Leitsatz (amtlich)
Ob eine Einstehensgemeinschaft vorliegt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch eine Gesamtwürdigung der Umstände anhand von Indizien zu entscheiden. Hierfür sprechen insbesondere: Eine bestehende Wohngemeinschaft, die Dauer des Zusammenlebens, die Betreuung gemeinsamer Kinder, die gegenseitige Verfügungsmacht über Einkommen und Vermögen, die Dauer und die Intensität der Bekanntschaft vor dem Zusammenziehen, der Anlass für das Zusammenziehen und die nach außen erkennbare Intensität der gelebten Gemeinschaft (BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87, zitiert nach Juris, Rdnr. 92). Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte hat diese Kriterien ergänzt: Es ist auch auf die Ernsthaftigkeit einer Beziehung, deren Dauerhaftigkeit und Kontinuität, die Begünstigung des Partners in Lebensversicherungsverträgen und den Abschluss von Versicherungen für den Partner abzustellen (u.a. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.12.2006 - L 10 AS 1404/05 - zitiert nach Juris, Rdnr. 29) abzustellen. Diese Indizien sind weder abschließend noch müssen sie kumulativ vorliegen. Für die Beurteilung kommt es vielmehr auf eine Gesamtbetrachtung der Umstände an (LSG Nordrhein-Westfalen, NJW 2005, 2253). Bei der Prüfung ist auf die gegenwärtigen Verhältnisse abzustellen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.03.2007 - L 7 AS 640/07 ER-B; Peters, in: Estelmann, SGB II, Stand: 5/2007, Rn. 39 zu § 7). Dagegen ist nicht entscheidend, ob eine sexuelle Beziehung zwischen den Partnern vorliegt und wie intensiv diese ist; jedoch können intime Beziehungen, sofern sie bekannt sind, als Hinweistatsache für eine eheähnliche Gemeinschaft herangezogen werden (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 05.07.2007 - L 3 AS 32/06; Winkler, info also 2005; S.251 ff.).
Die schlichte Behauptung, nicht in eheähnlicher Gemeinschaft zu leben und sich finanziell nicht gegenseitig zu unterstützen, kann nicht als Nachweis des Nichtbestehens der eheähnlichen Gemeinschaft dienen. Da es sich bei der Frage, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, im Wesentlichen um innere Tatsachen handelt, ist das Gericht auf Indizien angewiesen und kann nicht allein den schlichten Behauptungen eines Teiles oder beider Partner einer evtl. bestehenden derartigen Gemeinschaft ausschlaggebendes Gewicht beimessen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kann eine eheähnliche Gemeinschaft zwar jederzeit ohne ein rechtlich geregeltes Verfahren aufgelöst werden kann. Ohne rechtlichen Hinderungsgrund kann der mit dem Arbeitslosen nicht verheiratete Partner jederzeit sein bisheriges Verhalten ändern und sein Einkommen ausschließlich zur Befriedigung eigener Bedürfnisse oder zur Erfüllung seiner Verpflichtungen verwenden (so auch BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 - 1 BvL 8/87 - zitiert nach Juris, Rdnr. 97). Dann besteht eine eheähnliche Gemeinschaft nicht mehr. Bereits das Bundesverfassungsgericht hat jedoch darauf hingewiesen, dass dies in der Regel mit der Auflösung der Wohngemeinschaft verbunden sein wird (BVerfG, a.a.O.).
Tenor
I. Die Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 01.06.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Berücksichtigung des Einkommens der Beschwerdeführerin zu 2) (Bf. zu 2) bei der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum ab 16.04.2007 an den Beschwerdeführer zu 1) (Bf. zu 1). Im Kern streiten sie darüber, ob zwischen dem Bf. zu 1) und der Bf. zu 2) eine eheähnliche Gemeinschaft besteht.
Der 1955 geb. Bf. zu 1) lebt mit der 1961 geb. Bf. zu 2) seit 1997 zusammen in einer Wohnung. Beide sind seither viermal miteinander umgezogen. Die ersten drei Wohnungen waren jeweils Zwei-Zimmer-Wohnungen. Derzeit leben sie in einer 86,85 m2 großen Vier-Zimmer-Wohnung zusammen. Ursprünglich waren beide Hauptmieter dieser Wohnung. Ausweislich eines auf den 01.04.2006 datierten Untermietvertrages zahlt der Bf. zu 1) seither an die Bf. zu 1), die nunmehr alleinige Hauptmieterin ist, eine monatliche Miete einschließlich Betriebskosten i.H.v. 295,00 Euro. Nach Einlassung der Bf. bewohnt jeder von beiden zwei Zimmer. Küche, Bad und Flur werden gemeinsam genutzt. Eine weitere Person wohnte seit 1997 nicht in den gemeinsam bewohnten Wohnungen.
Der Bf. zu 1) bezog bis zum 11.04.2007 von der Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von 40,58 € täglich. Am 06.02.2007 beantragte er bei der Beschwerdegegnerin (Bg.) die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Im Antrag gab er an, in einer Wohnung mit der Bf. zu 2), allerdings getrennt von dieser, zu wohnen. Die Wohnkosten würden hälftig geteilt.
Die Beschwerdegegnerin (Bg.) forderte den Bf. zu 1) daraufhin auf, den Hauptmietvert...