Entscheidungsstichwort (Thema)

Angelegenheiten nach dem SGB II. Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. einzusetzendes Vermögen. Anspruch auf Prozesskostenvorschuss. Ausschluss der Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB gehört zu dem Vermögen, das ein Beteiligter gemäß § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzen hat, um die Kosten der Prozessführung zu bestreiten.

2. Die Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen eines Anspruches auf Prozesskostenvorschuss abgelehnt worden ist, ist gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 11. November 2011 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 11. November 2011, mit dem ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit Hinweis auf einen Anspruch gegenüber ihrem Ehemann auf Prozesskostenvorschuss abgelehnt worden ist, ist nicht statthaft und damit gemäß § 202 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i. V. m. § 572 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu verwerfen.

1. Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen die Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Etwas anderes ist in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG bestimmt. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. In diesem Sinne werden die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint, wenn der Prozesskostenhilfeantrag mangels prozesskostenhilferechtlicher Bedürftigkeit abgelehnt wird. Dies ist hier der Fall.

Das Sozialgericht hat den Prozesskostenhilfeantrag mit Hinweis auf einen Anspruch der Klägerin gegenüber ihrem Ehemann auf Prozesskostenvorschuss gemäß § 1360a Abs. 4 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) abgelehnt. Dieser Prozesskostenzuschuss gehört zu dem Vermögen, das ein Beteiligter gemäß § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzen hat, um die Kosten der Prozessführung zu bestreiten (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Januar 1993 - 5 StR 669/92 - NStZ 1993, 351 = JURIS-Dokument Rdnr. 3; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung [70. Aufl., 2012], § 115 Rdnr. 64; Reichold, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung [32. Aufl., 2011], § 115 Rdnr. 19; anders BGH, Beschluss vom 23. März 2005 - XII ZB 13/05 - NJW 2005, 1722 = JURIS-Dokument Rdnr. 8, wo der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss den einzusetzenden Einkünften in Geld oder Geldeswert im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 ZPO zuordnet wird).

Da die Beschwerde gegen den ablehnenden Prozesskostenhilfebeschluss nicht statthat ist, ist es dem Beschwerdegericht verwehrt zu prüfen, ob der vom Sozialgericht bejahte Anspruch auf Prozesskostenvorschuss dem Grunde und der Höhe nach besteht und ob er alsbald realisierbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2008 - VII ZB 25/08 - MDR 2008, 1232 = JURIS-Dokument Rdnr. 8; BGH, Beschluss vom 2. April 2008 - XII ZB 266/03 - NJW 2008, 1950 [1953] = JURIS-Dokument Rdnr. 19).

2. Die Beschwerde ist auch nicht deshalb statthaft, weil sie in der dem Beschluss vom 11. November 2011 beigefügten Rechtsmittelbelehrung unzutreffend als zulässig angesprochen wurde. Denn eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung begründet nicht die Statthaftigkeit eines ansonsten kraft Gesetzes unstatthaften Rechtsmittels (ständige Rspr. des BSG: vgl. BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500 § 158 Nr. 1 Rdnr 11 = JURIS-Dokument Rdnr. 18; SächsLSG, Beschluss vom 16. Mai 2011 - L 3 AS 430/10 B PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 14, m. w. N.; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [10. Aufl., 2012], Vor § 143 Rdnr. 14b, m. w. N.).

II. Dieser Beschluss ergeht gerichtskostenfrei (vgl. § 183 SGG). Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 202 SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).

III. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2984277

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