Verfahrensgang

SG Dresden (Urteil vom 23.10.1997; Aktenzeichen S 16 Kr 101/95)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 23. Oktober 1997 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Freistellung von den Herstellungskosten der autologen Tumorvakzine der Firma macropharm GmbH (Gesellschaft für pharmazeutische und diagnostische Präparate mbH mit Sitz in Hannover) in Höhe von 12.420,00 DM zuzüglich 4 v.H. Zinsen.

Der am … geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er erkrankte 1994 an einem Nierenzellkarzinom. Am 14.10.1994 wurde er zur stationären Behandlung in das Kreiskrankenhaus … aufgenommen. Dort erfolgte am 21.10.1994 die transperitoneale Tumornephrektomie links mit der Entfernung der regionären Lymphknoten links. Bis zum 02.11.1994 befand sich der Kläger in stationärer Behandlung.

Mit Schreiben vom 10.11.1994, das keinen Eingangsstempel der Beklagten trägt, reichte der Geschäftsführer der Firma …, unter Vorlage einer vom Kläger ausgestellten Vollmacht, den am 20.10.1994 vom Kläger und von … unterschriebenen, an die Beklagte gerichteten Kostenübernahmeantrag ein. Die behandelnden Therapeuten des Kreiskrankenhauses … hätten sich für einen individuellen Heilversuch mit autologen-Tumorvakzine-macropharm (aTm) entschlossen. Dabei handelt es sich um ein Zellysat zur intracutanen Applikation, das sich aus devitalisierten, Interferony und Tocopherolacetat modifizierten vom Patienten entnommenen Tumorzellen zusammengesetzt. Behandlungsziel ist eine Verlängerung der rezidiv- bzw. progressionsfreien Zeit bei einem Nierenzellkarzinom nach radikaler Tumornephrektomie. Die Therapie beruht auf der Annahme, daß präsentierte tumorassoziierte Antigens dem körpereigenen Immunsystem die Erkennung und Bekämpfung von Tumorzellen ermöglichen. Im Schreiben vom 10.11.1994 ist weiter ausgeführt, die Herstellung der autologen Tumorvakzine sei nur in einem begrenzten Zeitraum – in der Regel höchstens 48 Stunden – nach der Operation möglich. Im Kostenübernahmeantrag wird als „Klinik-Absender” auf den Stempel von Chefarzt der Urologischen Abteilung, Kreiskrankenhauses in der ärztlichen Erklärung vom 20.10.1994 verwiesen. Neben den Angaben zur Diagnose und Epikrise enthält der Antrag unter der Überschrift „Begründung des geplanten Therapieversuchs” die Ausführungen, daß weitere erfolgversprechende konventionelle Behandlungsmöglichkeiten zur Rezidivprohylaxe nicht zur Verfügung stünden. Nach der Entfernung des Nierentumors und der Entfernung der regionären Lymphknoten sei der Patient nach allgemeinen Regeln austherapiert. Es komme aber trotzdem in vielen Fällen zu einer Metastasierung. Zur Verringerung der Metastasierungsrate sei im Ausland die Vakzination durchgeführt worden. Statistiken hätten eine Verringerung der Rate um 30 % ergeben. Die Durchführung der Vakzination erscheine aus diesem Grunde sinnvoll. Ein Kostenvergleich ergebe deutliche Vorteile. Der Antrag enthält ferner des Satz: „Mit der Herstellung der Autologen-Tumorvakzine haben wie die Firma: … Lübeck, beauftragt.” Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Kostenübernahmeantrag vom 20.10.1994 verwiesen. Beigefügt war eine ärztliche Erklärung des Kreiskrankenhauses … mit der Bestätigung, daß die Therapie im Rahmen eines individuellen Heilversuches erfolge.

Die Bezirksregierung Hannover erteilte am 30.08.1993 der Firma … Gesellschaft für pharmazeutische und diagnostische Präparate mbH, die Erlaubnis zum gewerbsmäßigen Herstellen von Arzneimitteln für die in der … gelegenen Betriebsstätte. Diese Erlaubnis erfaßt die Herstellung von autologem Tumorimpfstoff. Die Firma … GmbH ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Firma … GmbH.

Im Zeitraum vom 22.12.1994 bis 03.04.1997 erhielt der Kläger von dem zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Chefarzt des Krankenhauses …, in vierwöchigem Abstand 30 Injektionen mit der für ihn hergestellten autologen Tumorvakzinen der Firma … Die Lieferung der Vakzine erfolgte an das Kreiskrankenhaus … Mit Bescheid vom 17.11.1994 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Nach § 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) seien von der vertragsärztlichen Versorgung Leistungen ausgeschlossen, die mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden erbracht würden.

Hiergegen legte der Kläger am 16.12.1994 Widerspruch ein. Es handele sich weder um ein Verfahren, das noch nicht ausreichend erprobt sei noch um eine Außenseitermethode. Die von der Firma … durchgeführte Behandlungsmethode habe sich bewährt und sei in ganz Deutschland verbreitet.

Die Beklagte zog den Operationsbericht sowie den Krankenhausentlassungsbericht bei. In der weiterhin eingeholten sozialmedizinischen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) vom 24.04.1995 wird ausgeführt, die Wirksamkeit der ASI-Therapie sei bislang nich...

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