Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung. Transparenzbericht. Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätsprüfung. Anlassprüfung. Dokumentation der Pflegeleistungen. Verwaltungsakt. Schlichtes Verwaltungshandeln. Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen. Parlamentsvorbehalt. Bestimmtheitsgrundsatz. Publizitätsgebot. Berufsfreiheit. Eigentumsgarantie. Effektiver Rechtsschutz. Rechtliches Gehör. Staatliche Informationsarbeit. Vorläufiger Rechtsschutz. Feststellung der aufschiebenden Wirkung. Sicherungsanordnung. Interessenabwägung
Leitsatz (redaktionell)
1. Weder der Transparenzbericht nach § 115 Abs. 1a SGB XI noch die Ankündigung seiner Veröffentlichung stellen einen Verwaltungsakt dar, sondern schlichtes Verwaltungshandeln.
2. Die Regelung des § 115 Abs. 1a SGB XI steht mit höherrangigem Recht in Einklang.
3. Die durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit schützt nicht vor der Verbreitung von staatlichen Informationen, wenn diese inhaltlich zutreffen und sachlich sowie zurückhaltend formuliert sind.
Normenkette
SGB XI § 114 Abs. 1 S. 3, § 115 Abs. 1a; SGB X § 31; SGG § 86a Abs. 1 S. 1, § 86b Abs. 2 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1, Art. 14, 19 Abs. 4, Art. 80 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. Januar 2010 aufgehoben und die Anträge der Antragstellerin auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes werden abgelehnt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens für beide Instanzen zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragsgegner wenden sich gegen die einstweilige Anordnung des Sozialgerichts Dessau-Roßlau, mit der ihnen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens die Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätsprüfung (Transparenzbericht) vom 7./8. September 2009 über die Einrichtung der vollstationären Dauerpflege der Antragstellerin und deren Freigabe an Dritte zum Zwecke der Veröffentlichung untersagt wird, und mit der die Antragstellerin für diesen Zeitraum von der Verpflichtung enthoben wird, die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Qualitätsprüfung in der Pflegeeinrichtung auszuhängen.
Die Antragstellerin betreibt das nach § 72 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) durch Versorgungsvertrag zugelassene Alten- und Pflegeheim "Pflegen & Wohnen am Park - Palais Bose", in dem die Antragsgegner am 7. und 8. September 2009 durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) eine Qualitätsprüfung nach den §§ 114 ff. SGB XI durchführten. Zu dieser Zeit waren 102 der insgesamt 110 vollstationären Pflegeplätze belegt.
Im Prüfbericht vom 15. September 2009 ist angegeben, es handele sich um eine Anlassprüfung auf Grund einer Beschwerde. Der Allgemein-, Ernährungs- und Pflegezustand von zehn nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Bewohnern sei beurteilt, die entsprechenden Pflegedokumentationen seien ausgewertet und die Betroffenen seien nach Möglichkeit hinsichtlich ihrer Zufriedenheit befragt worden. Zur Auswertung von Beschwerden seien zwei weitere Pflegebedürftige zusätzlich in die Prüfung einbezogen worden. Anlass einer anonymen Beschwerde sei ein Hinweis auf die Entstehung von zwei Dekubitalucerationen in der Einrichtung, Anlass der weiteren Beschwerde sei ein Hinweis auf einen unsachgemäßen Transfer mit Sturzfolge gewesen. Die in beiden Beschwerdeschreiben aufgeführten Defizite hätten im Rahmen der Prüfung nicht entkräftet werden können. Die eingesehenen Pflegedokumentationen hätten die Individualität der Pflegebedürftigen mit deren Risiken, Ressourcen und Maßnahmen nicht in vollem Umfang widergespiegelt. Auffälligkeiten seien in der konsequenten Planung, Durchführung und Dokumentation von Prophylaxen ersichtlich gewesen. Die in der Einrichtung vorgehaltenen Standards seien nicht in jedem Fall zur Anwendung gekommen und anhand der Auswertungen von Pflegedokumentationen nicht vollständig erkennbar gewesen. Im Bereich der Behandlungspflege seien in einem Fall Auffälligkeiten bezüglich ärztlicher Verordnungen festgestellt worden und den Medikamentenplänen sei nicht in jedem Fall die Applikationsform zu entnehmen gewesen. Für die soziale Betreuung seien insbesondere für Pflegebedürftige mit vollständiger Immobilität und gerontopsychiatrischen Beeinträchtigungen nur bedingt nachvollziehbare Planungen eingesehen worden. Positiv sei aber, dass sich die auskunftsfähigen Bewohner zufrieden über die Pflege/Betreuung geäußert hätten. Hervorzuheben sei auch die offene Gesprächsführung sowie die Kooperation der Mitarbeiter. Der Bericht enthält zahlreiche Empfehlungen zur Beseitigung von Qualitätsdefiziten.
Die Antragstellerin führte mit ihrer Stellungnahme vom 5. Oktober 2009 neben ihrer Antwort auf einzelne Empfehlungen zur Beseitigung von Qualitätsdefiziten aus, auf Grund des Berichtes entstehe der Eindruck, die Einrichtung sei von erheblichen Defiziten in allen Bereichen der Struktur, Prozess- und Ergebnisqualität ge...