Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss für Studenten bei abstrakter Förderungsfähigkeit des Studiums nach BAföG auch während Urlaubssemester. besonderer Härtefall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Student unterfällt auch während des Urlaubssemesters dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 S 1 SGB 2.

2. Die Gründe für die Beurlaubung (hier: Erkrankung des Studenten) können allenfalls zur Annahme eines besonderen Härtefalles iS von § 7 Abs 5 S 2 SGB 2 führen.

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 30. September 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtlichen Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

III. Dem Antragsteller wird für das Beschwerdeverfahren ab Antragstellung Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … bewilligt. Raten sowie Beiträge aus dem Vermögen sind derzeit nicht zu erbringen.

 

Gründe

I.

Streitig ist, ob der Antragsteller für die Zeit ab 2. September 2010 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen hat.

Der 1989 geborene Antragsteller ist seit dem 1. Oktober 2009 an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) D. im Studiengang Elektrotechnik/Elektronik immatrikuliert. Aus der Immatrikulationsbescheinigung (Matrikelnummer 27641) ergibt sich, dass er zwei Hochschulsemester der Regelstudienzeit von acht Fachsemestern zurückgelegt hat und für das Wintersemester 2010/2011 beurlaubt ist.

Am 26. Juli 2010 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin, beginnend ab dem 1. September 2010, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Dem Antrag beigefügt war die Anlage zur KdU (Kosten der Unterkunft und Heizung), aus welcher sich monatlich als Kosten für eine 61,51 m² große Wohnung 100,00 EUR Grundmiete und 130,00 EUR Nebenkosten ergeben. Des Weiteren reichte der Antragsteller einen Ausbildungsförderungsbescheid vom 30. November 2009 ein, mit welchem ihm für die Zeit von Oktober 2009 bis August 2010 Ausbildungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) in Höhe von 584,00 EUR monatlich bewilligt wurde. Zum Nachweis seiner Hilfebedürftigkeit legte der Antragsteller des Weiteren den Bescheid des Amtes für Ausbildungsförderung vom 1. Juli 2010 vor, mit welchem der Antrag auf Gewährung von Ausbildungsförderung wegen der vorgesehenen Absolvierung des Urlaubssemesters abgelehnt wurde, sowie den Bewilligungsbescheid für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes seiner Mutter, P. S., und den Insolvenzeröffnungsbeschluss über das Vermögen seines Vaters, B. S., vom 4. November 2008. Grund für die Beurlaubung für zwei Semester sind ausweislich des Schreibens der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) D., Fakultät Elektrotechnik, vom 26. Juli 2010 die gesundheitlichen Probleme des Antragstellers, welche in der psychologischen Stellungnahme von Dr. A. K., psychologischer Psychotherapeut, vom 8. Juni 2010 geschildert werden. Danach liege beim Antragsteller eine Anpassungsstörung vor, in deren Folge er über längere Zeit nicht in der Lage gewesen sei, sich auf studienbedingte Aufgaben zu konzentrieren. Zur erfolgreichen Bewältigung der Situation wurde, neben der laufenden Psychotherapie, für die Aufarbeitung der eingetretenen Studienausfälle die Gewährung von zwei Urlaubssemestern empfohlen.

Mit Bescheid vom 24. August 2010 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Gemäß § 7 Abs. 5 und 6 SGB II sei die Ausbildung des Antragstellers im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderfähig. Ein Anspruch auf Leistungen bestünde daher nicht. Der daraufhin eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2010 zurückgewiesen. Die gewährten Urlaubssemester änderten nichts am Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II. In dem Schreiben der HTW D. vom 26. Juli 2010 und der psychologischen Stellungnahme vom 8. Juni 2010 würden zur Stabilisierung des Gesundheitszustandes die Ableistung von Prüfungsleistungen sowie die Bewältigung des Studienrückstandes im Rahmen des Urlaubssemesters empfohlen. Dies sei jedoch Teil des Studiums. Die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II würden daher zu einer Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene führen.

Der Antragsteller hat am 2. September 2010 beim Sozialgericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Der Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 5 SGB II greife während der Beurlaubung nicht. In den “fachlichen Hinweisen„ der Bundesagentur für Arbeit zu § 7 Abs. 5 SGB II sei festgehalten, dass eine Unterbrechung aus Krankheitsgründen für länger als drei Monate zu einem Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt führen könne. Er sei aus Krankheitsgründen beurlaubt und weiterhin krankgeschrieben. Er erbringe keine Studien- und Prüfungsleistungen. Daran ändere auch die Mitteilung der Hochschule nichts, dass...

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