Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beschwerdewert eines Verfahrens auf Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs 2 S 1 SGG beendeten Verfahrens. Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße Betreibensaufforderung
Leitsatz (amtlich)
Bei Verfahren, die zunächst auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs 2 S 1 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Streitgegenstand des beendeten Verfahrens.
Orientierungssatz
Eine formell ordnungsgemäße Betreibensaufforderung muss nicht nur vom zuständigen Richter verfügt und unterschrieben sein, sondern auch die gem § 63 Abs 1 S 1 SGG zuzustellende Ausfertigung/beglaubigte Abschrift muss durch Wiedergabe des vollen Namens des Richters erkennen lassen, dass die Betreibensaufforderung von ihm stammt (vgl BSG vom 1.7.2010 - B 13 R 58/09 R = BSGE 106, 254 = SozR 4-1500 § 102 Nr 1).
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 21. Juli 2009 wird verworfen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Kläger) Kosten für die Wahrnehmung des Umgangs mit seinem Kind bei der Berechnung von Leistungen nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu berücksichtigen sind, und ob das Sozialgericht die erstinstanzlichen Klageverfahren hierzu zu Recht nicht fortgesetzt hat.
Der Kläger bezog von der Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von 01.04.2007 bis 30.06.2007 in Höhe von 504,58 EUR und vom 01.07.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von 506,58 EUR. Gegen die Berechnung dieser Leistungen im Bescheid vom 15.03.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 02.06.2007 hatte der Kläger Widerspruch eingelegt, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2007 (W 1994/07) zurückwies. Der Kläger führte weitere Widerspruchsverfahren u.a. wegen Bewerbungskosten und Aufhebungs- bzw. Rückforderungsbescheiden.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 20.12.2007 (W 1994/07) hat der Kläger am 24.01.2008 Klage beim Sozialgericht Dresden erhoben (Az. S 32 AS 679/08). Der Kläger hat weitere Klageverfahren beim Sozialgericht Dresden geführt.
Nachdem trotz gerichtlicher Aufforderung, die Klage zu begründen, keine Reaktion des Klägers erfolgt ist, hat der Vorsitzende am 09.04.2008 den Erlass einer Betreibensaufforderung nach § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verfügt. Das entsprechende Schreiben an den Kläger vom 10.04.2008 erging "Auf richterliche Anordnung" und wurde von der Justizangestellten unterzeichnet. Auf das laut Postzustellungsurkunde am 12.04.2008 zugestellte Schreiben hat der Kläger am 14.04.2008 mitgeteilt, er verstehe das Schreiben nicht; er habe den angefochtenen Verwaltungsakt nebst Begründung mehrfach zugesandt. Daraufhin hat das Gericht nochmals um Begründung bezogen auf den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 20.12.2007 (W 1994/07) gebeten; es sei im vorliegenden Verfahren keine Rückzahlung sondern die Leistungshöhe streitig. Die Beklagte hat geltend gemacht, die Klage sei bereits unzulässig, weil verfristet. Daraufhin hat das Gericht um Stellungnahme und Vorlage des Änderungsbescheides vom 02.06.2007 gebeten und mehrfach an die Erledigung erinnert.
Eine weitere "Auf richterliche Anordnung" und von der Justizangestellten unterschriebene Betreibensaufforderung ist am 01.10.2008 per Einschreiben mit Rückschein ergangen. Nachdem dieses Schreiben zur Gerichtsakte zurückgelangt war, hat der Vorsitzende in insgesamt fünf Verfahren des Klägers verfügt, erneut eine Betreibensaufforderung zu fertigen und per Postzustellungsurkunde zuzustellen. Diese sind am 27.10.2008 wiederum "Auf richterliche Anordnung" ergangen. Mit Schreiben vom 28.10.2008 hat der Kläger im vorliegenden Verfahren mitgeteilt, dass er das Verfahren weiter betreiben wolle und weitere Informationen bis zum 02.12.2008 in Aussicht stellt. Am 13.01.2009 ist durch das Gericht "Auf richterliche Anordnung" mitgeteilt worden, dass das Schreiben vom 28.10.2008 der Betreibensaufforderung nicht genüge und dass die Klage als zurückgenommen gelte, wenn der Betreibensaufforderung nicht bis zum 28.01.2009 Genüge getan sei.
Mit am 02.02.2009 beim Sozialgericht eingegangenem Schreiben hat der Kläger u.a. mitgeteilt, dass nach dem BGB das Kind das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil habe und jeder Elternteil zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet und berechtigt sei. Die Wahrnehmung des Umgangs mit seinem Kind verursache Kosten, diese seien im Bewilligungsbescheid nicht berücksichtigt. Es ergehe daher der Antrag, den Bescheid entsprechend abzuändern.
Am 04.02.2009 hat der Vorsitzende im Verfahren S 32 AS 679/08 die "Schlussbehandlung Klagerücknahme" verfügt und dem Kläger mitteilen lassen, dass erst...