Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Heizanlage. Haushaltsenergie. Schätzung des Stromverbrauchs. sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. hinreichende Erfolgsaussicht
Leitsatz (amtlich)
1. § 22 SGB 2 enthält keine Einschränkung auf bestimmte Heizanlagen (hier: Nachtspeicherofen einerseits, Heizstrahler andererseits).
2. Der auf die Haushaltsenergie entfallende Stromverbrauch ist aufgrund einer Plausibilitätsprüfung der Angaben des Hilfebedürftigen, der Stromrechnungen und der technischen Verbrauchsdaten der Heizanlage festzustellen oder gegebenenfalls zu schätzen (§ 287 ZPO).
3. Wenn Ermittlungen von Amts wegen anzustellen sind, ist in der Regel die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung iS von § 73a Abs 1 S 1 SGG iVm § 114 ZPO zu bejahen.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 21. August 2009 aufgehoben. Der Klägerin wird für das Verfahren, das vor dem Sozialgericht Leipzig unter dem Az. S 14 AS 2424/09 geführt wird, ab Antragstellung ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin …, als Bevollmächtigte beigeordnet.
Gründe
Die am 14. September 2009 eingelegte Beschwerde gegen den Prozesskostenhilfebeschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 21. August 2009 ist gemäß den § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft. Insbesondere ist die Beschwerde nicht gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, da die Prozesskostenhilfe nicht ausschließlich wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe, sondern wegen mangelnder Erfolgsaussichten verneint wurde. Sie wurde auch gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt und ist deshalb zulässig.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil die Rechtsverfolgung gemäß § 173a SGG i. V. m. den § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, nicht mutwillig erscheint und die Klägerin bedürftig ist.
Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe erfolgt für jeden Rechtszug besonders (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Hieran gemessen war dem Prozesskostenhilfeantrag der Klägerin stattzugeben. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Gericht im Prozesskostenhilfeverfahren die Prüfung der Sach- und Rechtslage nur summarisch vorzunehmen hat und aus Gründen der Waffengleichheit zwischen den Beteiligten insbesondere bei von Fachgerichten zu entscheidenden Rechtsstreitigkeiten keine allzu überspannten Anforderungen zu stellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2002 - 1 BvR 81/00 - NJW 2000, 1936 ff.). Damit muss der Erfolg des Rechtsbegehrens nicht gewiss sein; Erfolgsaussichten sind nur dann zu verneinen, wenn diese nur entfernt oder schlechthin ausgeschlossen sind (vgl. SächsLSG, Beschluss vom 23. Februar 2009 - L 3 B 740/08 AS-PKH - JURIS-Dokument Rdnr. 8, m. w. N.).
In diesem Sinne besaß die Beschwerde zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag, auf den abzustellen ist (vgl. Knittel in: Hennig: Sozialgerichtsgesetz [16. Erg.-Lfg., August 2009], § 73a Rdnr. 53; Leitherer, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [9. Aufl. 2008], § 73a Rdnr. 12c), hinreichende Erfolgsaussichten.
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Höhe der Kosten der Unterkunft. Es entspricht nunmehr gefestigter Rechtsprechung (vgl. BSG vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 5 Rdnr. 21 = JURIS-Dokument Rdnr. 21; BSG, Beschluss vom 16. Juli 2009 - B 14 AS 121/08 B - JURIS-Dokument Rdnr. 9), dass die Position Haushaltsenergie (mithin Stromverbrauch, Kochenergie, Beleuchtung und Warmwasserbereitung) schon vor entsprechender Klarstellung in § 20 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) in der Regelleistung enthalten war und die Übernahme von Stromkosten auf Grundlage des § 22 SGB II mithin voraussetzt, dass sie (zumindest teilweise) für die Heizung der Wohnung aufzubringen sind. Daher durfte das Sozialgericht nicht mit der Begründung, dass Kosten für Strom, auch hieraus resultierende Nachforderungen, Bestandteil der Regelleistung sind und grundsätzlich nicht gesondert geltend gemacht werden können, die Erfolgsaussichten der Klage verneinen.
Die Klägerin hatte ihrer Klage den Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2009 beigefügt. Hieraus ergibt sich, dass sie bereits ihren Widerspruch vom 16. Mai 2009 damit begründete, dass der überwiegende Teil der Stromkosten durch die Nutzung eines elektrischen Heizstrahlers entsteht, der die einzige Wärmequelle in ihrem Badezim...