Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Einkommensberechnung bei selbständiger Arbeit. Absetzungen der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen. Notwendigkeit und Plausibilität der Betriebsausgaben. kein Verlustausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

1. Von den Betriebseinnahmen eines Selbständigen können seit 1.1.2008 nicht mehr alle steuerrechtlich möglichen, sondern nur noch die im SGB 2 gesetzlich vorgesehenen Beträge in Abzug gebracht werden.

2. Die geltend gemachten (voraussichtlichen) Betriebsausgaben sind hinsichtlich der Betriebsnotwendigkeit wenigstens auf Plausibilität zu prüfen.

 

Orientierungssatz

Zahlungen zur Tilgung von Schulden können im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende grundsätzlich nicht vom Einkommen abgesetzt werden, weil die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Ermittlung des Einkommens weder in § 11 Abs 2 SGB 2 noch in der AlgIIV 2008 vorgesehen ist (vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 18). Dieser Grundsatz gilt nicht nur bei abhängig Beschäftigten. Auch selbständig Tätige können Verluste nicht vom Einkommen absetzen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 4. März 2009 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) vorläufig zu verpflichten, ihm höhere als die bisher vorläufig bewilligten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren.

Der 1964 geborene Antragsteller ist nach seinen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin selbständig tätig in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts S. GbR, nachdem er seit 15 Jahren arbeitslos gewesen sei. Ausweislich der Gewerbeanmeldung der Stadt D. vom 09.12.1990 übte er seit 10.12.1990 die angemeldete Tätigkeit Vertrieb von Versicherungen und Bausparen aus; zum 01.01.1998 wurde die Betriebsstätte von der A Straße …. in die B.straße …. in D. umgemeldet. Seit 01.04.2001 wurde dieses Gewerbe für die S. GbR auch in einer Betriebsstätte in B. ausgeübt. Seit 14.06.2007 verfügt der Antragsteller über eine Erlaubnis der Industrie- und Handelskammer Dresden gemäß § 34d Abs. 1 Gewerbeordnung für Versicherungsmakler.

Nach dem am 22.08.2005 notariell beurkundeten Nachtrag zum GbR-Vertrag vom 03.10.1990 gehören der Gesellschaft außer dem Antragsteller die 1938 geborene Z und der 1966 geborene X an. Laut Ziffer 04. des Gesellschaftsvertrages ist Zweck der Gesellschaft die Führung und Verwaltung der nachfolgend aufgeführten und durch die Inhaber der Erlaubnisse betriebenen Gewerbe:

“04.1 Vermittlung von Versicherungen als Versicherungsmakler

04.2 Tätigkeit nach § 34c der Gewerbeordnung als Immobilien- und Finanzierungsmakler

04.3 Verwaltung des Immobilienvermögens der Gesellschafterin Z sowohl zu deren Lebzeiten als auch nach deren Tod als Testamentsvollstrecker durch den im Testament der Frau Z eingesetzten Testamentsvollstrecker, der Gesellschafter der GbR sein muss, persönlich.

04.4 Einbau und Vertrieb von genormten Fertigteilen

04.5 Hausmeisterservice

04.6 Networkmarketing„.

Die drei Gesellschafter sind zu gleichen Teilen Gesellschafter und entsprechend ihren Beteiligungen an Gewinn, Verlust und Auseinandersetzungsguthaben beteiligt (Ziffer 10 des Gesellschaftsvertrages). Allerdings ist jeder Gesellschafter für das von ihm betriebene Gewerbe persönlich haftbar und der Gesellschaft entstehen keine Schuldverschreibungen gegenüber Dritten aus der Tätigkeit eines Gesellschafters (Ziffer 11 Sätze 2 und 3).

Der Antragsteller bezieht seit 01.01.2005 Leistungen der Antragsgegnerin zur Sicherung des Lebensunterhalts. In seinem Weiterbewilligungsantrag vom 27.11.2008 für die Zeit von Januar bis Juni 2009 gab er an, aus seiner selbständigen Tätigkeit “⅓-Beteiligung an Gewerbebetrieb S. GbR„ voraussichtliche Einnahmen in Höhe von 9.303,35 EUR zu erzielen, denen voraussichtliche Ausgaben in Höhe von 11.010,88 EUR gegenüber stünden. In der Anlage EKS gab er u.a. für ein betriebliches Kfz Kraftfahrzeugkosten von 103,00 EUR für Steuern, 3.158,82 EUR für laufende Betriebskosten und 163,28 EUR für Reparaturen ohne privat gefahrene Kilometer (“abzgl. private km: 0„) an, ferner Ausgaben für Werbung und Repräsentation in Höhe von 2.012,52 EUR und sonstige Betriebsausgaben in Höhe von 1.891,32 EUR. Mit Schreiben vom 17.12.2008 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, bis 03.01.2009 Unterlagen vorzulegen, nämlich:

“Gewerbemietvertrag

Kfz-Versicherungspolice und Fahrtenbuch für die letzten sechs Monate

Einnahmen-Überschussrechnung der letzten sechs Monate, um die Plandaten nachvollziehen zu können

Umsatzsteuervoranmeldungen der letzten sechs Monate

Arbeitsverträge

Erklärung f. Werbung und Repräse...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge