Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege. zweckbestimmte Einnahme. freiwilliges soziales Jahr. Taschengeld
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b SGB II liegt vor, wenn freiwillige Leistungen zu Gunsten von Hilfebedürftigen erbracht werden und zwar bewusst unabhängig von staatlichen Leistungen und gerade auch zu dem Zweck, die Lage der Empfänger öffentlicher Fürsorgeleistungen zu verbessern.
2. Zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II sind solche, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen, also einem anderen Zweck als Lebensunterhalt oder Arbeitseingliederung.
3. Taschengeld, das ein Träger der freien Wohlfahrtspflege im Rahmen eines freiwilligen sozialen Jahres zahlt, ist weder eine Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b SGB II noch eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II .
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 20. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. September 2005 bis zum 31. Dezember 2005, insbesondere um die Anrechnung von Einkommen.
Die Mutter der Klägerin beantragte am 3. Juni 2005 beim Beklagten die Fortzahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie lebt zusammen mit ihrem Ehemann, der bereits volljährigen Tochter C. , der am … 1988 geborenen Klägerin und dem am … 1993 geborenen Sohn F. in einer Wohnung. Die monatliche Miete beträgt 292,76 EUR zuzüglich 47,43 EUR Heizkostenpauschale und Nebenkosten in Höhe von 40,84 EUR. Die Mutter der Klägerin bezieht Kindergeld in Höhe von insgesamt 308,00 EUR für die Klägerin und den Sohn.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2005 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 728,52 EUR. Hiergegen legte die Mutter der Klägerin am 8. August 2005 Widerspruch ein.
Ab dem 1. August 2005 bezog der Vater der Klägerin Arbeitslosengeld in Höhe von 665,70 EUR. Die Klägerin absolvierte vom 1. September 2005 bis zum 31. August 2006 ein freiwilliges soziales Jahr bei der A. - L. Sachsen e.V. Nach der im Juli 2005 mit der A. getroffenen Vereinbarung erhielt sie ein Taschengeld von monatlich 150,00 EUR.
Mit Bescheid vom 4. Oktober 2005 hob der Beklagte den Bescheid vom 14. Juli 2005 zum 1. August 2005 auf und bewilligte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für August 2005 in Höhe von 436,91 EUR sowie für den Zeitraum vom 1. September 2005 bis zum 31. Dezember 2005 in Höhe von monatlich 309,41 EUR, wobei auf die Klägerin ein Anteil in Höhe von 19,88 EUR entfiel.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Mutter der Klägerin vom 8. August 2005 nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 4. Oktober 2005 als unbegründet zurück.
Hiergegen hat die Mutter der Klägerin am 18. Oktober 2005 beim Sozialgericht Klage erhoben. Die Klage beziehe sich auf die Einkommensanrechnung des Taschengeldes der Klägerin, welches sie im Rahmen des von ihr geleisteten freiwilligen sozialen Jahres erhalte. Es handele sich nicht um Arbeitsentgelt, sondern um eine Zuwendung der freien Wohlfahrt. Es dürfe daher gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II nicht als Einkommen angerechnet werden. Außerdem seien außer einem Freibetrag nach § 30 SGB II keine weiteren Absetzbeträge berücksichtigt worden.
Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 20. Januar 2006 die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin handele es sich nicht um eine Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1b SGB II. Vielmehr diene das Taschengeld ebenfalls dem Zweck der Sicherung des Lebensunterhaltes. Der Gerichtsbescheid ist der Mutter der Klägerin am 28. Februar 2006 zugestellt worden.
Mit ihrer dagegen am 10. März 2006 eingelegten Berufung macht die Mutter der Klägerin unter Einbeziehung ihrer erstinstanzlichen Ausführungen geltend, dass es sich bei dem Taschengeld um eine Zuwendung der freien Wohlfahrtspflege nach § 11 Abs. 3 SGB II handeln würde. Es würde keine rechtliche Definition des Begriffes Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege vorliegen. Die Rechtsauffassung des Sozialgerichts sei daher nicht nachvollziehbar. Im Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres vom 15. Juli 2002 sei eindeutig geregelt, was mit dem Taschengeld aus einem freiwilligen sozialen Jahr bezweckt sei.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Beklagten unter Aufhebung des Gerichtsbescheides Sozialgerichts Dresden vom 20. Januar 2006 sowie d...