Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Hilfe zur angemessenen Schulbildung. Bindungswirkung der Zuweisungsentscheidung der Schulverwaltung. Kosten eines Integrationshelfers für den Besuch einer Montessorischule
Leitsatz (amtlich)
1. Die Sozialhilfeträger sind an die Entscheidung der Schulbehörde hinsichtlich der Zuweisung an eine bestimmte Schule gebunden und können nicht auf den Besuch einer Sonder- oder Förderschule verweisen.
2. Die vom Sozialhilfeträger zu leistenden Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sind nicht auf den nichtpädagogischen Bereich begrenzt.
Tenor
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 11.02.2009 wird aufgehoben, soweit die Antragsgegnerin zur vorläufigen Erbringung von Leistungen für Zeiten vor dem 10.09.2008, über einen Umfang von 30 Wochenstunden je Schulwoche hinaus und ohne Anrechnung bereits erbrachter Leistungen verpflichtet wurde. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerin trägt vier Fünftel der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) wendet sich gegen ihre Verpflichtung zur vorläufigen Übernahme der Kosten einer Integrationshelferin im Zeitraum 23.08.2008 bis 26.06.2009.
Die Beschwerdegegnerin und Antragstellerin (im Folgenden: Antragstellerin) ist sehbehindert und leidet zusätzlich an einer Muskelschwäche. Nach dem Besuch des Montessorikindergartens in D... besuchte sie zunächst die Montessorigrund- und nach deren Abschluss die Montessorimittelschule in D... (im Folgenden: Montessorischule). Im streitgegenständlichen Zeitraum war sie Schülerin der 7. Klasse.
Mit sog. Integrationsbescheiden vom 17.05.2001 und 27.03.2002 stellte das Regionalschulamt D... fest, dass bei der Antragstellerin ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Sinne der Sächsischen Blindenschule C... bestehe. Die Pflicht zum Besuch der Sächsischen Blindenschule C... werde für die Dauer der Integration ausgesetzt, solange dem erforderlichen sonderpädagogischen Bedarf Rechnung getragen werde. Einer integrativen Beschulung werde zugestimmt. Diese Integration sei auch an einer Schule in freier Trägerschaft möglich. Der Widerruf des Integrationsbescheides bleibe vorbehalten.
Die Beratungsstelle der Sächsischen Blindenschule C... kam in einer förderpädagogischen Empfehlung vom 19.06.2006 nach einem Besuch in der Schulklasse der Antragstellerin und einem Elterngespräch am 12.06.2006 zu dem Ergebnis, dass die Antragstellerin auch nach einer freiwilligen Wiederholung der Klasse 4 große Defizite im Handlungsbereich habe. Eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht im Mittelschulbereich ohne Veränderung der Lernumstände sei fraglich. Ein Verbleib an der Montessorischule sei ihres Erachtens nur mit einem Einzelfallhelfer möglich.
Am 14.06.2006 stellte die Mutter der Antragstellerin für sie bei der Antragsgegnerin einen Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer. Mit Beginn der Mittelschule im kommenden Schuljahr seien individuelle Hilfen durch einen Einzelfallhelfer nötig.
Mit Bescheid vom 05.09.2006 wurde der Antrag auf Übernahme der Kosten für einen Integrationshelfer abgelehnt. Nachdem auf den hiergegen eingelegten Widerspruch in einer amtsärztlichen Stellungnahme vom 30.11.2006 ausgeführt worden war, dass die Antragstellerin durch einen schnellen Wechsel an die Blindenschule in C... überfordert sei und es günstiger sei, sie in diesem Schuljahr in ihrer gewohnten Umgebung zu belassen, wofür ein Einzelfallhelfer sicher nötig sei, erließ die Antragsgegnerin am 02.02.2007 einen Abhilfebescheid, mit dem sie die Kosten für einen Integrationshelfer für das laufende Schuljahr für 26,5 Stunden wöchentlich bei einem Stundensatz von 29,27 EUR übernahm.
Am 23.05.2007 stellte die gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin einen Antrag auf Einzelfallhilfe für die weitere integrative Beschulung der Antragstellerin für das Schuljahr 2007/2008. Dem Antrag war u. a. ein Ermittlungsbogen der Montessorischule beigefügt, in welchem der zeitliche Bedarf an Hilfen zur Bewältigung von Alltagssituationen mit wöchentlich 70 Minuten, der Unterstützungsbedarf hinsichtlich lebenspraktischer Aufgaben mit wöchentlich 100 Minuten und für Hilfen im Unterricht mit 1530 Minuten wöchentlich ermittelt wurde. Einschließlich der erforderlichen Zeit für Dokumentation, Eltern- und Teamgespräche, Reflektionen, Kooperation mit anderen Helfern, Fallbesprechung ergebe sich ein wöchentlicher Unterstützungsbedarf von 29,8 Stunden pro Woche.
Die Beratungsstelle der Sächsischen Blindenschule C... führt in einem Fördergutachten vom 18.06.2007 aus, dass einer Integration an der Montessorischule nur noch zugestimmt werden könne, wenn der Integrationshelfer weiter genehmigt werde. Eine Beschulung an der Sehbehindertenschule C... im Schuljahr 2007/2008 sei wegen der fehlenden Klassenstufe derzeit nicht möglich. In einem amtsärztlichen Gutachten vom 03.08.2007 wurde ausgeführt, dass unter den gegebenen Umständen...