Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Grundsicherung für Arbeitsuchende. fehlende Rechtsgrundlage für die Leistungsversagung wegen eines Altersrentenanspruchs. fiktives Einkommen. fehlender Zufluss der vorzeitigen Altersrente. Übergang der Antragsbefugnis auf den Grundsicherungsträger
Leitsatz (amtlich)
1. Es gibt keine Rechtsgrundlage, die ein Jobcenter dazu berechtigen würde, allein wegen eines Anspruches auf vorzeitige Altersrente einen Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II abzulehnen.
2. Hilfe von einem Träger anderer Sozialleistungen erhält iS von § 9 Abs 1 SGB II, wer sie bezieht, das heißt wem sie tatsächlich zufließt. Es reicht nicht aus, wenn der Leistungsberechtigte die erforderliche Hilfe von anderen erhalten kann.
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 14. August 2015 wird zurückgewiesen.
II. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Gründe
Der Antragsgegner wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 14. August 2015, mit dem er ihm Rahmen einer einstweiligen Anordnung verpflichtet worden ist, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) für die Zeit vom 5. August 2015 bis zum 31. Januar 2016 in bezifferter Höhe zu zahlen.
Der im … 1951 geborene, erwerbsfähige Antragsteller bezog vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Vom 23. Februar 2015 bis zum 22. August 2015 nahm er an einer Maßnahme mit Mehraufwandentschädigung in Höhe von 1,75 EUR/Stunde teil. Die Beschäftigungszeit betrug 25 Stunden pro Woche, max. jedoch 100 Stunden pro Monat. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wurden ihm zuletzt bis zum 31. Juli 2015 vorläufig in Höhe von 774,05 EUR bewilligt.
Nach der Rentenauskunft vom 27. Mai 2014 konnte der Antragsteller ab 1. März 2014 eine Altersrente vorzeitig in Anspruch nehmen. Der Antragsgegner forderte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 21. Mai 2014 auf, bis zum 14. Juni 2014 bei der Deutschen Rentenversicherung einen Antrag auf Altersrente zu stellen. Den zunächst vom Antragsteller gestellten Rentenantrag nahm dessen Bevollmächtigte am 30. Juli 2014 zurück, weshalb der Antragsgegner am 23. Februar 2015 auf der Grundlage von § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II einen Rentenantrag stellte. Nach Mitteilung des Rentenversicherungsträgers habe der Antragsteller im Rentenverfahren nicht mitgewirkt.
Am 25. Juni 2015 beantragte der Antragsteller die Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II, welchen der Antragsgegner mit Bescheid vom 20. Juli 2015 ablehnte. Der Antragsteller könne nach Aktenlage bei Inanspruchnahme der Rente und von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) seinen Bedarf decken, ohne Leistungen nach dem SGB II erhalten zu müssen. Der Antragsteller habe bereits ab dem 1. März 2014 die Möglichkeit, Altersrente in Anspruch zu nehmen, wozu er mit Schreiben vom 21. Mai 2014 aufgefordert worden sei. Nachdem seine Bevollmächtigte diesen Antrag zurückgenommen habe, sei eine weitere Vorleistung des Antragsgegners durch eine weitere Bewilligung von Arbeitslosengeld II nicht möglich. Gründe, die gegen eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente sprächen, seien nicht ersichtlich. Zu den Leistungsansprüchen des Antragstellers stellte der Antragsgegner fest, dass er zuletzt Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 774,05 EUR erhalten habe; die Rentenhöhe hätte bei einem Rentenbeginn am 1. März 2014 bei 643,21 EUR gelegen.
Der Antragsteller legte gegen den Bescheid am 24. Juli 2015 Widerspruch ein, über den nach Aktenlage noch nicht entschieden ist.
Auf den Antrag des Antragstellers vom 5. August 2015 hat das Sozialgericht durch Beschluss vom 14. August 2015 eine einstweilige Anordnung erlassen. Darin ist der Antragsgegner verpflichtet worden, dem Antragsteller vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 5. August 2015 bis zum 31. August 2015 in Höhe von 696,65 EUR und für den Zeitraum vom 1. September 2015 bis zum 31. Januar 2016 in Höhe von monatlich 774,05 EUR zu zahlen, jeweils längstens bis zur Entscheidung in der Hauptsache. Zum Anordnungsanspruch hat das Sozialgericht ausgeführt, dass sich für die Leistungsablehnung im Gesetz keine Stütze finde. Der Antragsteller sei hilfebedürftig im Sinne des SGB II. Der Antragsteller verfüge weder über Einkommen noch Vermögen. Die Leistungen des Rentenversicherungsträgers hätten noch nicht eingesetzt. Die Regelungen in § 12a Satz 1 SGB II und § 5 Abs. 3 SGB II würden das Zuflussprinzip nicht außer Kraft setzen. Der Antragsgegner könne sich zudem weder auf die §§ 30 ff. SGB II noch auf § 66 des Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) berufen. Unter Verweis auf den Beschluss des Sozialgerichtes ...