Entscheidungsstichwort (Thema)

Terminsgebühr

 

Leitsatz (amtlich)

Zahlungen auf die Geschäftsgebühr (Nr 2302 VV RVG) (juris: RVG-VV) für die Tätigkeit eines im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren sind auf die Verfahrensgebühr (Nr 3102 VV RVG) nur anzurechnen, soweit sie tatsächlich erfolgt sind.

 

Normenkette

RVG § 3 Abs. 1 S. 1, § 14 Abs. 1, § 15a Abs. 1, § 55 Abs. 5 Sätze 2-4, Abs. 6, § 58 Abs. 1-2; VV RVG Nrn. 3102, 3106

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 9. Juni 2015 geändert. Die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung wird auf 438,85 € festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Diese Entscheidung ergeht gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Streitig ist die Höhe von aus der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren für ein sozialgerichtliches Verfahren auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

Der Kläger führte, anwaltlich vertreten durch den Beschwerdeführer, vor dem Sozialgericht (SG) Chemnitz das Verfahren S 3 (26) AS 5736/13 (Klageerhebung vom 09.12.2013). Streitgegenständlich im Verfahren war die Höhe der dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2013 bis 31.10.2013 gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Begründet wurde die Klage unter Verweis auf die (vermeintliche) Verfassungswidrigkeit der vom Beklagten bei der Leistungsbemessung in Ansatz gebrachten Regelleistung. Mit Beschluss vom 31.01.2014 bewilligte das SG dem Kläger Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Beschwerdeführers. Am 12.11.2014 führte das SG in der Angelegenheit einen Erörterungstermin durch (Dauer: 27 Minuten), in welchem neben dem Verfahren S 3 AS 5736/13 zwei weitere Verfahren des Klägers verhandelt wurden. Insgesamt nahm der Beschwerdeführer am Terminstag 14 Termine beim SG wahr. Nachdem der Beklagte sich zur Übernahme von 50 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers verpflichtet hatte, erklärte der Kläger das Verfahren S 3 AS 5736/13 in der Hauptsache für erledigt.

Mit Schriftsatz vom 24.11.2014 beantragte der Beschwerdeführer, seine aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) und dessen Vergütungsverzeichnis (VV RVG) für das Klageverfahren S 3 AS 5736/13 wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG)

  300,00 €

Einigungsgebühr (Nr. 1006, 1005 VV RVG)

  300,00 €

Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG)

  280,00 €

Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG)

   20,00 €

Fahrtkosten (Nr. 7003 VV RVG)

    3,55 €

Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG)

    5,38 €

Reisekosten (Nr. 7006 VV RVG)

    0,52 €

Zwischensumme netto

  909,45 €

Mehrwertsteuer 19,00 %

  172,80 €

Gebühren brutto

1.082,25 €

Im Dezember 2014 erstattete der Beklagte Kosten für das Vorverfahren in Höhe von 155,17 € (154,70 € zzgl. Zinsen) an den Beschwerdeführer. Hierin enthalten war eine Geschäftsgebühr (nach Nr. 2400 VV RVG a.F.) in Höhe von 120,00 € (1/2 von 240,00 €).

Mit Verfügung vom 04.02.2015 setzte die Urkundsbeamtin des SG die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung für das Verfahren S 3 AS 5736/13 auf 366,88 € wie folgt fest:

Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG)

  300,00 €

Anrechnung Geschäftsgebühr

 -120,00 €

Einigungs-/Erledigungsgebühr (Nr. 1006 VV RVG)

    0,00 €

Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG)

  100,00 €

Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG)

   20,00 €

Tage- und Abwesenheitsgeld (Nr. 7005 VV RVG)

    5,00 €

Reisekosten (Nr. 7003 VV RVG) 154 km x 0,30 €

    3,30 €

insgesamt

  308,30 €

Mehrwertsteuer 19 % (Nr. 7008 VV RVG)

   58,58 €

Gesamtsumme

  366,88 €

Die Terminsgebühr sei im Hinblick auf den unterdurchschnittlichen Umfang - Verhandlung von insgesamt drei Verfahren in 27 Minuten (= neun Minuten pro Verfahren) - zu kürzen (Verweis auf den Senatsbeschluss vom 19.06.2013 - L 8 AS 45/12 B KO - juris). Eine Einigungs-/Erledigungsgebühr sei nicht entstanden. Eine über die allgemeine Verfahrensförderung hinausgehende Mitwirkung des Rechtsanwalts sei nicht ersichtlich (Verweis auf den Senatsbeschluss vom 04.09.2013 - L 8 AS 1282/12 B KO - juris). Die Terminsauslagen seien entsprechend der Anzahl der am Terminstag insgesamt beim SG wahrgenommenen Termine - nämlich 14 - zu quoteln (Verweis auf den Senatsbeschluss vom 19.06.2013 - L 8 AS 1433/12 B KO). Parkgebühren seien nicht nachgewiesen.

Hiergegen wandte sich der Beschwerdeführer im Wege der Erinnerung. Die Geschäftsgebühr dürfe nur in tatsächlich geflossener Höhe angerechnet werden. Eine Gebühr nach Nr. 1005, 1006 VV RVG sei entstanden, man habe sich hinsichtlich der Berücksichtigung der Kosten der Unterkunft und Heizung geeinigt. In Bezug auf die Terminsgebühr sei darauf hinzuweisen, dass eine Terminsdauer von 20 Minuten dem Durchschnitt entspreche. Auch der Kürzung der Terminsauslagen werde widersprochen.

Mit Beschluss vom 09.06.2015 änderte das SG auf die Erinnerung die Vergütungsfestsetzung ab und setzte ...

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