Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Umfang des Beschwerdeausschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

Auch bei Ablehnung von PKH wegen Fehlens des Prozesskostenhilfevordrucks greift der Beschwerdeausschluss nach § 172 Abs 3 Nr 2 SGG ein. Denn in dem zweigeteilten System - hinreichende Erfolgsaussicht / persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse - gehört der vollständig ausgefüllte Prozesskostenhilfevordruck zu Letzterem.

 

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 9. Juli 2008 wird verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Das nunmehr anhängige Beschwerdeverfahren betrifft die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für den vor dem Sozialgericht Chemnitz anhängigen Rechtsstreit betreffend das Aktenzeichen S 32 AS 1899/08 ER.

In der Hauptsache betrifft der Rechtsstreit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen einen Sanktionsbescheid nach § 31 SGB II vom 18.03.2008. Streitig ist das Bestehen eines wichtigen Grundes für die Ablehnung einer Arbeitstätigkeit im Rahmen einer Eingliederungsvereinbarung.

Im Rahmen eines Erörterungstermins vom 02.04.2008 vor dem Sozialgericht Chemnitz betreffend das Verfahren S 32 AS 1311/08 ER beantragte der Beschwerdeführer die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen Sanktionsbescheid vom 18.03.2008 anzuordnen. Aus diesem Antrag ging das Verfahren S 32 AS 1899/08 ER hervor.

In einem Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin bezüglich dieses Verfahrens (S 32 AS 1899/08 ER) vom 28.04.2008 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers nach Durchführung der Beweisaufnahme, dem Beschwerdeführer/Antragsteller Prozesskostenhilfe zu gewähren. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse war zu diesem Verfahren (bislang) nicht vorgelegt worden.

In einem weiteren Verfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz (S 32 AS 1866/08 ER), eingegangen am 07.04.2008, beantragte der Beschwerdeführer - gleichfalls im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes - ebenfalls die Aufhebung des Sanktionsbescheides vom 18.03.2008 sowie eines weiteren Bescheides vom 02.04.2008. Auch zu diesem Verfahren beantragte er die Gewährung von Prozesskostenhilfe und reichte hierzu am 09.04.2008 eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein. Diesem Antrag entsprach das SG mit Beschluss vom 08.07.2008.

In dem hier zu Grunde liegenden Verfahren (S 32 AS 1899/08 ER) lehnte das SG durch Beschluss vom 30.04.2008 zunächst den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab.

Mit weiterem Beschluss vom 09.07.2008 lehnte das SG zudem die Bewilligung von PKH ab. Die Verordnung zur Einführung eines Vordrucks für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozesskostenhilfe sehe in § 1 Abs. 1 i. V. m. § 117 Abs. 4 ZPO vor, dass der amtliche Vordruck zu verwenden sei. Die Ausnahmen einer vereinfachten Erklärung gemäß § 2 seien hier für einen Bezieher von Leistungen nach dem SGB II nicht maßgeblich. Entsprechend der Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts seien für die Erklärung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 4 ZPO die amtlichen Formulare (ZP1) zwingend zu verwenden. Andernfalls sei ein ordnungsgemäßer Antrag nicht gestellt. Das Gericht sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer auf dieses Versäumnis hinzuweisen. Der PKH-Antrag sei erst im Termin nach Durchführung der Beweisaufnahme gestellt worden, zu diesem Zeitpunkt sei der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung bereits entscheidungsreif gewesen. PKH könne danach auch ohne weiteren Hinweis abgelehnt werden, denn der Prozessbevollmächtigte, der einen PKH-Antrag ohne eine Erklärung ZP1 - also unvollständig - einreiche, trage das Risiko, dass sein entscheidungsreifer Antrag bereits mangels Erfolgsaussicht abgelehnt werde.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 06.08.2008 Beschwerde eingelegt. Die Voraussetzungen für eine Gewährung von PKH seien gegeben. Zunächst bestehe materiell-rechtlich eine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Zudem sei entgegen den Ausführungen des SG der Antrag auf PKH nicht erst im Termin vom 28.04.2008 erfolgt, sondern bereits am 09.04.2008 im Rahmen des Verfahrens S 32 AS 1866/08 ER. In beiden Verfahren sei - u. a. derselbe Bescheid vom 18.03.2008 - angegriffen worden. Insofern stelle die Nichtgewährung von PKH eine ungerechtfertigte, willkürliche Benachteiligung des Beschwerdeführers dar.

In der vorliegenden Situation hätte es zudem eines Hinweises des Gerichts auf die nochmalige Notwendigkeit eines amtlichen Vordrucks bedurft.

Auf den Hinweis des Bezirksrevisors beim Sächsischen Landessozialgericht, als Vertreter des Freistaates Sachsen, dass die inhaltliche Richtigkeit des SG-Beschlusses hier nicht relevant sei, da die Beschwerde auf der Grundlage der Rechtslage seit dem 01.04.2008 nicht statthaft sei, hat der Beschwerdeführer ergänzend auf einen Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge