Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Einkommensanrechnung. Absetzung von Privatversicherungsbeiträgen. keine Ermächtigungskonformität. Verfassungswidrigkeit. Überprüfungsverfahren. ständige Rechtsprechung
Orientierungssatz
1. Die in der AlhiV 2002 vorgesehene Pauschale von 3% des Einkommens für Versicherungsbeiträge, die von dem bei der Arbeitslosenhilfe leistungsmindernd zu berücksichtigenden Einkommen abzusetzen sind, ist nicht ermächtigungs- und nicht verfassungskonform, so dass hinsichtlich der vom Einkommen abzusetzenden Beträge grundsätzlich nur auf § 194 Abs 2 S 2 Nr 2 SGB 3 abzustellen ist (Anschluss an BSG vom 9.12.2004 - B 7 AL 22/04 R und B 7 AL 24 /04 R sowie vom 17.3.2005 B 7a/7 AL 90/04 R).
2. Ist ein Überprüfungsantrag gemäß § 44 Abs 1 SGB 10 bereits vor der ständigen Rechtsprechung gestellt worden, so findet § 330 Abs 1 SGB 3 keine Anwendung.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darüber, in welcher Höhe der Kläger ab dem 30.04.2002 einen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) hat; streitig ist hierbei insbesondere die pauschale Kappung absetzbarer Versicherungsbeiträge durch § 3 Abs. 2 nach der Alhi-VO 2002.
Der ... 1955 geborene Kläger ist verheiratet.
Im Jahr 1992 bezog er erstmals Arbeitslosengeld (Alg). In der Folgezeit hatte er vom 14.08.1992 bis 02.02.1996 sowie vom 01.06.1996 bis 31.10.1998 erneut Beschäftigungsverhältnisse. Zwischenzeitlich bezog der Kläger Alg; zuletzt vom 01.11.1998 bis 29.04.2000 in Höhe von 274,96 DM wöchentlich, ausgehend von einem Bemessungsentgelt (BE) von 690 DM, der Leistungsgruppe A entsprechend der Steuerklasse IV und dem allgemeinen Leistungssatz.
Vom 30.04.1999 bis 29.04.2001 bezog der Kläger antragsgemäß Alhi.
Auch vom 30.04.2001 bis 29.04.2002 bezog der Kläger Alhi. Ausgezahlt wurde diese zuletzt mit einem wöchentlichen Betrag von 124,74 €, ausgehend von einem BE von 345 €, der Leistungsgruppe A, dem erhöhten Leistungssatz sowie der Berücksichtigung eines Anrechnungsbetrages wegen Einkommens i. H. von 9,73 €.
Bereits am 11.04.2002 beantragte der Kläger nach Ablauf des Bewilligungsabschnittes erneut Alhi. In dem Antragsformular gab er an, er habe gemeinsam mit seiner Ehefrau, H G, ein Girokonto mit dem Guthaben von 1.200 € sowie ein Sparbuch mit einem Guthaben von 16.968,71 DM. Aus letzterem hätten sich im vergangenen Jahr Zinseinnahmen von 228,41 DM (= 116,78 €) ergeben.
Nach der Entgeltabrechnung für März 2002 bezog H G ein gleich bleibendes monatliches Arbeitseinkommen von 2.416 € brutto. Hieraus ergeben sich jeweils 1.524,72 € netto monatlich.
Zu Punkt 10 des Antragsformulars "Aufwendungen für Versicherungen und sonstige Aufwendungen" machte der Kläger für sich und seine Frau folgende Beträge geltend:
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Hausratversicherung 64,20 € jährlich, |
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Gebäudeversicherung 17,64 € jährlich, |
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Unfallversicherung 9,41 € monatlich, |
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zwei Lebensversicherungen der R + V Versicherung und eine bei der Vereinigten Post Versicherung von insgesamt 261,35 € monatlich, |
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Sachversicherung 65,71 € jährlich, |
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private Haftpflichtversicherung 70,68 € jährlich, |
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Kfz-Haftpflichtversicherung 57,70 € monatlich, |
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Rechtsschutzversicherung 140,28 € jährlich und |
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10 € verbleibendes Fahrgeld zur Arbeitsstätte für H G (20 € würden durch den Arbeitgeber übernommen.). |
Mit Bescheid vom 31.05.2002 bewilligte die Beklagte Alhi für den Bewilligungsabschnitt vom 30.04.2002 bis zum 29.04.2003 in Höhe von 11,76 € wöchentlich. Hierbei war ein Anrechnungsbetrag von 121,94 € in Ansatz gebracht worden. Dieser ergab sich laut Berechnungsbogen vom 29.05.2002 daraus, dass auf die Alhi das Zinseinkommen und das nach Werbungskosten, Freibetrag und Pauschbetrag verminderte Einkommen von H G anzurechnen sei. Hiervon seien die angemessenen Versicherungsbeiträge entsprechend der Alhi-VO 2002 in Höhe von lediglich 3 % des Einkommens, demnach mit 72,77 €, angerechnet worden.
Hiergegen legte der Kläger am 13.06.2002 Widerspruch ein. Mit einem Betrag von 72,77 € monatlich sei eine ausreichende Absicherung - auch für die Altersvorsorge - nicht möglich.
Mit Bescheid vom 11.07.2002 senkte die Beklagte ab dem 01.07.2002 den wöchentlichen Leistungsbetrag weiter auf 2,38 € ab, weil ihrer Auffassung nach der allgemeine Leistungssatz zu Grunde zu legen wäre.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.07.2002 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Höhe der bewilligten Alhi als unbegründet zurück. Hierzu führte sie u. a. aus, als Pauschbetrag für die vom Einkommen abzusetzenden Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen sei lediglich ein Betrag von 3 % des Einkommens abzuziehen, wenn - wie hier - der Arbeitslose und sein Partner in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungspflichtig gewesen seien.
Mit Schreiben vom 24.11.2002 beantragte der Kläger eine erneute Prüfung der Bewilligungsbescheide gemäß § 44 Abs. 1 SGB X. Nach ein...