Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 27.06.1997; Aktenzeichen S 1 Kr 86/96) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 27. Juni 1997 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Freistellung von den Herstellungskosten der autologen Tumorvakzine der Firma macropharm GmbH (Gesellschaft für pharmazeutische und diagnostische Präparate mbH mit Sitz in Hannover) in Höhe von 14.375,00 DM.
Der am … geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Nach Feststellung der Erkrankung an einem malignen Nierentumor rechts (Nierenzellkarzinom; TNM-Klassifikation pt 2 NO Mo G 2) im Rahmen einer klinischen Vordiagnostik erfolgte am Vogtlandklinikum Plauen am 24.07.1995 eine Tumornephrektomie, die postoperativ ohne wesentliche Komplikationen verlief.
Am 04.08.1995 unterzeichnete der Kläger einen „Kostenübernahmeantrag”, den die nunmehr in Konkurs stehende Fa. „macropharm” GmbH (Gesellschaft für pharmazeutische und diagnostische Präparate mbH, Hannover) mit einer Reihe weiterer Unterlagen am 10.08.1995 bei der Beklagten vorlegte. Der Antrag ist auch von dem behandelnden Arzt des Krankenhauses, dem Arzt unterzeichnet. Im Antrag ist ausgeführt, eine konventionelle Rezidivprophylaxe verspreche wenig Erfolg. Wegen der möglichen Lebenserwartung und des Erkrankungsbildes sei eine „Aktiv-Spezifische-Immuntherapie” (ASI-Therapie) unter intrakutaner Applikation von „Autologen-Tumorvakzinen” erforderlich. In der dem Antrag beigefügten „Information für Kostenträger” und dem von der Fa. macropharm beigefügten Begleitschreiben ist angegeben, bei der autologen-Tumorvakzine-macropharm (aTm) handele es sich um ein Zellysat zur intrakutanen Applikation, das aus devitalisierten, Jnterferony und Tocopherolacetat-modifizierten, vom Patienten entnommenen Tumorzellen zusammengesetzt ist. Behandlungsziel sei eine Verlängerung der rezidivfreien oder wenigstens progressionsfreien Zeit bei einem Nierenzellkarzinom nach radikaler Tumornephrektomie. Die Therapie beruht auf der Annahme, daß präsentierte tumorassoziierte Antigens dem körpereigenen Immunsystem die Erkennung und Bekämpfung von Tumorzellen ermöglichen. Beigefügt war eine ärztliche Erklärung der Urologischen Klinik Plauen, in der angegeben ist, die Therapie erfolge im Rahmen eines individuellen Heilversuches. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Unterlagen verwiesen (Bl. 1 ff. VA).
Nach Mitteilung des den Kläger weiterbehandelnden Urologen … vom 05.02.1999 erfolgte die Behandlung nach der ASI-Therapie ab Juli 1995. Nach der transperitonealen Tumornephrektomie (24.07.1995) wurde dem Kläger im Krankenhaus eine vierwöchige Vaccineapplikation angeraten, mit der sich der Kläger einverstanden erklärte. Die Herstellungskosten der Tumorvaccine belaufen sich auf 14.375 DM. Die Auslieferung der Tumorvaccine (Ch.-B./Code-Nr. 1032 U 8155) erfolgte am 22.08.1995. Am 06.10.1995 teilte die Mitarbeiterin der Fa. macropharm Dr. … dem Urologen Dr. … telefonisch mit, die Tumorvaccine könnten dem Kläger injiziert werden; Regresse gegen den Kläger und den Arzt schieden aus. Sodann erfolgten aTm-Injektionen am 21.11.1995, 21.12.1995, 17.01.1996, 14.02.1996 und am 18.03.1996.
Die Bezirksregierung Hannover erteilte am 30.08.1993 der Firma „macrolab” (Gesellschaft für pharmazeutische und diagnostische Präparate mbH) die Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Herstellen von Arzneimitteln für die in der Feodor-Lynen-Str. 23 in 30625 Hannover gelegenen Betriebsstätte. Diese Erlaubnis erfaßt die Herstellung von autologem Tumorimpfstoff. Die Firma macrolab GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Firma macropharm.
Auf den Antrag holte die Beklagte beim Medizinischen Dienst (MDK Sachsen) ein Gutachten nach Aktenlage ein, das der Arzt Dr. … unter dem 08.09.1995 erstattet hat. Im Gutachten ist ausgeführt, der Kläger dürfe gegenwärtig als kurativ behandelt gelten. Eine Zusatzbehandlung sei nicht notwendig, auch nicht unter Anwendung der ASI-Therapie. Diese Heilmethode stehe ohnehin nicht in der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag unter Hinweis auf das MDK-Gutachten ab (Bescheid vom 19.09.1995).
Im Vorverfahren hat der Kläger eine klinische Studie des Städtischen Klinikums Leipzig vorgelegt, das über 166 Behandlungsfälle berichtet, in denen aTm der Fa. macropharm angewendet worden sind. Danach ergibt sich eine Zwei-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit von 92,2 v.H. Die ASI-Therapie scheine im Vergleich zur historischen Kontrollgruppe einen positiven Einfluß auszuüben.
Der Widerspruch blieb ohne Erfolg. Im Widerspruchsbescheid vom 21.10.1996 (Zustellung am 28.10.1996) ist ausgeführt, eine Empfehlung des Bundesausschusses nach Maßgabe der NUB-Richtlinien liege nicht vor. Überdies seien Kosten für vom Versicherten selbst beschaffte Leistungen nicht zu erstatte...