Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Absetzung notwendiger Ausgaben. Vorhaltekosten für privaten Pkw. Durchschnittseinkommen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Allgemeine Vorhaltekosten für die Abnutzung eines Kraftfahrzeugs sind keine Ausgaben im Sinne des §11b Abs 1 Satz 1 Nr 5 SGB II.

2. Zweifel am gesetzgeberischen Willen, mit § 2 Abs 3 AlgII V aF (juris: AlgIIV 2008) bei der abschließenden Bedarfsberechnung im Bewilligungszeitraum ein durchschnittliches Monatseinkommen zuzulassen, sind seit Inkrafttreten des Neunten Gesetzes zur Änderung des SGB II ausgeräumt.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Januar 2015 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Berücksichtigung von Aufwendungen des Klägers für den Betrieb seines Pkw als Absetzbeträge im Sinne von § 11b Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 01.10.2012 bis 31.03.2013.

Der 1967 geborene Kläger bezieht laufend ergänzende Leistungen nach dem SGB II vom Beklagten. Er ist bei einem Postdienstleister beschäftigt, für den er im streitigen Zeitraum Kurierfahrten unternommen und auch einen eigenen Zustellbezirk betreut hatte. Hierfür benutzte er seinen eigenen Pkw, einen S.... mit amtlichen Kennzeichen F..... Vom Arbeitgeber erhält der Kläger neben seinem Arbeitsentgelt eine Fahrtkostenerstattung. Die Vergütung ist monatlich unterschiedlich. Der Kläger bewohnt im Haus seines Vaters eine 66 m² große Wohnung, für die er monatlich eine Gesamtmiete von 325,62 € einschließlich einer Betriebskostenvorauszahlung von 65,62 € zu zahlen hat. Diese wurden in tatsächlicher Höhe bei der Bewilligung von Leistungen berücksichtigt, weil die Wohnungskosten zwar um 5,00 € über der Angemessenheit lägen, eine Kostensenkungsaufforderung aber aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen unterbleibe.

Auf seinen Antrag vom 30.08.2012 bewilligte der Beklagte dem Kläger mit vorläufigem Bescheid vom 10.09.2012 für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.03.2013 monatliche Leistungen in Höhe von 412,15 €. Dabei berücksichtigte der Beklagte ein bereinigtes Erwerbseinkommen in Höhe von 260,47 €. Mit Änderungsbescheid vom 24.11.2012 wurden die Leistungen für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 infolge der Erhöhung der Regelbedarfe zum 01.01.2013 angepasst und monatlich 420,15 € weiterhin vorläufig bewilligt.

Mit dem Antrag vom 30.08.2012 reichte der Kläger eine Erklärung zu seinen Kfz-Kosten ein, wonach die mit dem Arbeitgeber vereinbarte Aufwandsentschädigung von 0,20 €/km für die Benutzung des eigenen Pkw die betriebsbedingten Ausgaben für Benzin und "Vorhaltung" nicht decke, weil diese bei 0,30 €/km lägen. In dieser Höhe seien daher die weiteren Ausgaben für den Pkw vom Einkommen abzusetzen. Daneben müssten die Versicherungsbeiträge berücksichtigt werden. Mit Schreiben vom 10.11.2012 legte der Kläger eine Rechnung vom 22.10.2012 für eine Kfz-Reparatur in Höhe von 545,45 € vor, von der 85 % als Ausgabe bei der Berechnung der Hartz IV-Leistungen zu berücksichtigen seien.

Am 21.11.2013 beantragte der Bevollmächtigte des Klägers unter Bezugnahme auf eine Erörterung vor dem Sozialgericht die Überprüfung der Bewilligungsbescheide u.a. für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 30.09.2013 im Hinblick auf die Anerkennung von 85 % der "Vorhaltekosten" über die Entschädigungspauschale des Arbeitgebers hinaus als abziehbare Ausgaben vom Erwerbseinkommen, nämlich Kosten für Benzin, Reparatur, Instandhaltung, Pflege und Inspektionen. Zugleich reichte er entsprechende Aufstellungen der seiner Ansicht nach monatlich abziehbaren Kosten sowie für Ausgaben und Aufwandsentschädigung ein. Insgesamt forderte er die Anerkennung von weiteren Ausgaben i.H.v. 0,067 €/km bzw. 0,078 €/km.

Mit Bescheid vom 05.02.2014 lehnte der Beklagte die Änderung der Bescheide vom 10.09.2012 und 24.11.2012 für den Zeitraum vom 01.10.2012 bis 31.03.2013 ab. Dagegen erhob der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch (W 787/14).

Nach Vorlage der Einkommensnachweise setzte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 27.06.2014 für die Zeit vom 01.01.2013 bis 31.03.2013 monatlich höhere und für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.12.2012 monatlich geringere Leistungen fest und forderte mit Bescheid vom 27.06.2014 gemäß § 328 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) die Erstattung von insgesamt 59,16 € für die Zeit vom 01.10.2012 bis 31.12.2012.

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.02.2014 verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.2014 (W 787/14) als unzulässig, weil die vorläufigen Bescheide durch den endgültigen Bescheid vom 27.06.2014 ersetzt worden seien und sich somit erledigt hätten.

Den gegen den Änderungsbescheid und den Erstattungsbescheid vom 27.06.2014 gerichteten Widerspruch (W 1969/14 und W 1970/14) wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.09.2014 zurück. Auf den Gesamtbedarf des Klägers i.H.v. 672,62 € se...

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