Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. fiktive Terminsgebühr. außergerichtliche Klaglosstellung. Übersendung des Abhilfebescheids an das Gericht. kein (konkludentes) Anerkenntnis

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Abhilfe außerhalb des gerichtlichen Verfahrens (sog Klaglosstellung) und die bloße Übersendung des abhelfenden Bescheides an das Gericht ist kein Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs 2 SGG und löst damit keine fiktive Terminsgebühr aus.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. März 2015 wird zurückgewiesen.

II. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe der aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung eines im Rahmen der Prozesskostenhilfe (PKH) in einem sozialgerichtlichen Verfahren beigeordneten Rechtsanwaltes.

Der Kläger führte - anwaltlich durch die Beschwerdeführerin vertreten - vor dem Sozialgericht Chemnitz (SG) das Klageverfahren S 28 AL 1015/13. Für dieses Verfahren bewilligte das SG dem Kläger mit Beschluss vom 18.02.2014 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Beschwerdeführerin. Am 25.02.2014 setzte die Urkundsbeamtin des SG den der Beschwerdeführerin zu zahlenden Vorschuss auf 339,15 € fest. Streitig war im Verfahren, ob im Zeitraum vom 01.10.2013 bis 23.12.2013 eine Sperrzeit eingetreten war und deswegen der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Mit Änderungsbescheid vom 17.03.2014 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 01.10.2013 Arbeitslosengeld bis 30.03.2014. Mit Schriftsatz vom 16.04.2014 erklärte die Bevollmächtigte des Klägers die Annahme des aus ihrer Sicht konkludent abgegebenen Anerkenntnisses und den Rechtstreites insgesamt für erledigt.

Mit Schriftsatz vom 07.05.2014 beantragte die Beschwerdeführerin, ihre aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und dessen Vergütungsverzeichnisses (VV RVG) für das Klageverfahren S 28 AL 1015/13 wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG

270,00 €

Pauschale für Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Anrechnung Beratungshilfe

-35,00 €

Zwischensumme netto

555,00 €

19 % Umsatzsteuer

105,45 €

Summe brutto

660,45 €

Gesamtbetrag

321,30 €

Hiervon brachte sie den erhaltenen Vorschuss von 339,15 € in Abzug. Sie teilte ferner mit, am 30.01.2014 Beratungshilfe in Höhe von 41,63 € erhalten zu haben.

Mit Beschluss vom 01.08.2014 setzte die Urkundsbeamtin des SG die der Beschwerdeführerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für das Klageverfahren auf insgesamt 339,15 € wie folgt fest:

Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Pauschale für Post- und Telekommunikation nach Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Anrechnung Beratungshilfe nach Nr. 2501 VV

-35,00 €

Zwischensumme netto

285,00 €

19 % Umsatzsteuer

54,15 €

Gesamtsumme

339,15 €

Die gegen die Festsetzung gerichtete Erinnerung der Beschwerdeführerin blieb erfolglos (Beschluss des Sozialgerichts vom 12.03.2015).

Gegen den am 17.03.2015 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom 26.03.2015. Eine fiktive Terminsgebühr sei angefallen. Die Beklagte habe mit Erlass des Bescheides vom 17.03.2014 ein konkludentes Anerkenntnis abgegeben, welches von der Klägerin angenommen worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten des Vergütungsfestsetzungsverfahrens einschließlich des PKH-Beiheftes sowie die Akten des Hauptsacheverfahrens Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde, über die - da die angefochtene Entscheidung vom Kammervorsitzenden des Sozialgericht erlassen wurde - der Einzelrichter entscheidet (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG) ist unbegründet.

Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung.

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG richtet sich die Höhe der Vergütung nach den Bestimmungen des VV RVG, wobei in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie hier - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG). Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG bestimmt der Rechtsanwalt die Rahmengebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen. Grundsätzlich ist für den Durchschnitts- oder Normalfall die Mittelgebühr billige Gebühr im Sinne des RVG. Die Mittelgebühr ist in Fällen zugrunde zu legen, in denen sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts nicht nach oben oder unten vom Durchschnitt abhebt; sie gilt damit in "Normalfällen" als billige Gebühr (BSG, Urteil vom 09.12.2010 - B 13 R 63/09 R - juris RdNr. 35 m.w.N.). Jedes in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG genannte Bemessungskriterium kann indes Anlass sein, vom Mittelwert nach oben oder unten abzuweichen, soweit ein Umstand vom Durchschnitt abweicht (Mayer in: Gerol...

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