Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsärztliche Versorgung. Medizinisches Versorgungszentrum mit Bestandsschutz gemäß § 95 Abs 1a S 4 SGB V. Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes. Versorgungsangebot des Medizinischen Versorgungszentrums im Sinne von § 103 Abs 4 S 5 Nr 9 SGB V. keine sektorenübergreifende Betrachtung bezüglich des Versorgungsangebotes. Anordnung der sofortigen Vollziehung in Drittanfechtungssituationen bei überwiegendem Interesse eines Beteiligten bei offensichtlicher Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes
Leitsatz (amtlich)
1. Medizinische Versorgungszentren, die gemäß § 95 Abs 1a S 4 SGB V in ihrem Bestand geschützt sind, sind aufgrund ihrer Zulassung berechtigt, sich auf Vertragsarztsitze zu bewerben, die nach § 103 Abs 4 SGB V zur Nachbesetzung ausgeschrieben sind.
2. § 103 Abs 4 S 5 Nr 9 SGB V bezieht sich allein auf das Versorgungsangebot des Medizinischen Versorgungszentrums selbst; eine sektorenübergreifende Sicht ist der Vorschrift fremd.
3. Für die Anordnung des Sofortvollzugs genügt in Drittanfechtungssituationen gemäß § 86a Abs 2 Nr 5 SGG das überwiegende Interesse eines Beteiligten, wenn der in der Hauptsache angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist.
Tenor
I. Die Beschwerden der Beigeladenen zu 8 und 9 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 25. März 2020 werden zurückgewiesen.
II. Die Beigeladenen zu 8 und 9 tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 bis 7, die diese selbst tragen.
III. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 103.156,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beigeladenen zu 8 und 9 wenden sich gegen die Anordnung des Sofortvollzugs der zu Gunsten der Antragstellerin getroffenen Auswahlentscheidung des Antragsgegners zur Nachbesetzung eines Vertragsarztsitzes für eine Fachärztin für Orthopädie in A.....
Im Planungsbereich A.... sind Zulassungsbeschränkungen für die Bedarfsplangruppe der fachärztlich tätigen Orthopäden angeordnet. Die Antragstellerin, eine GmbH (AG A.... HRB ….), betreibt an Standorten in A.... und in W.... ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ).
Die Beigeladene zu 9 ist ebenfalls eine GmbH (AG A.... HRB ….). Ihre Anteile wurden bis zum 30.06.2018 von der V.... U.... gGmbH gehalten und am 01.07.2018 durch die MVZ E.... eG (AG T.... GnR ….) übernommen. Auch sie betreibt in A.... ein MVZ. Anlässlich des Gesellschafterwechsels war neben anderen Ärzten auch die früher dort angestellte Orthopädin Dr. med. S.... zum Ablauf des 30.06.2018 aus dem MVZ der Beigeladenen zu 9 ausgeschieden. Nachdem es der Beigeladenen zu 9 nicht gelang, die Stelle mit einem im MVZ anzustellenden Arzt nachzubesetzen, erteilte der Zulassungsausschuss Ärzte A.... ihr mit Beschluss vom 09.10.2018 die Genehmigung zur Umwandlung der Anstellung in eine Zulassung mit dem Ziel der Ausschreibung zur Nachbesetzung. Die zu 1 beigeladene Kassenärztliche Vereinigung schrieb die Stelle zur Besetzung mit einem Facharzt oder einer Fachärztin für Orthopädie mit den Zusatzbezeichnungen Chirotherapie und Akupunktur aus.
Auf die Ausschreibung bewarb sich u.a. die Antragstellerin für die Anstellung einer Fachärztin für Orthopädie mit den Zusatzbezeichnungen Chirotherapie und Akupunktur im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags in ihrer Betriebsstätte R.... in A..... Bei der anzustellenden Orthopädin handelt es sich um dieselbe Ärztin, die zum Ablauf des 30.06.2018 aus dem MVZ der Beigeladenen zu 9 ausgeschieden war (Dr. med. S...., approbiert am 01.09.1984, Fachärztin seit 16.02.1989, 332 Monate fachärztlicher Tätigkeit).
Außerdem bewarb sich die Beigeladene zu 8, eine gGmbH (AG A.... HRB ….), Trägerin eines weiteren in A.... ansässigen MVZ und Tochtergesellschaft der Klinikum A.... gGmbH, für die Anstellung von vier Ärzten im Umfang von jeweils einem Viertel Versorgungsauftrag (MUDr. Q...., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie; Dr. med. P...., approbiert am 01.09.1988, Facharzt seit 24.04.2008, 300 Monate fachärztlicher Tätigkeit; O...., approbiert am 29.12.2010, Facharzt seit 12.06.2017, 20 Monate fachärztlicher Tätigkeit; Dr. med. N...., approbiert am 02.10.1991, Facharzt seit 08.07.2008, 297 Monate fachärztlicher Tätigkeit) in der Betriebsstätte M.... in A..... Alle vier Ärzte sind Beschäftigte der Klinikum A.... gGmbH, eines Krankenhauses der Maximalversorgung, und hatten Vereinbarungen zur Nebentätigkeit bei der Beigeladenen zu 9 geschlossen. Die Beigeladene zu 8 und die Beigeladene zu 9 teilten übereinstimmend mit, sich bereits durch Vertrag vom 07.12.2018 über die Übernahme des orthopädischen Vertragsarztsitzes einschließlich des Kaufpreises verständigt zu haben.
Der Zulassungsausschuss Ärzte A.... gab mit Beschluss vom 05.02.2019 dem Antrag der Antragstellerin auf Übernahme und Fortführung der vertragsärztlichen Angestelltenstelle der Beigeladenen zu 9 im Fachgebiet Orthopädie in A.... zur Anstellung von Dr. S.... statt und lehnte den Antrag der Beigeladenen zu 8 ab.
Dagegen ...