Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Zulässigkeit eines Ergänzungsurteils

 

Orientierungssatz

Ein Ergänzungsurteil ist nach § 140 Abs 1 S 1 SGG zulässig, wenn das Urteil einen erhobenen Anspruch übergangen hat. Voraussetzung ist insoweit, dass das Gericht nicht bewusst nur ein Teilurteil erlassen hat, sondern über den ganzen Rechtsstreit entscheiden wollte, sich die getroffene Entscheidung der Sache nach jedoch als Teilurteil darstellt (vgl BSG vom 1.7.1992 - 14a/6 RKa 1/90 = BSGE 71, 42 = SozR 3-2500 § 87 Nr 4 = juris RdNr 11).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.04.2014; Aktenzeichen B 3 KR 3/14 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. April 2012 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Streitig ist die Übernahme von Kosten für Glukosemessungen bzw. die Kosten für die Anschaffung eines Systems zur kontinuierlichen Glukosemessung.

Der 1970 geborene und bei der Beklagten und Berufungsbeklagten seit Juni 1994 freiwillig versicherte Kläger und Berufungskläger ist seit 1995 Typ-I-Diabetiker und mit einer M… Insulinpumpe versorgt. Am 21. November 2008 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung vom 18. November 2011 ein Blutzuckermessgerät der Fa. M…. Mit Bescheid vom 30. April 2009 und Widerspruchsbescheid vom 16. September 2009 lehnte die Beklagte den Antrag nach Durchführung medizinischer Ermittlungen - Einholung zweier Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) und Beiziehung eines Gutachtens vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e. V. - ab.

Hiergegen hat der Kläger am 12. Oktober 2009 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben und ausgeführt, er werde beantragen:

“1.   den Bescheid der Beklagten vom 30.04.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2009 aufzuheben und

2.

die Beklagte zu verurteilen, zugunsten des Klägers die Kosten für eine kontinuierliche Glukosemessung mit einem System der Fa. M… zu übernehmen.„

Bei diesem Gerät handele es sich um Hilfsmittel, das der Kläger unbedingt benötige, um unvorhersehbar auftretende Hypoglykämien bzw. Grenzwertannäherungen zu verhindern.

Das SG hat nach Beiziehung eines Befundberichtes der den Kläger behandelnden Fachärztin für innere Medizin Dr. A… vom 26. März 2010, dem umfangreiche medizinische Unterlagen beigefügt waren, für den 22. Juni 2011 einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt, in welchem der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt hat, er wisse nicht, ob sich sein Mandant zwischenzeitlich das Glukosegerät beschafft habe. Diesbezüglich werde er dem Gericht unverzüglich mitteilen, ob und bejahendenfalls in welcher Höhe ein eventueller Kostenerstattungsanspruch geltend gemacht würde.

Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2011 hat der Prozessbevollmächtigte dem SG mitgeteilt, der Kläger habe sich bisher aus Kostengründen kein entsprechendes Glukosegerät beschafft. Vielmehr habe er ein Gerät seiner Hausärztin in regelmäßigen Abständen leihweise verwendet. Im Zusammenhang damit seien dem Kläger Kosten für die notwendigen Verbrauchsmittel (Sensoren) im Umfang von ca. 600,00 EUR entstanden.

Weiter hat er ausgeführt:

“Insoweit habe ich nunmehr ergänzend einen entsprechenden, die Klage erweiternden Antrag auf Erstattung der Kosten wie folgt zu stellen:

Die Beklagte wird verurteilt dem Kläger die Kosten für erforderliche Sensoren im Zusammenhang mit der Verwendung eines Glukosemessgerätes der Hausärztin Frau Dr. A… im Zeitraum seit Antragstellung in Höhe von derzeit 600,00 Euro zu erstatten.

Im Übrigen verbleibt es beim Klagantrag.„

Im weiteren Verlauf sind von der Hausärztin des Klägers drei Rechnungen - vom 20. Dezember 2008, 5. März 2010 und 29. Oktober 2010 - vorgelegt worden, wonach dem Kläger für insgesamt 11 Tage Nutzung eines M…M…-Gerätes Kosten für die Zurverfügungstellung des Gerätes und Sensoren in Höhe von insgesamt 286,50 EUR in Rechnung gestellt und auch bezahlt worden sind. Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, soweit sich der Betrag der Klagerwiderung als übersetzt erweise, werde der Antrag auf den Betrag von 286,50 EUR korrigiert.

Das SG hat die Klage - mit dem Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren gemäß § 124 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - mit Urteil vom 24. April 2012 abgewiesen. Im Urteil hat es hinsichtlich des klägerischen Begehrens ausgeführt:

“Der Kläger hat seinen Leistungsantrag umgestellt auf einen Kostenerstattungsanspruch.

Der Kläger beantragt in sachdienlicher Fassung,

den Bescheid vom 30.04.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten für eine kontinuierliche Glukosemessung mit einem System der Firma M… in Höhe von 286,50 EUR zu erstatten.„

In den Urteilsgründen hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könn...

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