Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Hilfsmittelversorgung. Regelung der Versorgung mit Blutzuckerteststreifen in Vertrag nach § 127 SGB 5. vorläufige Abrechnung nach marktüblichen Preisen. sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Frage der Berechtigung eines Leistungserbringers zum Beitritt in Versorgungsvertrag unter Abänderung einzelner Vereinbarungen dieses Vertrags sowie zum Anspruch auf unmittelbaren Vertragsschluss zwecks Abänderung der streitigen Vereinbarungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Unabhängig von der Einordnung von Blutzuckerteststreifen als Hilfsmittel oder Arzneimittel bleibt es den Vertragspartnern jedenfalls unbenommen, auch die Versorgung von Versicherten mit Blutzuckerteststreifen in einem Vertrag gemäß § 127 SGB V zu regeln.

2. Zur vorläufigen Abrechnung gegenüber der Krankenkasse nach marktüblichen Preisen (verneint).

 

Orientierungssatz

Zur Frage, ob ein Leistungserbringer im Sinne des § 126 SGB 5 (hier: der schwerpunktmäßig im Bereich der Versorgung von an Diabetes erkrankten Versicherten der gesetzlichen Krankenkasse tätig ist) berechtigt ist, einem Versorgungsvertrag nach § 127 Abs 2 SGB 5 (hier: "Vertrag zur Versorgung mit Hilfsmitteln der Produktgruppe 03 und 21 sowie mit Produkten gemäß § 31 SGB V bei insulinpflichtigem Diabetes" und "Vertrag über die Versorgung mit Hilfsmitteln zur Insulinpumpentherapie") unter Abänderung einzelner Vereinbarungen dieses Vertrages beizutreten sowie - im Falle der Verneinung - zur Frage, ob der Leistungserbringer dann einen Anspruch gegen die gesetzliche Krankenkasse darauf hat, dass zwischen den Beteiligten unmittelbar Verträge gemäß § 127 Abs 2 SGB 5 geschlossen werden, die der Abänderung der streitigen Vereinbarungen Rechnung tragen.

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 5. Februar 2015 abgeändert. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin längstens bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Hauptsacheverfahrens berechtigt ist, Blutzuckerstreifen im Sinne des § 31 SGB V an die Versicherten der Antragsgegnerin auch ohne Abschluss eines entsprechenden Rahmenvertrages nach § 127 Abs. 2 SGB V abzugeben und entsprechend der jeweiligen Seite 19 der Verträge "über die Versorgung mit Hilfsmitteln der PG 03 und PG 21 sowie mit Produkten gemäß § 31 SGB V bei insulinpflichtigem Diabetes" abzurechnen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Die Antragsgegnerin trägt ¼, die Antragstellerin ¾ der Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 35.100,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragstellerin und Beschwerdeführerin dazu berechtigt ist, einem Versorgungsvertrag nach § 127 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) unter Abänderung einzelner Vereinbarungen dieses Vertrages beizutreten sowie - sollte dies zu verneinen sein - über die Frage, ob die Beschwerdeführerin dann einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin darauf hat, dass zwischen den Beteiligten unmittelbar Verträge gemäß § 127 Abs. 2 SGB V geschlossen werden, die der Abänderung der streitigen Vereinbarungen Rechnung tragen.

Die Beschwerdeführerin ist eine Leistungserbringerin im Sinne des § 126 SGB V und schwerpunktmäßig im Bereich der Versorgung von an Diabetes erkrankten Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen tätig (Produktgruppen 03 [Applikationshilfen] und 21 [Messgeräte für Körperzustände] des Hilfsmittelverzeichnisses). Sie ist präqualifiziert für die Versorgungsbereiche 03BR (Spritzen und Zubehör, Pens), 03ER (Pumpensysteme) und 21BR (Messgeräte zur Lungenfunktionsmessung, Blutdruckmessgeräte, Blutgerinnungsmessgeräte/Blutzuckermessgeräte, Personenwaagen, Sprachausgaben zu Messgeräten).

Die Beschwerdegegnerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Im Februar 2014 machte sie zum einen ihre "Vertragsabsicht nach § 127 Abs. 2 Satz 3 SGB V zur Versorgung mit Hilfsmitteln der PG 03 und PG 21 sowie mit Produkten gemäß § 31 SGB V bei insulinpflichtigem Diabetes" und zum anderen ihre "Vertragsabsicht nach § 127 Abs. 2 Satz 3 SGB V über die Versorgung mit Hilfsmitteln zur Insulinpumpentherapie" öffentlich bekannt. Auf ihre Anforderung hin übersandte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin die entsprechenden Vertragsentwürfe. Durch zwei Schreiben vom 19. Februar 2014 übersandte die Beschwerdeführerin der Beschwerdegegnerin Anmerkungen zu den beiden Vertragsentwürfen und regte ein "offenes Gespräch" sowie einen "regen Gedankenaustausch" an. Die in der Folgezeit zwischen den Beteiligten geführten Gespräche führten nicht zu einer Einigung.

Mit Wirkung zum 1. Mai 2014 schloss die Beschwerdegegnerin einen "Vertrag nach § 127 Abs. 2 SGB V über die Versorgung mit Hilfsmitteln zur Insulinpumpentherapie" mit einem anderen Leistungserbringer. Mit Schreiben vom 6. Mai 2014 bot sie der Beschwerdeführerin an, diesem Vertrag beizutreten.

Ebenso schloss die Beschwerdegegnerin mit Wirkung zum 1. Mai 2014 zwei...

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