Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei. ehemalige DDR. Berücksichtigung von Verpflegungsgeld als Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
Das an Angehörige der Deutschen Volkspolizei der DDR gezahlte Verpflegungsgeld ist als Arbeitsentgelt nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (juris: AAÜG) festzustellen (Anschluss an LSG Berlin-Potsdam vom 31.1.2013 - L 22 R 449/11).
Orientierungssatz
1. Der Arbeitsentgelteigenschaft des gewährten Verpflegungsgeldes steht nicht entgegen, dass dessen Zahlung jederzeit für die Zukunft hätte zurückgenommen werden können (vgl BSG vom 7.2.2002 - B 12 KR 6/01 R = SozR 3-2400 § 14 Nr 23).
2. Es genügt für die Berücksichtigung als Arbeitsentgelt ein mittelbarer (innerer, sachlicher) Zusammenhang mit der Beschäftigung, hier dem Dienstverhältnis (vgl BSG vom 29.1.2004 - B 4 RA 19/03 R = SozR 4-8570 § 8 Nr 1).
3. Ob Einnahmen eines Versicherten (wie das Verpflegungsgeld) lohnsteuerfrei und damit nicht dem Arbeitsentgelt zuzuordnen sind (§ 1 ArEV), bestimmt sich für AAÜG-Versorgungsberechtigte nach dem am 1.8.1991 geltenden bundesdeutschen Steuerrecht.
Normenkette
AAÜG § 6 Abs. 1 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1; SGB VI § 256a Abs. 2, § 259b Abs. 1 S. 1; SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2; ArEV § 1 S. 1; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1-2, § 3 Nr. 4 Buchst. c
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 25. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Berücksichtigung von Verpflegungsgeld als weiteres Arbeitsentgelt nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG).
Der im … 1938 geborene Kläger trat zum 15.3.1957 in ein Dienstverhältnis bei der Deutschen Volkspolizei der DDR ein und war bis 30.9.1990, zuletzt im Dienstgrad eines VP-Hauptkommissars, beim Transportpolizei-Revier S… tätig. In dieser Tätigkeit unterlag der Kläger seit 1.3.1960 dem Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzugs (Ordnung Nr. 11/72 des Ministeriums des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die soziale Leistungsgewährung, Versorgungsordnung, VSO-MdI vom 1.7.1954; Anlage 2 Nr. 2 zum AAÜG). Seit 1.10.1990 bezog er nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung eine befristete erweiterte finanzielle Versorgung (Rentenbescheid vom 12.9.1990). Seit 1.10.1998 bezieht der Kläger eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit (Rentenbescheid vom 14.10.1998).
Mit bindendem Bescheid vom 22.9.1997 stellte das Polizeipräsidium D… die Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zur Sonderversorgung der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei, der Organe der Feuerwehr und des Strafvollzuges vom 15.3.1960 bis 31.8.1979 und vom 5.7.1980 bis 31.12.1991 und die in den Zeiten bis 30.9.1990 erzielten Entgelte unter Einschluss an den Kläger gezahlten Wohnungsgeldes fest. Nicht berücksichtigt hat der Sonderversorgungsträger dem Kläger monatlich gezahltes Verpflegungsgeld. Zudem stellte das Polizeipräsidium Zeiten der Unterbrechung der Beitragspflicht (Besuch der Bezirksparteischule vom 1.9.1979 bis 4.7.1980; Krankheitszeiten sowie Zeiten des Bezugs der befristet erweiterten finanziellen Versorgung) fest.
Mit Schreiben vom 21.3.2009 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Berücksichtigung von Jahresendprämien (B 4 RS 4/06 R) die Überprüfung des Feststellungsbescheides vom 22.9.1997. Er machte eine zusätzliche Berücksichtigung an ihn gezahlter Zuschläge und Abgeltungen als Arbeitsentgelt geltend.
Nach Überprüfung korrigierte die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste Sachsen mit Bescheid vom 18.6.2009 den Bescheid vom 22.9.1997 wegen eines Rechenfehlers für die Zeit vom 1.1.1979 bis 31.12.1979. Im Jahr 1979 seien Entgelte bis zum 2.9.1979 zu berücksichtigten und die Zeit der Unterbrechung durch den Besuch der Bezirksparteischule erst ab dem 3.9.1979 festzustellen. Im Übrigen lehnte der Beklagte eine Änderung der bisherigen Entgeltfeststellungen ab.
Den Widerspruch wies die Landespolizeidirektion Zentrale Dienste Sachsen mit Widerspruchsbescheid vom 1.12.2009 zurück. Eine Anerkennung weiterer Entgelte könne der Kläger nicht beanspruchen. Gezahlte Zuschläge und Abgeltungen seien vom Begriff des Arbeitsentgeltes nicht umfasst. Der Arbeitsentgeltbegriff nach § 6 Abs. 1 AAÜG nehme zwar auch Bezug auf § 14 SGB IV. Der Klammerzusatz in § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, in dem auf § 256a Abs. 2 SGB VI verwiesen werde, zeige aber, dass der Gesetzgeber eine Verzahnung des Arbeitsentgeltbegriffs des SGB IV mit dem dem Grunde nach versicherbaren rentenrechtlichen Verdienst der Versicherten der Sozialversicherung habe herstellen wollen. Daraus folge, dass Leistungen, die dem Grunde nach nicht rentenrechtlich...