Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. Entscheidung über die Streitwertbeschwerde durch den Einzelrichter. Unzulässigkeit. Erfordernis der Beschwerdeeinlegung beim Ausgangsgericht. Beschwerdefrist. Nichtanwendbarkeit von § 173 S 2 SGG. keine Abänderung der fehlerhaften Festsetzung von Amts wegen. Kostenfreiheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Über die Beschwerde gegen einen Streitwertbeschluss des Sozialgerichts entscheidet die Berichterstatterin des LSG als originäre Einzelrichterin.

2. § 173 S 2 SGG ist im Verfahren der Streitwertbeschwerde nicht anwendbar.

3. Hier: keine Änderung der fehlerhaften Streitwertfestsetzung von Amts wegen nach § 63 Abs 3 S 3 GKG.

 

Orientierungssatz

Ist eine Beschwerde gegen die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung nach dem erkennbaren Willen des Beklagten für das Landessozialgericht bestimmt und ausdrücklich an dieses adressiert, besteht kein Anlass diesen Schriftsatz noch am selben Tag an das zuständige Sozialgericht weiterzuleiten (vgl auch OVG Magdeburg vom 6.2.2014 - 1 O 11/14 = NVwZ-RR 2014, 536).

 

Tenor

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Dresden vom 1. April 2015 wird verworfen.

 

Gründe

Der Senat entscheidet über die Streitwertbeschwerde des Beklagten gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 2. Halbsatz Gerichtskostengesetz (GKG) durch die Berichterstatterin allein, da die angegriffene Streitwertfestsetzung durch den Kammervorsitzenden des Sozialgerichts eine Einzelrichterentscheidung i.S.d. § 66 Abs. 6 Satz 1 1. Halbsatz GKG darstellt (vgl. Sächsisches Landessozialgericht ≪SächsLSG≫, Beschluss vom 21.07.2014 - L 7 AS 1168/13 B, Rn. 7; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.07.2014 - L 11 R 2546/14 B, Rn. 1, m.w.N., LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.04.2009 - L 10 B 42/08 P, alle juris).

Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 01.04.2015 ist statthaft, da nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Abs. 2 GKG), die Beschwerde stattfindet, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 € übersteigt. Bei dem vom Sozialgericht festgesetzten Streitwert von 3.165,40 € fallen jedenfalls Gebühren für den Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach dem Rechtanwaltsvergütungsgesetz von mehr als 200,00 € an.

Der Senat konnte über die Beschwerde entscheiden, obwohl das Sozialgericht nicht durch förmlichen Beschluss über die Nichtabhilfe entschieden hat. Das in § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 1 GKG vorgeschriebene Abhilfeverfahren dient dazu, dem Ausgangsgericht die Korrektur seiner Entscheidung zu ermöglichen, im Übrigen aber die Entscheidung der nächsthöheren Instanz herbeizuführen. Insoweit ist im Falle der Nichtabhilfe ausreichend, wenn der Kammervorsitzende des Sozialgerichts dokumentiert, dass er mit der Sache befasst war und der Beschwerde nicht abgeholfen hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.02.2011 - L 11 R 5686/10 B, juris). Dies geschah hier durch das richterliche Schreiben des Sozialgerichts vom 17.05.2016, mit dem den Beteiligten mitgeteilt worden ist, dass der Beschwerde nicht abgeholfen werde.

Die vom Beklagten am 20.07.2015 direkt beim Sächsischen Landessozialgericht eingelegte Beschwerde ist allerdings unzulässig und daher zu verwerfen.

Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz GKG ist die Beschwerde nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt wird. Nach jener Vorschrift ist die Beschwerde nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat. Da vorliegend die Erledigung des sozialgerichtlichen Klageverfahrens S 34 AS 5565/14 durch die am 19.01.2015 beim Sozialgericht eingegangene Annahmeerklärung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin auf den Vergleichsvorschlag des Beklagten eingetreten ist, endete die sechsmonatige Frist für die Einlegung der Beschwerde gemäß § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 222 Abs. 1 und Abs. 2 Zivilprozessordnung i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 1. Halbsatz Bürgerliches Gesetzbuch am Montag, den 20.07.2015. Zwar ist die Beschwerdeschrift des Beklagten noch an diesem Tag beim Sächsischen Landessozialgericht eingegangen, aber nicht beim Ausgangsgericht, hier: dem Sozialgericht Dresden.

Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 5 GKG ist die Beschwerde nämlich bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird (iudex a quo). Dies ist hier nicht geschehen, da der Beklagte die Beschwerde beim Sächsischen Landessozialgericht eingereicht hat. In der dem angefochtenen Beschluss vom 01.04.2015 beigefügten Rechtsmittelbelehrung hat das Sozialgericht zutreffend darüber belehrt, bei welchem Gericht die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung einzulegen ist. Da die Beschwerdeschrift nach dem erkennbaren Willen des Bekla...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?