Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. ausgelagerter Praxisraum im Sinne des § 24 Abs 5 Ärzte-ZV nicht bei Entfernung von über 15 Kilometern. Drittschutz gegen ausgelagerten Praxisraum. Drittanfechtungsbefugnis. Untätigkeit einer vertragsärztlichen Institution. besonders schwerwiegender Verstoß gegen nicht nur status- oder versorgungsneutrale Regelungen des Vertragsarztrechts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein ausgelagerter Praxisraum befindet sich nur dann im Sinne des § 24 Abs 5 Ärzte-ZV in "räumlicher Nähe" zum Vertragsarztsitz, wenn die Entfernung wenige Kilometer beträgt. Mehr als 15 Kilometer sind keinesfalls "räumlich nah".

2. Ein vertragsärztlicher Leistungserbringer kann durch eine Untätigkeit einer vertragsärztlichen Institution in seinen eigenen Rechten verletzt sein, wenn die von ihm beanstandete wettbewerbliche Tätigkeit eines Konkurrenten besonders schwerwiegend gegen nicht lediglich status- oder versorgungsneutrale Regelungen des Vertragsarztrechts verstößt.

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. Juli 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 36.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die vorläufige Verpflichtung zur Untersagung der Nutzung ausgelagerter Praxisräume.

Der Antragsteller ist Träger eines Krankenhauses für Psychiatrie und Neurologie und betreibt im Planungsbereich Nordsachsen ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) für Gynäkologie, Radiologie, Psychiatrie und Neurologie (im Folgenden: MVZ Z....). Die radiologische Praxis des MVZ befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft des Fachkrankenhauses des Antragstellers im Gebäude der Y.... Klinik X...., eines Allgemeinkrankenhauses, in X.....

Die Beigeladene, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die zur Y.... Kliniken GmbH F.... gehört, betreibt mehrere MVZ, unter anderem eines in der U.... 6 in W.... im Planungsbereich W....-Stadt (im Folgenden: MVZ U....). Dort wirken mehrere Fachärzte für Radiologie bzw. Diagnostische Radiologie an der Versorgung mit, u.a. bis 31.12.2019 die Fachärztin für Diagnostische Radiologie Dr. med. V..... Diese ist zugleich als Oberärztin am Fachbereich Diagnostische Radiologie der Y.... Klinik X.... beschäftigt. Dieser Fachbereich ist in demselben Gebäude untergebracht wie die Radiologie des MVZ Z...., nämlich in der W.... Straße in X.....

Die Beigeladene beantragte am 29.10.2018 bei der Antragsgegnerin die "Genehmigung zur Durchführung von ausgelagerten Praxisräumen für Frau Dr. med. V...." für radiologische Untersuchungen (MRT, CT, Röntgen) in der Y.... Klinik X.... im Umfang von wöchentlich vier Stunden ab dem 10.10.2018 und legte eine Vereinbarung über die Mitnutzung medizinisch-technischer Großgeräte vom 13./19.09.2018 vor.

Die Antragsgegnerin teilte mit Schreiben vom 19.12.2018 mit, dass sie die Anzeige der ausgelagerten Praxisräume zur Kenntnis genommen habe. Die räumliche Nähe zur Betriebsstätte sei gegeben. Auf die Vorgaben der Zulassungsverordnung und des Sicherstellungsstatuts, wonach in ausgelagerten Praxisräumen keine Sprechstunden abgehalten werden dürften, werde hingewiesen.

Im März 2019 bemerkte der Antragsteller im Krankenhausgebäude Hinweisschilder zum "MVZ U.... Radiologie Am Standort der Y.... Klinik X....". Auf der von der Y.... Kliniken GmbH F.... betriebenen Internetseite des MVZ U.... fand sich unter den Informationen über das Leistungsangebot der Hinweis: "MRT-/CT-Untersuchungen können nach Absprache auch am Y.... Standort X.... durchgeführt werden."

Am 15.03.2019 legte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin Widerspruch "gegen etwa ergangene Genehmigungsbescheide für die Tätigkeit in der Nebenbetriebsstätte" ein. Es sei unklar, auf welcher Grundlage die Beigeladene in X.... Leistungen erbringe. In Betracht kämen nur eine Nebenbetriebsstätte oder ausgelagerte Praxisräume. Die Voraussetzungen seien weder für das eine noch für das andere erfüllt. Das MVZ U.... werde in einem anderen Planungsbereich betrieben. Am 03.04.2019 forderte der Antragsteller die Antragsgegnerin auf, der Beigeladenen den Betrieb an der Y.... Klinik X.... zu untersagen.

Nachdem die Antragsgegnerin erwidert hatte, dass die Voraussetzungen für den Betrieb ausgelagerter Praxisräume nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV erfüllt seien, hat der Antragsteller am 02.05.2019 beim Sozialgericht Dresden beantragt, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Betrieb der als ausgelagerte Praxisräume des MVZ U.... deklarierten Einrichtung in den Räumen des Y.... Klinikums X.... vorläufig zu untersagen. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene sind dem entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 15.07.2019 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, der Beigeladenen bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens, längstens bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist für die Erhebung der Klage...

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