansprüche laufend befriedige, stehe sein Einkommen insoweit nicht zur Verfügung und könne der Bedarfsgemeinschaft nicht als Eigeneinkommen angerechnet werden.

Sie könnten eine endgültige Entscheidung des Gerichts im Hauptsacheverfahren nicht abwarten, da der Bg. zu 2) seine Unterhaltszahlungen an die beiden minderjährigen Kinder einstellen müsste, damit die Kläger mit dem in ihrem Haushalt lebenden minderjährigen Kind S G "über die Runden kommen" würden.

Der Bf. hat beantragt, den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.

In dem zu berücksichtigenden Einkommen seien die vom Bg. zu 2) zu zahlenden titulierten Unterhaltsansprüche nicht zu berücksichtigen. Hierbei handele es sich um eine bürgerlichrechtliche Unterhaltsverpflichtung. Dieser habe sich in öffentlicher Urkunde zur Zahlung eines Unterhaltsbetrages in Höhe von 223,00 € verpflichtet. Er habe, nachdem sich seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht verbessert hätten, keinen Antrag auf Abänderung der Unterhaltsurkunde gestellt. Da der Antragsteller hinsichtlich seiner Unterhaltsverpf...

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