Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Nichtzulassungsbeschwerde. Versäumung der Beschwerdefrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Anforderungen an Wiedereinsetzung. Fehler des Gerichts. Rechtsprechung des BVerfG. Verfahrensmangel. Fehlen von Entscheidungsgründen. keine Überprüfbarkeit der Entscheidung. Unbrauchbarkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Entscheidung über eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zu beachten, wonach die Anforderungen an eine Wiedereinsetzung mit besonderer Fairness zu handhaben sind, wenn eine Fristversäumung auf Fehlern des Gerichts beruht. Aus Fehlern des Gerichts dürfen keine Verfahrensnachteile für die Beteiligten abgeleitet werden.
2. Eine Entscheidung ist nur dann nicht mit Gründen versehen, wenn die Entscheidungsgründe keine Kenntnis darüber vermittelten, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgebend gewesen sind, und wenn den Beteiligten und dem Rechtsmittelgericht deshalb die Möglichkeit entzogen ist, die Entscheidung zu überprüfen. Das ist nur der Fall, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstands fehlen oder sich als derart verworren oder unverständlich darstellen, dass sie unbrauchbar sind (Anschluss an BVerwG vom 25.9.2013 - 1 B 8/13 = juris RdNr 16).
Orientierungssatz
Zum Leitsatz 1 vgl BVerfG vom 4.5.2004 - 1 BvR 1892/03 = BVerfGE 110, 339 und vom 26.2.2008 - 1 BvR 2327/07 = NJW 2008, 2167.
Tenor
I. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 3. April 2014 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung ihrer Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 3. April 2014, welches ihrer Klage gegen die Erstattung von Arbeitslosengeld abgewiesen hat.
Die Klägerin (geboren 1951) meldete sich zum 1. April 2007 arbeitslos und bezog bis zur Aufnahme einer erneuten Beschäftigung zum 15. April 2008 Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Da das neue Arbeitsverhältnis deutlich geringer entlohnt wurde als ihr letztes Beschäftigungsverhältnis bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 23. April 2008 für 720 Kalendertage einen Zuschuss zum Arbeitsentgelt in Höhe von 175,05 EUR für die Zeit vom 15. April 2008 bis 14. April 2009 sowie in Höhe von 105,03 EUR für die Zeit ab dem 15. April 2009, da die Beschäftigung durch Entgeltsicherungsleistungen für ältere Arbeitnehmer unterstützt werden konnte. Das Arbeitsverhältnis endete vorzeitig zum 25. Dezember 2008. Die Klägerin meldete sich daraufhin mit Wirkung zum 26. Dezember 2008 erneut arbeitslos. Mit Bescheid vom 8. Januar 2009 bewilligt die Beklagte ihr Arbeitslosengeld, welches die Klägerin vom 26. Dezember 2008 bis zum 13. März 2009 bezog. In der Folge wechselten sich Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung mehrfach ab.
Die Beklagte überwies ihr über den 25. Dezember 2008 hinaus bis zum 14. April 2010 Entgeltsicherungsleistungen. Nachdem ihr dies hörte sie die Klägerin mit Schreiben vom 5. Mai 2010 zur beabsichtigten Aufhebung- und Erstattung der Entgeltsicherungsleistungen an und hob schließlich mit Bescheid vom 9. Juli 2010 die Bewilligung der Entgeltsicherungsleistung als Zuschuss zum Arbeitsentgelt für die Zeit vom 13. Juni 2009 bis zum 30. November 2009 in Höhe von 588,17 EUR auf, da seit Bewilligung der Leistung eine wesentliche Änderung eingetreten sei, nämlich die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses. Der Klägerin hätte unter Anwendung der erforderlichen Sorgfalt auffallen müssen, dass ihr die bewilligte Leistung nicht mehr zustanden. Die überzahlte Leistung in Höhe von 588,17 EUR sei von ihr zu erstatten.
Den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 9. Juni 2010 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2010 zurück.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 3. April 2014 abgewiesen. Nach Auffassung des Sozialgerichts habe die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Entgeltersatzleistungen für ältere Arbeitnehmer im Fall der Klägerin aufgehoben, da sie nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und Arbeitslosengeld bezogen habe. Das Sozialgericht hat in seiner Rechtsmittelbelehrung über das Rechtsmittel der Berufung belehrt.
Gegen das ihr am 22. Mai 2014 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 19. Juni 2014 Berufung eingelegt, die unter dem Aktenzeichen L 3 AL 83/14 geführt wurde. Auch Hinweis des Gerichts mit Schreiben vom 12. April 2016 auf die fehlende Statthaftigkeit der Berufung wegen Nichterreichens des für die Berufung notwendigen Beschwerdewertes hat die Klägerin am 18. Mai 2016 die Berufung zurückgenommen und mit Schreiben vom gleichen Tag Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Zur Begründung verweist sie darauf...