Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Kostenübernahme für Fahrten zu ambulanten Krankenbehandlungen. Sicherstellung der medizinischen Versorgung durch die gesetzliche Krankenversicherung. Ergänzung durch die im Regelbedarf enthaltenen Anteile für Verkehr und Gesundheitspflege. kein unabweisbarer laufender besonderer Bedarf
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für Fahrten zu ambulanten Behandlungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werden, sind nicht vom Grundsicherungsträger zu erstatten.
Tenor
I. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 12. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.05.2010 bis 30.04.2011 zu gewähren sind, nämlich insbesondere Kosten für krankheitsbedingte Fahrten nach D….
Der 1956 geborene Kläger wohnt mit seiner 1964 geborenen Ehefrau R… und seinen behinderten Sohn K… (*1983) zusammen in einer Wohnung. Der Sohn bezieht Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch; für ihn erhalten die Eltern monatliches Pflegegeld (Pflegestufe III) und Kindergeld. Der Kläger und seine Frau stehen seit 01.10.2005 im laufenden Leistungsbezug des Beklagten. Sie verfügen über einen Pkw Skoda Oktavia.
Beim Kläger besteht seit 07.07.2000 eine Schwerbehinderung (Grad der Behinderung 50 ohne Merkzeichen). Er leidet an Diabetes mellitus Typ IIb mit Auflage zur Gewichtsreduktion, einer koronaren Herzerkrankung nach Herzinfarkt 1996, einer chronifizierten Nierenfunktionsstörung bei Einnierigkeit, Hyperlipidämie u.a. bei Adipositas, Hyperurikämie u.a. bei Adipositas und Hypertonie ebenfalls u.a. bei Adipositas. Auf die entsprechenden Weiterbewilligungsanträge gewährte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft monatliche Leistungen für die Zeit vom 01.05.2010 bis 30.04.2011 einschließlich eines Mehrbedarfs für den Kläger wegen seiner Nierenerkrankung in Höhe von damals 36,00 € monatlich.
Am 11.03.2010 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 die Erstattung von Fahrtkosten zur fachinternistischen Therapie in der Stoffwechsel-Ambulanz der Universitätsklinik D… nach der Härtefallregelung. Die Therapie sei mittels Überweisung durch eine fachinternistische Praxis verordnet und somit hinreichend medizinisch indiziert. Ein gleichlautender Antrag sei von seiner Krankenversicherung abgelehnt worden (Bescheid der Barmer GEK vom 03.03.2010). Er fordere je Therapiesitzung und Quartal die pauschale Erstattung von 25,00 € zuzüglich Parkkosten. Dies lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 31.08.2010 ab, weil die anfallenden Kosten nicht zu den laufenden Sonderbedarfen i.S.v. § 21 Abs. 6 SGB II gehörten. Der Widerspruch dagegen war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.03.2011 - W …).
Am 15.04.2011 hat der Kläger beim Sozialgericht Chemnitz Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass er keine Krankenversicherungsleistung beanspruche, sondern einen Sonderbedarf i.S.d. Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, den der Beklagte zu leisten habe; ggf. seien Erstattungsansprüche gegenüber der Krankenversicherung geltend zu machen. Die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sei ihm wegen seiner multiplen Stoffwechsel-Erkrankungen nicht möglich; dies unterliege medizinischer Einschätzung. Durch die unzureichenden Regelsätze in der Vergangenheit seien der Bedarfsgemeinschaft des Klägers Leistungen für das Existenzminimum vorenthalten worden, so dass kein Ansparpotenzial bestanden habe oder jetzt bestehe, aus dem die notwendigen Fahrten zur Therapie bestritten werden könnten. Zudem sei eine Geschwulstbehandlung der Schilddrüse hinzugekommen, die eine Vorstellung alle zwei Monate erfordere. Im Regelbedarf seien keine krankheitsbedingten Fahrten enthalten. Die Bedarfsgemeinschaft des Klägers habe monatliche Verkehrskosten von 336,72 € (davon Leasingrate 164,22 €) zu tragen, also ein Vielfaches der im Regelsatz enthaltenen Anteile für Verkehrsdienstleistungen. Trotz seiner Schwerbehinderung habe der Kläger keinen Anspruch auf Erleichterungen im ÖPNV. Im Übrigen seien fachärztliche Konsultationen den Meldeterminen beim Leistungsträger gleichzusetzen, für die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) Kosten zu erstatten seien. Die Berufung sei wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Das Sozialgericht hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 12.12.2011 abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet, weil dem Kläger kein Anspruch auf Übernahme der beantragten Aufwendungen aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG bzw. § 21 Abs. 6 SGB II (in der seit 01.04.2011 geltenden Fassung des Gesetzes zu...