Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenbehandlung. Mangelhaftigkeit einer zahnprothetischen Versorgung. Verlangen einer zahnprothetischen Neuversorgung durch die Krankenkasse. vorrangige zivilrechtliche Gewährleistungsansprüche des Versicherten gegen den Zahnarzt. Bestehen einer Obliegenheit des Versicherten zur vorrangigen Geltendmachung der zivilrechtlichen Gewährleistungsansprüche als Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebotes. Begrenzung der Obliegenheit durch Zumutbarkeit der Nachbesserung im Einzelfall
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Mangelhaftigkeit einer zahnprothetischen Versorgung trifft den Versicherten die Obliegenheit, vorrangig Gewährleistungsansprüche gegen den behandelnden Zahnarzt aus dem mit diesem abgeschlossenen zivilrechtlichen Behandlungsvertrag geltend zu machen, bevor (erneut) ein Leistungsanspruch gegen die Krankenkasse nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung auf Versorgung mit Zahnersatz erhoben wird.
2. Eine Neuversorgung mit Zahnersatz kommt bei mangelhafter zahnärztlicher Versorgung erst dann in Betracht, wenn dem Versicherten Nachbesserungsmaßnahmen durch den Zahnarzt nicht zuzumuten sind.
Tenor
I. Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 11. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Streitig in der Hauptsache ist ein Anspruch der Klägerin auf zahnprothetische Versorgung.
Die 1944 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Im Zeitraum von 2010 bis 2013 befand sie sich in zahnärztlicher Behandlung bei dem Vertragszahnarzt Dr. med. dent. Z...., B..... Dr. Z.... plante eine zahnprothetische Gesamtversorgung für Ober- und Unterkiefer der bis dahin noch nicht prothetisch versorgten Klägerin. Ein von Dr. Z.... im August 2012 erstellter Heil- und Kostenplan nach § 87 Abs. 1a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wurde von der Beklagten am 02.10.2012 genehmigt, wobei zunächst die Versorgung des Oberkiefers - auf Wunsch der Klägerin mit einem festsitzenden Zahnersatz - erfolgen sollte. Die hierfür anfallenden Kosten waren im Heil- und Kostenplan mit 5.056,53 € ausgewiesen, der Festzuschuss der Kasse (Härtefall) mit 3.161,80 €.
Am 04.01.2013 erfolgte die Eingliederung des Zahnersatzes in Form einer zirkulären Brücke. Die Beklagte erbrachte den Festzuschuss, hinsichtlich des Eigenanteils (1.894,73 €) traf die Klägerin eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem behandelnden Arzt.
Mit Schreiben vom 24.03.2013 beschwerte sich die Klägerin bei der Beklagten über den behandelnden Arzt und machte Mängel an der Versorgung geltend. Die prothetische Versorgung wirke wie ein "Pferdegebiss" und verursache ein dauerhaftes Lispeln.
Die Beklagte ließ daraufhin ein Mängelgutachten erstellen (Gutachterin: Dr. X...., Gutachten vom 18.06.2013 nach persönlicher Untersuchung der Klägerin am 17.05.2013) und verwies die Klägerin sodann mit Schreiben vom 21.06.2013 auf Ansprüche gegenüber dem behandelnden Zahnarzt. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 24.06.2013 mit, dass das Vertrauensverhältnis zu Dr. Z.... gestört sei und sie eine Weiterbehandlung durch diesen ablehne.
Die Beklagte legte den Fall daraufhin dem Prothetik-Ausschuss der Kassenzahnärztlichen Vereinigung W.... vor. Der Ausschuss kam nach Untersuchung der Klägerin am 28.08.2013 zu dem Ergebnis, dass der Zahnersatz lege artis angefertigt worden sei. Die klinische Untersuchung zeige eine harmonische Zahnreihe; die Gestaltung der Zähne sei als gut - in keinem Fall als zu dominant oder zu groß - zu bezeichnen. Das von der Klägerin beschriebene Lispeln könne nicht andeutungsweise festgestellt werden. Die von der Klägerin geäußerte Unzufriedenheit sei nicht nachvollziehbar auf die von Dr. Z.... angefertigte Oberkieferversorgung zurückzuführen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass sich Missempfindungen aufgrund des bisher nicht prothetisch versorgten Unterkiefers ergäben. Eine derartige Versorgung sei zeitnah und zwingend notwendig. Der Einschätzung der Klägerin, dass im Unterkiefer "von der Mitte ausgehend jeweils drei Zähne für eine sichere Kaufunktion ausreichend seien", könne aus zahnmedizinischer Sicht keinesfalls zugestimmt werden.
Mit Schreiben vom 02.10.2013 teilte die Beklagte der Klägerin die Einschätzung des Prothetik-Ausschusses mit. Eine Erneuerung des Oberkieferzahnersatzes sei demnach nicht erforderlich. Vielmehr solle umgehend die Versorgung des Unterkiefers erfolgen. Das Schreiben enthielt eine Rechtsbehelfsbelehrung, die den Widerspruch als statthaften Rechtsbehelf benannte.
Mit Widerspruchsschreiben vom 18.10.2013 brachte die Klägerin erneut ihre Unzufriedenheit mit der durchgeführten Behandlung zum Ausdruck und verwies auf die aus ihrer Sicht fortbestehenden Mängel (Lispeln, "Pferdegebiss").
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2014 wies die Beklagte den Widerspruch vom 18.10.2013 gegen den Bescheid vom 02.10.2013 als unbegründet zurück. Der Widerspruch sei zulässig aber unbegründet. D...