Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Aufgabe eines zumutbaren Teilzeitarbeitsplatzes
Leitsatz (amtlich)
Gibt ein teilweise Erwerbsgeminderter seinen zumutbaren Teilzeitarbeitsplatz ohne triftigen Grund während des laufenden Gerichtsverfahrens auf, ist er so zu behandeln, als hätte er einen solchen Arbeitsplatz noch inne. Der Teilzeitarbeitsmarkt ist für ihn nicht verschlossen und ihm steht lediglich eine teilweise Erwerbsminderungsrente zu.
Orientierungssatz
Zu LS 1 vgl auch BSG vom 10.12.1976 - GS 2/75 ua = BSGE 43, 75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13 = juris RdNr 62.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 11.01.2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Die 1959 geborene Klägerin arbeitete nach dem Abschluss einer Berufsausbildung zur Krippenerzieherin als solche bis August 1982. Nach Ende der Elternzeit im August 1984 arbeitete sie von September 1984 bis Dezember 1988 als Bibliotheksmitarbeiterin. Nach Ende einer weiteren Elternzeit wurde sie ab Dezember 1990 wieder als Bibliotheksmitarbeiterin tätig. Die wöchentliche Arbeitszeit für die Klägerin betrug seit Juni 1992 zwanzig Stunden pro Woche (vgl. Änderungsvertrag vom 12.02.1992). Im Januar 2012 erkrankte die Klägerin, attestiert wurde Arbeitsunfähigkeit. Das Arbeitsverhältnis mit der S… Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek A... (XXX), welches seit dem 01.09.1984 bestand, wurde auf Begehren der Klägerin zum 30.04.2016 mit Auflösungsvertrag beendet.
Für die Klägerin wurde mit Bescheid der Landeshauptstadt A..., Sozialamt, Schwerbehindertenstelle, vom 12.09.2013 ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt.
Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 18.04.2013 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der Beklagten lagen medizinische Unterlagen der Behandler vor. Die Klägerin befand sich vom 04.01.2012 bis zum 25.01.2012 zur medizinischen Rehabilitation in der Fachklinik für Orthopädie und Rheumatologie. Im Entlassungsbericht vom 08.02.2012 wurden als Diagnosen gestellt: Fibromyalgiesyndrom mit depressiver Episode; chronisch rezidivierendes Rückenschmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen, Fehlstatik und muskuläre Dysbalancen; arterielle Hypertonie. Die Klägerin sei arbeitsfähig in die Einrichtung aufgenommen und entlassen worden. Die bisher ausgeübte Tätigkeit als Bibliothekarin sei aus rheumatologischer Sicht künftig vollschichtig/sechs Stunden und mehr zumutbar. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seinen sechs Stunden und mehr leistbar, zumutbar sei eine körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeit, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen in Tagschicht, Wechselschicht. Qualitative Leistungseinschränkungen wurden aufgeführt.
Die Beklagte hat ein Gutachten des Facharztes für Neurologie, Psychiatrie Dr. Z... eingeholt. Im Gutachten vom 31.05.2013 hat der Gutachter die Diagnosen gestellt: Anpassungsstörung; depressive Episode leicht bei chronischem Schmerzsyndrom; bekannt Fibromyalgie und lumbales Schmerzsyndrom. Die Klägerin könne ihre Tätigkeit als Bibliotheksmitarbeiterin ebenso eine leichte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes täglich drei bis unter sechs Stunden verrichten. Die Tätigkeiten seien überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen in Tagschicht zu verrichten, qualitative Leistungseinschränkungen wurden aufgeführt. Eine rheumatologisch/orthopädische Begutachtung sei angezeigt.
Der Facharzt für Innere Medizin/Rheumatologie Dr. Y... erstattete am 30.07.2013 nach Untersuchung der Klägerin am 11.06.2013 im Auftrage der Beklagten ein Gutachten. Im Gutachten werden folgende Diagnosen benannt: primäres Fibromyalgiesyndrom mit depressiven Episoden; vertebragenes Mehretagenschmerzsyndrom degenerativer Genese; inzipiente Fingerpolyarthrose vom Typ heberden; Hyperhomocysteinämie; Zustand nach Strumektomie; Übergewicht; Zustand nach Hyperthyreose; arterielle Hypertonie. Die Klägerin sei in der Lage, vier bis sechs Stunden arbeitstägig leichte körperliche Tätigkeiten ohne Leistungsdruck im Wechsel von Gehen und Stehen und überwiegend im Sitzen in ausreichend klimatisierten Räumen zu arbeiten. Heben und Tragen von Lasten ≫10 kg seien zu unterlassen, ebenso Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Treppensteigen und Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, Überkopfarbeiten, Einwirkungen von Nässe, Kälte und Zugluft. Nacht- und Frühschicht seien wegen der angegebenen Morgensteifigkeit zu vermeiden. Für den zuletzt ausgeübten Beruf einer Bibliothekarin bestehe ein Leistungsvermögen von vier bis sechs Stunden arbeitstägig. Eine Fortschreibung der Arbeitsunfähigkeit lasse sich für das Berufsbild und Teilzeitbeschäftigung der Versicherten aus Sicht des Gutachters auf Dauer nicht mehr begründen.
Mit Rentenbescheid vom 27.08.2013 bewilligte die Bekl...